Torquato Tasso (Skye MacDonald)
Dichter Torquato Tasso (Skye MacDonald) in der Euphorie des Schaffensdrangs oder im Stress des Dichten-Müssens.
Philine Hofmann

Sharazan, Sharazan, / blaue Flügel zum Fliegen, / um zu fliegen, dir entgegen, / zu zweit an die Liebe zu glauben" – na ja, es sind nicht immer die Worte, die einen Schlager zum Erfolg führen. Aber das darf man den Liedtextern nicht so direkt ins Gesicht sagen. Das macht auch das Musikproduzentenduo (Sebastian Pass, Lisa Weidenmüller) aus dem neuen Stück Torquato Tasso im Bronski & Grünberg nicht.

Schlagermusikgirl32

Torquato Tasso ist ein Drama (1790) von Goethe, das sich mit den Empfindsamkeiten eines Artist in Residence, sprich: einer im Dienste von Herzog und Staatssekretär dichtenden Künstlerseele befasst. Obendrein ist Tasso unglücklich verliebt in des Herzogs Schwester. Damit der Stoff in Fahrt kommt, siedelt Regisseur Sebastian Schimböck seine eigene Fassung in den musikalisch lukullischen 1980er-Jahren an und erklärt das Dilemma eines im Sold stehenden Freigeists aus der florierenden Italopopkultur heraus.

Hedonistisches Weiß

Tasso (Skye MacDonald) ist Liedtexter, Antonio (Thomas Höfner) der umwerfende Barde mit nackter Brust unterm weißen Pelzmantel. Den Soundtrack dazu liefern Albano & Romina Power – siehe das eingangs zitierte Lied Sharazan, welches gottlob eh nicht auf Deutsch, sondern Italienisch gesungen wird.

Goethe würde sich an diesem Wiener Abend eher nicht wiedererkennen, auch wenn Tasso gelegentlich von Versformen ergriffen wird. Er, wie alle anderen auch (Elena Schwarz als Leonore II) in hedonistisches Weiß gekleidet (Bühne & Kostüme: Leonie Kohut), kann aber auch ruppig auf alles Schwedische reagieren (wegen der Popkonkurrenz). Die schelmische Sprache macht wie immer einen Großteil des Bronski-Vergnügens aus, die bösartigen Variationen des Namens Tasso nehmen kein Ende (Tosca, Tausendsasso, Quasslo etc.).

Dem Abend fehlt allerdings Dramaturgie, er hängt wegen zu langer, unnötiger Dialogstrecken durch, besonders im zweiten Teil. Aber der Auftritt Antonios im weißen Pelz zum Hit Gloria entschädigt für vieles. Er wird dem Ruf als "Lamborghini der ligurischen Liedkunst" mehr als gerecht. (Margarete Affenzeller, 26.1.2024)