Bernhard Dechant Oskar Werner
"Sein oder Nichtsein" – Bernhard Dechant intoniert als Oskar Werner, aber auch als er selbst, den Hamlet-Monolog.
Thomas Lieser

"Niveau sieht nur von unten aus wie Arroganz" – Oskar Werner, Starschauspieler seiner Zeit, warf gern zynische Bonmots unters Volk. Mit Worten scharf zu schießen zum Zweck der Selbsterhöhung hatte der aus einfachen Verhältnissen stammende, später gefeierte Burgtheatermime und Oscar-Preis-Anwärter früh gelernt. Vor genau vierzig Jahren kostete ihn seine Alkoholkrankheit das Leben.

Seit einigen Jahren befasst sich Schauspieler Bernhard Dechant in Soloabenden mit seinem "Helden" Oskar Werner und bündelt nun alles in einer Hommage, die den Lebenskampf des Stars in den Kontext seiner Alkoholsucht stellt. Zu sehen in der Bar Spitzer im Odeon Wien.

Oskar Werner

Die Sache ist persönlich motiviert, definiert sich Dechant doch selbst als "Schauspieler, Regisseur und Alkoholiker". Dem von Sophie Resch inszenierten Abend Oskar Werner – Kompromisslos in den Untergang ist also bewusst ein soziales, aufklärerisches Anliegen eingeschrieben: anzuklagen, wie unbedarft mit der Volksdroge Alkohol öffentlich umgegangen wird; wie sehr die Massenkrankheit verschwiegen und verharmlost wird; wie wenig für Prävention und Gesundung (zu wenige Therapieplätze) getan wird.

"Saufi Saufi"-Lied

Der Abend startet deshalb provokant mit dem Party-Einpeitschlied Saufi Saufi von Tobee. Auch Alkoholwerbejingles erklingen. Dechant (mit Affenmaske und Hamlet-Kostüm) serviert imaginären Schnaps. Akkordeonist Stefan Sterzinger fängt als musikalischer Widerpart mit gelösten Sounds und Timbre die Härte der Sätze auf.

Dechants Solo hat verschiedene Textebenen, er spricht als junger und alter Oskar Werner, er spricht O-Töne von dessen Zeitgenossinnen und tritt natürlich als er, Dechant, selber auf, auch im Zwiegespräch mit dem Star im Jenseits.

So wechselt der Protagonist vom Alkoholaffen in die Rolle des Hamlet im historischen Kostüm mit Pumphose, Strumpfhose und weißer Halskrause und blickt bei seinem Monolog "Sein oder Nichtsein" statt auf den erhobenen Totenschädel in das abgelegte Affengesicht.

Persönliche Erfahrungen

Erkennbar werden die verschiedenen Rollen durch den Wechsel der Stimme. Der manierierte Sprechduktus eignet Werner, wie er den Untergang der ihm vertrauten Theaterwelt beklagt und sich über Begriffe wie "Performance" mokiert, wie er Werner Krauß und Alma Seidler bewundert und wie er Rilkes berühmte Sterbenserzählung desCornets Christoph Rilke rezitiert.

Der Reiz dieses Theaterabends liegt in der vollkommen mode- und trendfreien Gestaltung, vor allem aber in der Nachdrücklichkeit des leidenschaftlichen Anliegens Bernhard Dechants. Aus seinen offengelegten persönlichen Erfahrungen, gespiegelt in Werners Fall, leitet er im zweiten Teil ein sozialpolitisches Pamphlet ab. Der Abend will bei freiem Eintritt niederschwellig sein und wird auch in Suchteinrichtungen laufen. (Margarete Affenzeller, 26.1.2024) Im Spitzer bis 3. 2., 20 Uhr