Ein Computerbildschirm mit dem Logo der Corona-Finanzierungsagentur Cofag vor einer Präsentation.
Die Folgen der behördlichen Betriebsschließungen mildern und Liquiditätsprobleme überbrücken sollte die Cofag. Aber sie ist dabei in Verzug geraten.
PHILIP STOTTER / APA / picturede

Die Ankündigung von Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP), die für staatliche Corona-Hilfszahlungen zuständige Covid-19-Finanzierungsagentur Cofag abzuwickeln und aufzulösen, hat gehörig Unruhe in die große Schar an auf Corona-Unterstützung wartende Unternehmen gebracht.

Die Cofag sah sich deshalb vor wenigen Tagen veranlasst, ihren Klienten beruhigende Worte zukommen zu lassen: "In diesem Zusammenhang halten wir fest, dass alle Anträge, die bei der Cofag eingereicht wurden, weiterhin bearbeitet, geprüft und, sofern die jeweiligen Voraussetzungen erfüllt sind, zur Auszahlung gebracht werden", versicherte die Cofag-Geschäftsführung in dem Schreiben, das dem STANDARD zugespielt wurde.

Ein Berg an Problemen

Dass diese Auszahlungen rasch vonstattengehen, ist eher nicht zu erwarten. Denn an den Problemen, mit denen die Cofag konfrontiert ist, ändern die Beteuerungen nichts. Und diese sind, wie berichtet, äußerst vielschichtig. So ist der seit Monaten währende Konflikt mit der EU-Kommission über die Ausgestaltung mancher Entschädigungen für die behördlich verhängten, temporären Geschäftsschließungen in den Jahren 2021 und 2022 noch immer nicht beigelegt.

Dabei geht es, wie berichtet, einerseits um Entschädigungen für verbundene Unternehmen, die mangels korrekter Umsetzung der EU-Beihilfenrichtlinien in der österreichischen Covid-Verordnung zu großzügig unterstützt wurden. Aus Sicht der EU haben beispielsweise als Einzelunternehmen registrierte Hotel- und Gastronomiebetriebe zu viel an Covid-Hilfen bekommen, weil sie wirtschaftlich einem Eigentümer oder einer Eigentümergruppe zurechenbar sind. Ihnen droht nun die Rückzahlung, weil die EU darin eine unerlaubte Beihilfe sieht.

Ärger mit der EU

Probleme mit der EU-Wettbewerbskommission gibt es darüber hinaus, weil die Antragsfrist für die letzte Tranche an Hilfszahlungen zu lang war. Diese Unternehmen bekamen zwar wie vorgesehen nur für das erste Halbjahr 2022 Entschädigungen zugesprochen, sie durften diese aber bis Ende September 2022 beantragen, was die EU-Kommission als unzulässig lang erachtet.

Im Finanzministerium betont man, dass die Verhandlungen mit der Kommission laufen. Es sei ein guter Kompromiss möglich, versicherte ein Sprecher auf Anfrage.

Höchstgericht prüft

Last, but not least gibt es das von Amts wegen eingeleitete Verfahren beim Verfassungsgerichtshof, das wie ein Damoklesschwert über der Cofag hängt. Die Höchstrichter haben Zweifel, dass die als Enkeltochter des Bundes ausgegliederte Gesellschaft, die so dem direkten Einfluss der Organe des Bundes entzogen ist, überhaupt zulässig ist. Diese Prüfung, die wohl nicht vor September abgeschlossen sein dürfte und mit der Aufhebung der Cofag-Konstruktion enden könnte, ist wohl mitverantwortlich, dass die Auszahlungen der Covid-Entschädigungen schleppend laufen und bisweilen zum Stillstand kamen.

Eröffnung im Lockdown

Auf fünf Hotels der Amedia-Hotelgruppe des Udo Chistée treffen all diese Hemm- und Hindernisse nicht zu. Diese wurden erst kurz vor dem ersten Lockdown ab 16. März 2020 oder danach eröffnet beziehungsweise übernommen, die Verträge waren bereits vorher fixiert worden. Sie müssten deshalb unter die Sonderregelungen für Neugründungen fallen, deren Entschädigung mangels Vergleichswerten aus Vorjahren bei Umsatz und Gewinn auf Basis detaillierter Businesspläne zuerkannt wurden.

Aber weit gefehlt. Die Amedia wartet für ihre Hotels in Linz, Krems, Sattledt, Graz-Airport und Lustenau bis heute auf insgesamt rund als 3,3 Millionen Euro an Entschädigung, darunter 500.000 Euro für den vor mehr als zwei Jahren beantragten Fixkostenzuschuss. "Ich bin seit 40 Jahren als Hotelentwickler und -betreiber im In- und Ausland", sagt Udo Chistée, der sich mit den Marken Novotel und Austrotel einen Namen gemacht hat, im Gespräch mit dem STANDARD. "Wir mussten inzwischen eine Umstrukturierung des Unternehmens vornehmen, die Betreibergesellschaft mangels Liquidität veräußern und sind zum Bittsteller des Staates geworden."

"Nicht viel Ahnung"

2,8 Millionen Euro seien trotz positiven Befundes des Finanzamts 18 Monate nach Antragstellung noch nicht geflossen. Ungeachtet dessen müssten die Überbrückungskredite zurückgezahlt werden, beklagt Chistée unter Verweis auf einen umfangreichen Schriftverkehr mit der Cofag, in dem Mietverträge, Personalkosten, Abschreibungen und vieles mehr ausführlich dargelegt und Ergänzungsgutachten beigebracht wurden. "Ich gewinne den Eindruck, dass die Cofag und der Finanzminister nicht viel Ahnung haben, was notwendig ist, um ein Unternehmen zu führen", sagt der Amedia-Gründer resigniert.

Die Cofag lehnte die Zuerkennung von Fixkostenzuschuss 800, Verlustersatz II und Verlustersatz III ab. Gemäß Absatz 4.5.1. und 4.5.2 der Verordnung seien weitere Förderungen nicht möglich, weil die Amedia im Vergleichszeitraum des Vorjahres den notwendigen Umsatzausfall von 30 Prozent nicht erreiche. Das sollte bei neu eröffneten Hotels ohne Vergleichsgeschäft freilich keine große Überraschung sein.

Vor Klagswelle?

Für den Chef des KMU-Beratungsunternehmens Finanzombudsteam, der das Unternehmen beim Reklamationsprozess begleitet, ist die Vorgehensweise nicht die Ausnahme sondern die Regel. Der Eindruck wonach 99 Prozent aller Hilfszahlungen ausbezahlt sind, wie Finanzministerium und Cofag stets betonten, widerspricht er. Allein Finanzombudsteam begleitet per Stand Mitte Juli 498 Unternehmen. 

Nun könnte eine Klagswelle vor Zivilgerichten in Bewegung kommen. Denn hunderte Unternehmen, darunter viele Beherbergungsbetriebe, die auf gut 600 Millionen Euro an Entschädigungen warten, fühlen sich ungleich behandelt. (Luise Ungerboeck, 15.7.2023)