Das Schloss Schönbrunn in Wien, dahinter die Stadt
Der Kuckuck ist gelandet: Im Grundbuch ist das Schloss Schönbrunn neuerdings mit dem Pfandrecht eines Gläubigers der Republik belastet.
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Heute das Inventar der Signa versteigern, demnächst das ganze Bundeskanzleramt oder das Schloss Schönbrunn? Werden die beiden Gebäude, die der Republik gehören und von denen Letzteres mit Abstand der größte Touristenmagnet des Landes ist, demnächst unter dem Hammer landen? Weil die Republik Österreich einem Anwalt ein bisserl Geld schuldet?

Sicher nicht – aber rein theoretisch und juristisch gesehen wäre es möglich. Seit wenigen Wochen nämlich sind Kanzleramt und Schloss gepfändet, seither lastet eine Simultanhypothek auf beiden Grundstücken. Eingetragen wurde das Pfandrecht, weil der Bund* bei einem Wiener Rechtsanwalt in der Kreide steht. Er schuldete dem Mann zunächst 1346,40 Euro für Verfahrenskosten, die ihm im Zusammenhang mit einem Gerichtsstreit um Corona-Hilfen vor dem Verwaltungsgerichtshof (VwGH) entstanden sind. Dieser pauschalierte Kostenersatz wurde dem Anwalt vom VwGH zugesprochen, bezahlt hat ihn die Republik aber erst, nachdem das Pfandrecht bereits ins Grundbuch eingetragen worden war. Nun sind noch 322 Euro offen, die Kosten fürs Exekutionsverfahren.

Der Kuckuck ist gelandet

Es klebt also, bildlich gesprochen, der Kuckuck auf Schloss Schönbrunn und Bundeskanzleramt, nachdem das Bezirksgericht (BG) Wien Innere Stadt den Antrag des Gläubigers auf zwangsweise Eintragung des Pfandrechts in Form einer Simultanhypothek am 10. Jänner bewilligt hatte. Der Anwalt müsste nun nur noch einen Antrag auf Versteigerung der einen Immobilie am Wiener Ballhausplatz oder der anderen in Wien-Hietzing stellen, um nach der Verwertung zu seinen 322 Euro zu kommen. Um die Geschichte zu spoilern: Er hat das aber nicht vor, wie er sagt.

Und wie kam es nun zur Landung des Kuckucks auf dem ab 1743 unter Maria Theresia ausgebauten Schloss und der 1745 fertiggestellten damaligen Staatskanzlei? Begonnen hat alles mit einer Corona-Erkrankung des Wiener Rechtsanwalts Wolfgang Orsini und Rosenberg Anfang 2022. In der Folge machte der Jurist unter Berufung aufs Epidemiegesetz eine Vergütung seines Verdienstentgangs für elf Tage geltend; damals wurde man ja noch behördlich abgesondert, wenn man erkrankt war. Für die aus der "Verkehrsbeschränkung" entstandene "Erwerbsbehinderung" stand den betroffenen Selbstständigen eben eine Vergütung zu.

Auslöser Corona-Streitfall

Im konkreten Fall ging offenbar einiges schief. Die zuständige Wiener Behörde stellte einen Bescheid aus, in dem der Zeitraum seiner Erkrankung bzw. Absonderung falsch angegeben war. Den bekämpfte er, einen berichtigten Bescheid habe er dann aber nie bekommen, wie der Anwalt auf Anfrage erzählt.

Es kam, was kommen musste: ein Rechtsstreit, der den Juristen zum Verwaltungsgericht und dann zum VwGH führte. Beim Verwaltungsgericht Wien blitzte er freilich ab, der Beschwerdeführer habe keinen Vermögensnachteil erlitten, für den eine Entschädigung zu leisten wäre, hieß es in der Entscheidung. Keine Absonderung (für die hatte er ja keinen bescheidmäßigen Nachweis), keine Entschädigung. Zudem habe er kein Vorbringen zu einer konkreten Erwerbsbehinderung erbracht, und ein konkreter Verdienstentgang sei "nicht nachvollziehbar".

Das nahm der Anwalt so nicht hin und wandte sich in einer außerordentlichen Revision an den VwGH. Und bekam recht. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts, die per Grundbuch einsehbar ist, wurde wegen Rechtswidrigkeit gekippt, in der Sache selbst wird Ende Jänner weiterverhandelt. Die Kosten für das Revisionsverfahren (das sind die 1346,40 Euro) bekam Orsini und Rosenberg zugesprochen, der Bund habe ihm die Aufwendungen dafür "binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution" zu ersetzen, heißt es in der Entscheidung des VwGH-Senats von 16. November 2023.

Bund zahlte nach Eintragung des Pfandrechts

Womit wir wieder bei der Pfändung wären: Nach 14 Tagen habe er nachgefragt wegen der ausstehenden Zahlung, nach weiteren rund zwei Wochen dann den Exekutionsantrag beim BG Innere Stadt gestellt – und sich dafür die beiden Objekte Schönbrunn und Kanzleramt ausgesucht, erzählt Orsini und Rosenberg.

Sein Beweggrund für den doch eher unorthodoxen Schritt? Er habe sich geärgert, dass das Geld nach einem Monat immer noch nicht da war: "Wir alle müssen unsere Verpflichtungen auf Punkt und Beistrich erfüllen, und wenn der Bund etwas zahlen soll, dann passiert das einfach nicht." Erst nach der Eintragung im Grundbuch hat der Bund gezahlt, offen sind nun noch die oben genannten 322 Euro.

Vonseiten der Republik verweist man darauf, dass der Bund per Gesetz verpflichtet sei, Kosten zu bezahlen, die durch Entscheidungen von Gerichten im Landesbereich entstehen. Im konkreten Fall sei die Zahlungsfrist nicht eingehalten worden, räumt man ein, inzwischen seien die 1364,40 Euro aber bezahlt, obwohl man die Exekutionsbewilligung bis heute nicht erhalten habe. Die 322 Euro würden folgen.

Kanzleramt und Schönbrunn werden also nicht unter den Hammer kommen. Jedenfalls nicht jetzt. (Renate Graber, 20.1.2024)