Es ist wieder einmal so weit: Nach Bekanntgabe der Oscar-Nominierungen können Filmfans ihren Favoritinnen und Favoriten bis zur Vergabe der Academy Awards am 10. März die Daumen halten. Meine Lieblingskategorie sind die Supporting Acts, also die besten Nebenrollen. Der englische Begriff beschreibt den Charakter viel besser: Nebendarstellerinnen und Nebendarsteller unterstützen Hauptrollen und Handlung. Sie sind Salz, Chili und Zucker einer Filmstory. Was wäre "L.A. Confidential" ohne Kim Basinger, "Inglourious Basterds" ohne Christoph Waltz, "If Beale Street Could Talk" ohne Regina King oder "Good Fellas" ohne John Pesci?
Wenn ich den Garten nach Schauplätzen für einen Blockbuster durchforste, treten Tiere haufenweise als Nebendarsteller ins Rampenlicht. Meistens werden sie im Rahmen der Bildkomposition spontan (und ohne Casting) ins Bild gerückt. Manchmal entdecke ich aber auch erst beim Durchschauen der Aufnahmen, dass irgendetwas ins Bild gekreucht oder gefleucht ist – und dem eigentlichen Motiv die Show stiehlt. Hier acht phantastische Tierwesen aus dem Garten:
Beim Bild oben wollte ich eigentlich an einem Sommerabend eine Hahnenfußblüte in Szene setzen. Doch auch eine Zuckmücke begeisterte sich für das leuchtende Gelb und spielte die Blume an die Wand. Wir schlossen stillschweigend einen einseitigen Vertrag über die Verwertung der Fotorechte. Zuckmücken sind eine riesige Familie der Zweiflügler mit weltweit mehr als 5.000 Arten. Gäbe es sie nicht, würden viele Tiere, vor allem Vögel und Fische, verhungern. Sie sind ein wichtiger Indikator für Biodiversität.
In diesem Fall sollte eine Pfingstrose formatfüllend aufs Bild. Ich mag diese Staudenblumen sehr, wir haben mehrere Sorten im Garten, die alle unterschiedlich duften. Die kleine Schwebfliege, die links oben in den Luftraum über der offenen Blüte einfliegt, hab ich beim Drücken des Auslösers tatsächlich nicht bemerkt. Schwebfliegen (6.000 Arten!) sind die Kunstflieger unter den Insekten. Sie können auch bei windigem Wetter im Schwirrflug ruhig in der Luft an einer Stelle verharren.
Den kleinen Käfer auf der Unterseite eines abgeblühten Löwenzahns hab ich bewusst wahrgenommen und mit einem Makroobjektiv gestalkt. Ich glaub, es ist ein Himbeerkäfer, aber sicher bin mir nicht. Jedenfalls war er – bei näherem Hinsehen – die Attraktion auf dieser Pusteblume.
Schön blüht der Löwenzahn. Aber erst die kleine Biene oben verleiht dem Bild Action. Die Nebenrolle wird hier zur Hauptrolle. Wie unschwer zu erkennen ist, hat die Biene schon bei etlichen Löwenzahnbesuchen Blütenstaub getankt. Löwenzahn heißen die Pflanzen übrigens wegen der gezackten Blätter. Der deutsche Trivialname Pissnelke bezieht sich nicht auf die gelbe Farbe der Blüten, sondern auf die harntreibende Wirkung der Pflanze.
Die winzige Spinne auf der obersten Blüte ist mir auch erst später aufgefallen, weil ich dieses Foto mit einem Tele aufgenommen habe und sie im Sucher kaum wahrzunehmen war. Eigentlich war ich fasziniert von der Pflanze, die noch im Oktober so schöne Blüten drauf hatte. Schaut ein wenig nach Katzenminze aus, aber nix Genaues weiß ich nicht. Auch bei der Bestimmung der Minispinne bin ich überfragt.
Der Orientalische Mohn ist im Sommer immer eines der absoluten Highlights im Garten. Leider sind die großen Blütenblätter schon nach ein, zwei Tagen wieder schlapp. Die Larve eines Marienkäfers hatte also nicht lange Zeit, sich auf dem Red Carpet zu präsentieren. Hier handelt es sich um die Larve eines asiatischen Harlekin-Marienkäfers. Die wurden vor Jahrzehnten in Europa als Schädlingsbekämpfer importiert, weil sie beim All-You-Can-Eat wesentlich mehr Blattläuse verdrücken als heimische Marienkäfer. Mittlerweile sind die robusteren Harlekin-Marienkäfer in unserem Garten in der Überzahl.
Das Marienkäferl hat auch in seinem nächsten Leben als Imago noch jede Menge Gelegenheiten, in malerischer Umgebung auf die Jagd nach Blattläusen zu gehen. Die Hauptrolle auf diesem Bild war eigentlich für den violetten Günsel reserviert. Der Lippenblütler ist wunderschön anzusehen.
Pfingstrosen sind das zweite Zuhause von Ameisen. Schon die geschlossenen Knospen werden gegen andere Insekten verteidigt, die ebenfalls den süßen, austretenden Pflanzensaft schlürfen wollen. Für die Blumen sind sie nicht schädlich, also lassen Sie bitte die Finger von Spritzmitteln. Der gesamte Garten wird es Ihnen danken, und Sie werden für einen Oscar in der Kategorie Nachhaltigkeit nominiert. (Michael Simoner, 24.1.2024)