"Bonanza-Methoden", "Wildwest-Manier" – so beschrieb die Wiener Grünen-Abgeordnete Heidemarie Sequenz am Dienstag im Wiener Landtag das, was sich ihrer Ansicht nach in den Wiener Flächenbezirken jedenfalls in den vergangenen Jahren abgespielt hat. Und die Donaustädter Abgeordnete zitierte dabei ausführlich aus einem STANDARD-Artikel aus dem Vorjahr: Um 45 Millionen Euro hatte ein Landwirt 2018 einen 150.000 Quadratmeter großen Acker an zehn Bauträger verkauft, darunter sowohl gewerbliche als auch gemeinnützige. Der Kaufpreis betrug also 300 Euro je Quadratmeter, obwohl es sich um eine Fläche mit landwirtschaftlicher Widmung handelte und der Acker in keinen Stadtentwicklungsplänen bisher eine Rolle gespielt hatte.

Über den Verkauf dieses Ackers in Breitenlee hatte DER STANDARD im Vorjahr berichtet.
Putschögl

Diesen sowie auch andere Fälle, die in den vergangenen Monaten durch die Medien gingen, nahmen die Wiener Grünen nun zum Anlass, um ein strengeres Grundverkehrsgesetz für die Bundeshauptstadt zu fordern. "In vielen anderen Bundesländern ist es nicht so einfach möglich, Grünland zu erwerben und dann darauf zu spekulieren, dass dieses irgendwann mal Bauland wird", sagte Wohnbausprecher Georg Prack in einer Landtagssondersitzung. Wien müsse hier "dringend nachziehen". Denn die "Spekulationsspirale" sei noch nicht ganz oben angekommen, meinte Sequenz. Die geplante Lobau-Autobahn werde diese noch verstärken. "Die Angebote an die Landwirte sind wahnwitzig hoch, wenige können da widerstehen, sondern verkaufen dann halt schweren Herzens."

Vorbild Weinbaugesetz

Was Weingärten betrifft, habe die Stadt Wien bereits 2014 auf den steigenden Entwicklungsdruck reagiert, sagte Sequenz. Damals wurde das Wiener Weinbaugesetz entsprechend novelliert. "Und genau so etwas brauchen wir jetzt für alle landwirtschaftlichen Flächen in Wien", so Sequenz.

Außerdem forderten die Grünen die rot-pinke Stadtregierung dazu auf, "endlich eine echte Wiener Leerstandsabgabe einzuführen" – wie es sie in Tirol, Salzburg, in der Steiermark und in Vorarlberg seit kurzem gibt. "Es ist Wohnungsraub, was da passiert", sagte Prack. Die Wohnungspolitik müsse reagieren und etwa Spekulation bekämpfen. Dies würde die Mieten reduzieren.

Die Sondersitzung wurde von den Grünen selbst einberufen und stand unter dem Motto "Leistbaren Wohnraum schützen". Immer mehr Wohnraum gehe in Wien nämlich verloren, "durch Abrisse von alten Häusern, jahrelangen Leerstand von Gebäuden, Spekulation mit Grund und Boden sowie Zweckentfremdung durch Airbnb & Co". Zehntausende Wiener Wohnungen würden leerstehen, so Prack. Die Landesregierung wurde deshalb auch dazu aufgefordert, "eine Gesetzesvorlage auszuarbeiten, um Grundstücks- und Immobilienspekulation einen Riegel vorzuschieben und Leerstand zu bekämpfen". Auch noch strengere Regeln in Sachen Kurzzeitvermietungen sowie für den Schutz von alten Gebäuden wurden gefordert.

Auch der Bund ist säumig

Vonseiten der Regierungsfraktionen wurde auf die gerade beschlossenen Neubau- und Sanierungsverordnungen hingewiesen, und auch mit der neuen Bauordnung, der Wohnbeihilfe und dem Gemeindebaubonus habe die Stadtregierung viel zum Thema leistbares Wohnen beigetragen, sagte Neos-Wohnbausprecherin Selma Arapović. Für einen gerechten und effizienten Wohnungsmarkt brauche es "ein Bündel an Maßnahmen von Bund und Ländern". Eine Leerstandsabgabe hält sie aber für wenig sinnvoll. Man respektiere das Eigentumsrecht, es brauche auch einen gewissen Anteil an Leerstand.

Der SPÖ-Abgeordnete Christian Deutsch wies darauf hin, dass auf Bundesebene etwa die Wiedereinführung der Zweckwidmung der Wohnbauförderung, die Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) vor ziemlich genau einem Jahr versprochen hatte, noch aussteht, ebenso wie die verfassungsrechtliche Absicherung der Widmungskategorie sozialer Wohnbau.

Auch das Mietrecht sei bekanntlich Bundesmaterie und müsse deshalb auf dieser Ebene angegangen werden, sekundierte FPÖ-Wohnbausprecher Dietbert Kowarik. Auf Landesebene forderte er eine Änderung des Ausländergrunderwerbsgesetzes. Denn dieses könne derzeit, etwa mit der Gründung von Gesellschaften und Tochtergesellschaften, leicht umgangen werden.

Keine neue Leerstandsevaluierung

ÖVP-Wohnbausprecher Peter Sittler plädierte dafür, sich die Kosten und die Kostentreiber im Wohnbau anzusehen. Was den Leerstand betreffe, hätten die Grünen nach der letzten Schätzung im Jahr 2015, als sie noch in der Landesregierung vertreten waren, "genug Zeit gehabt, das Problem zu lösen". Leerstand könne außerdem viele Gründe haben, etwa Umbauten, Mieterwechsel, Krankheit oder einen Auslandaufenthalt.

Einen Antrag, die Leerstandssituation in Wien neu zu evaluieren, brachte Sittler dennoch ein. Er wurde zwar von den Grünen und der FPÖ unterstützt, fand damit aber keine Mehrheit. Ebenso wie der Grünen-Antrag für ein schärferes Grundverkehrsgesetz: Er wurde zwar von der FPÖ unterstützt, doch die ÖVP sowie die Regierungsfraktionen SPÖ und Neos stimmten nicht mit. (mapu, 23.1.2024)