Ein Reihenhaus? Für die junge Frau ist der Gedanke unvorstellbar. "Da kann ja rechts und links jeder reinschauen", sagt sie und schüttelt den Kopf. Dort, wo sie jetzt mit ihrer Familie lebt, will sie nicht bleiben. "Man will es einfach so haben, wie man es kennt. Und wir sind nun mal beide in großen Einfamilienhäusern aufgewachsen", setzt ihr Mann nach. Deshalb baut die junge Familie jetzt ein neues Haus, ein "richtiges". Damit ist gemeint: ein Einfamilienhaus auf der grünen Wiese, mit Garten drumherum und einem möglichst großen Abstand zu den Nachbarn.

Einfamilienhaus, Garten
Ein neues Haus mit Garten, die Nachbarn in sicherem Abstand: Für viele Menschen ist das der Inbegriff von Glück.
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So sieht für viele Menschen in Österreich ihr größter Lebenstraum aus. Wohnungen in Mehrparteienhäusern, Reihenhäuser oder andere, dichter gebaute Wohnformen sind für sie keine Alternative. Und die meisten wollen selber bauen, eigene Wünsche bei Größe und Grundrissgestaltung einbringen.

Die Konsequenz: Der Bodenverbrauch in Österreich schreitet unaufhaltsam voran. Werden neue Häuser gebaut, braucht es auch Straßen, die hinführen, und viele Meter Kabel und Rohre. Das alles verbraucht Ressourcen.

Doch das ist auf der Messe Hausbau + Energiesparen Tulln kein großes Thema. Hier geht es um Träume, um Selbstverwirklichung, um das eigene Reich – und zwar um jeden Preis.

Auch die Raiffeisenbank ist auf der Messe vertreten, um zur Finanzierung zu beraten. Die Anfragen zum Neubau seien stark zurückgegangen, aber freilich gebe es sie immer noch, sagt Claudia Kaiser von der Raiffeisenbank Tulln.

"Ich will das"

Dabei ist auch die Unbedarftheit überraschend, mit der viele an das Thema herangehen. Ein Paar habe sich erkundigt, ob man zuerst einen Termin bei der Bank brauche oder lieber gleich mit den Baufirmen sprechen solle, erzählt die Bankberaterin.

"Ich hab mir das in den Kopf gesetzt, und deshalb will ich das", sagt ein Mann, der mit Frau und Baby zur Messe gekommen ist. Die Finanzen seien eine Herausforderung, sagt er. Das Paar hat sich aber vorgenommen, "so wie früher zu bauen": viel selber machen, sich lange Zeit lassen. "In den letzten Jahren hat man 600.000 Euro als Kredit aufgenommen und in einem Jahr ein fertiges Haus hingestellt", sagt er und ergänzt, er wolle auch kleiner bauen, um bei den Kosten zu sparen.

"Von den Zahlen her ist es ein Wahnsinn, wenn man vergleicht, was wir damals gezahlt haben", sagt eine ältere Frau, die mit ihrem Mann, ihrer Tochter, ihrem Schwiegersohn und ihrem Enkelkind durch die Messestände geht. Ihr Mann und sie hätten 1990 ein Einfamilienhaus gebaut, damals sei alles so viel günstiger gewesen als heute, erzählt sie.

Finstere Gesichter

Nach den Beweggründen gefragt, antworten die meisten Paare und Jungfamilien auf der Messe, dass sie gerne "was Eigenes", "mehr Platz" oder "einen Garten" hätten, sowie dass sie "gemeinsam etwas aufbauen wollen". Sobald es um die hohen Baukosten geht, verfinstern sich die Gesichter. "Es ist so bitter, weil vor ein paar Jahren alles noch viel günstiger gewesen wäre", sagt einer.

Nur eines der vielen befragten Paare hat ein altes Haus gekauft, das es nun sanieren will. Warum nicht neu gebaut? "Wir sind alle keine Handwerker. Unsere Freunde und wir, wir haben alle Bürojobs", sagt die Frau mit erfrischend realistischer Selbsteinschätzung.

Manche der Bauwilligen hier stecken schon mitten drin, der Rohbau steht. Andere sind noch auf Grundstückssuche. Etwa eine Familie aus Wien, die in einer geförderten Mietwohnung lebt. Sie suchen ein Grundstück im Speckgürtel, wollen nicht weit wegziehen von Freunden und Familie. In zwei bis drei Jahren soll der Hausbau starten.

Gleich teuer

Ein weiteres Paar, das derzeit in Wien wohnt, aber ursprünglich aus dem Waldviertel kommt und dort auch jedes Wochenende verbringt, erzählt: "Eine Wohnung in Wien ist unleistbar, deshalb bauen wir im Waldviertel."

Ob das billiger ist? "Eine Wohnung in Wien und ein Neubau im Waldviertel kosten etwa gleich viel", sagt Thomas Irmler am Raiffeisenstand, er leitet das Wohn Traum Center der Bank. Das Grundstück im Waldviertel sei aber billiger. Dafür könne das Haus im Waldviertel nie um den Preis verkauft werden, den man investiert hat – anders als die Wohnung in Wien. Die dürfte sogar noch an Wert zulegen. (Bernadette Redl, 28.1.2024)