Paxlovid
Paxlovid ist für Personen mit einem erhöhten Risiko für eine schwere Corona-Erkrankung empfohlen.
REUTERS/WOLFGANG RATTAY

Wien – Mitten in der jüngsten Covid-19-Welle hatte es Zwist zwischen Gesundheitsminister und Apothekerkammer gegeben: Die Apotheker kritisierten, es sei zu wenig vom Corona-Medikament Paxlovid eingekauft worden, Ressortchef Johannes Rauch (Grüne) verwies auf einen scheinbar unerklärlichen Schwund. Am Dienstag forderte er die rund 1.400 öffentlichen Apotheken nun erneut auf, die Verwendung vollständig zu belegen. Die Kammer machte "Abrechnungsmodalitäten" verantwortlich.

Rauch hat zudem die Finanzprokuratur, den "Anwalt der Republik", eingeschaltet, "um rechtzeitig weitere Schritte zu prüfen. Auf Basis der Rückmeldungen aus den Apotheken werden wir über das weitere Vorgehen entscheiden", kündigte der Ressortchef an.

"Unterschiedliche Abrechnungsmodalitäten"

Paxlovid sei in den vergangenen knapp zwei Jahren über die Krankenkassen abgerechnet worden, reagierte die Apothekerkammer. Darüber hinaus wurde das Mittel an Personen abgegeben, die keiner Dachverbandskasse angehören, oder an Personen, die ein Privatrezept eines Arztes vorlegten – "u. a. an Touristen, Beamte, Landeslehrer etc.". Die Abweichungen zwischen den vom Bund bestellten und vom Großhandel ausgelieferten Packungen zu den Abrechnungen über Sozialversicherung bzw. Privatrezepte seien "den unterschiedlichen Abrechnungsmodalitäten und dem gesetzlichen – zeitlich verzögerten – Fristenlauf geschuldet", wurde betont.

Die Abgabe von Paxlovid sei unter der Prämisse erfolgt, "dass die Versorgung der Patientinnen und Patienten flächendeckend, rasch und möglichst unbürokratisch erfolgen muss. Es gab seitens des Gesundheitsministeriums leider keine konkreten Vorgaben hinsichtlich der Anspruchsberechtigten und der Voraussetzungen der Abgabe", so die Apothekerkammer weiter. Die Kammer habe "im Rahmen ihrer Möglichkeiten alles dazu beigetragen – und wird dies auch weiterhin mit voller Transparenz tun –, mögliche aufgetretene Abweichungen zu plausibilisieren. Diese Vorgangsweise wurde heute auch mit dem Gesundheitsministerium besprochen."

Das Argument der unterschiedlichen Abrechnungsmodalitäten sei nicht nachvollziehbar, sagte Rauch am Nachmittag am Rande eines Medientermins. Der Schwund sei so "nicht erklärbar". Was damit passiert ist, dazu gebe es nur Spekulationen. Deshalb wurde die Finanzprokuratur hinzugezogen. Das gelieferte Paxlovid sei bis Ende Jänner Eigentum der Republik. "Wir haben das bezahlt", betonte der Minister und verwies auf einen hohen Preis von rund 600 Euro pro Packung. Er sei auch im Austausch mit Deutschland, das bereits einen Schritt weiter ist und die Staatsanwaltschaft eingeschaltet habe.

Ermittlungen in Deutschland und Tirol

Dort gebe es bereits in mehreren Fällen Ermittlungen wegen Untreue, Betrugs oder Unterschlagung im Zusammenhang mit Paxlovid, hieß es aus dem Gesundheitsministerium. Auch in Österreich laufen Ermittlungen – gegen eine Apotheke in Tirol. Der Sprecher der Innsbrucker Staatsanwaltschaft, Hansjörg Mayr, bestätigte der APA entsprechende Medienberichte. Es laufe ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des Betrugs gegen die Verantwortlichen der betroffenen Apotheke. Paxlovid soll angefordert worden sein, ohne dass letztlich Verschreibungen für Patienten vorlagen. Nun bestehe der Verdacht, dass die Medikamente "inoffiziell weiterverkauft" wurden. Rund 2.500 Packungen sollen laut ORF-"ZiB" unterschlagen worden sein. Ein Teil davon, rund 450 Packungen, wurde den Angaben der Staatsanwaltschaft zufolge wieder retourniert, sodass letztlich der offene Betrag oder Schaden zum Nachteil der Republik rund 1,5 Millionen Euro betrage.

Auf X (vormals Twitter) meldete sich Rauch am Dienstag so zu Wort: "In der Pandemie hat der Bund kurzfristig das Corona-Medikament Paxlovid gekauft, um Leben zu retten. Über 130.000 Packungen haben die Apotheken in den letzten zwei Jahren erhalten. Mein Ministerium hat die @apokammer heute aufgefordert, die Verwendung vollständig zu belegen. Sie muss diese Daten nun von den Apotheken einholen", schrieb der Gesundheitsminister.

Engpass vor Weihnachten

"Uns liegen bisher nur für jene Paxlovid-Packungen Abrechnungen vor, die auf Kassenrezept abgegeben wurden. Für den Rest gibt es verschiedene Erklärungen (Privatrezepte, Überschreitung des Ablaufdatums), aber keine Belege", so Rauch. In Deutschland würden bereits mehrere Staatsanwaltschaften dem Verdacht nachgehen, dass Paxlovid illegal weiterverkauft wurde. "Auch bei uns gibt es Apotheken, deren Bestellungen oder Abrechnungen auffällig vom Bundesschnitt abweichen."

Das Gesundheitsministerium hatte Ende vergangenen Jahres schließlich weitere Packungen des rar gewordenen Medikaments bestellt. Hersteller Pfizer konnte die nötigen Stückzahlen unmittelbar liefern, noch vor Weihnachten war der Engpass behoben. Insgesamt handelte es sich um 18.000 Packungen, die in Tranchen abgerufen werden können, hieß es damals.

Ab 1. Februar soll die Abrechnung über die Sozialversicherung erfolgen, Paxlovid werde danach wie jedes andere Medikament gegen Rezeptgebühr weiter zur Verfügung stehen. Es ist für Personen mit einem erhöhten Risiko für eine schwere Corona-Erkrankung empfohlen. Voraussetzung ist eine ärztliche Verschreibung nach einem positiven Test. (APA, 23.1.2024)