Ein schwarzer Staplerfahrer in Simbabwe transportiert einen Sack voll Lithium-Konzentrat
China ist in Afrika aktiv wie kaum ein anderes Land und hat unter anderem in Simbabwe in eine große Lithiummine investiert.
REUTERS/PHILIMON BULAWAYO

Der Wettlauf um Lithium, eine der wichtigsten Zutaten für moderne Batterien, ist voll im Gang. Die wichtigsten Produzenten des Rohstoffs, ohne den kein Smartphone, kein Notebook, aber auch kein E-Bike oder Elektroauto funktionieren würde, sind Australien, Chile und China. Wegen starker Nachfrage sind die Preise bis Ende 2022 fast senkrecht nach oben marschiert; seit rund einem Jahr geht es steil nach unten. Warum ist das so?

Der Bedarf an Lithium wird nicht weniger, im Gegenteil. Die allermeisten Prognosen gehen bis 2030 von einer drei- bis vierfach höheren Nachfrage aus. Neben der Elektromobilität seien insbesondere die für die Energiewende notwendigen Speicher Treiber der Entwicklung, meint man etwa in der Research-Abteilung der Deutschen Bank. Dabei hat sich der weltweite Lithiummarkt innerhalb der vergangenen acht Jahre bereits mehr als vervierfacht, von rund 30.000 Tonnen im Jahr 2015 auf zuletzt etwa 130.000 Tonnen.

Großes Angebot, schwächelnde Nachfrage

"Das Angebot ist tatsächlich schneller gewachsen, als viele das antizipiert haben", versucht Michael Schmidt von der Deutschen Rohstoffagentur (DERA) in Berlin eine Antwort auf die Frage, warum die Preise in den vergangenen zwölf Monaten um mehr als 80 Prozent gefallen sind. Kostete die Tonne Lithiumcarbonat Anfang 2023 etwas mehr als 80.000 Dollar, schwankten die Preise zuletzt zwischen 13.000 und 15.000 Dollar je Tonne.

Der Standard

"Die Nachfrage hat den Preis hochgetrieben, das wiederum hat die Angebotsseite bewegt, Geld zu investieren und die Produktion auszubauen", sagt Schmidt im Gespräch mit dem STANDARD. "Und wie das oft auf den Rohstoffmärkten ist – es wird hie und da über das Ziel hinausgeschossen."

Das Überangebot treffe auf eine schwache Nachfrage. Insbesondere in China, wo weltweit mit Abstand die meisten Elektroautos und Batterien produziert werden, laufe die Konjunktur seit einiger Zeit nicht mehr so rund wie erwartet. Das drücke auch den Preis von Lithium.

Schmidt geht davon aus, dass das Überangebot an dem wichtigen Rohstoff heuer und auch 2025 noch anhält, zumal neue Produktionen erst angelaufen sind und sich das nicht so rasch einbremsen lasse.

Lithiumgiganten

Australien als Top-eins-Land bei Lithium produzierte im Jahr 2022 an die 61.000 Tonnen des wertvollen Rohstoffs, eine deutliche Steigerung gegenüber den 55.000 Tonnen aus dem Jahr davor. 2018 hatte die Produktion des Landes stark zugenommen, weil zwei neue Spodumenprojekte im Jahr 2017 für starken Auftrieb sorgten. Spodumen ist eines der wichtigsten Lithiummineralien. 2018 sind fünf weitere Projekte hinzugekommen. Der harte Preis- und Kostenwettbewerb resultierte jedoch in einer geringeren Produktion. Australisches Lithium stammt aus dem Hartgesteinsbergbau, weit über 90 Prozent der australischen Konzentratproduktion gehen zur Weiterverarbeitung nach China.

Auch Chiles Fördermenge von 39.000 Tonnen im Jahr 2022 war eine bedeutende Steigerung gegenüber den 26.000 Tonnen aus dem Jahr 2021. In Chile wird der Rohstoff kostengünstig aus lithiumhaltigen Solevorkommen gewonnen.

China, der weltweit größte Verbraucher von Lithium, kam 2022 auf eine Inlandsproduktion von 19.000 Tonnen Lithium, was deutlich niedriger war als im Jahr davor (26.000). Das Land kontrolliert aber die meisten lithiumverarbeitenden Betriebe der Welt.

Konkurrenten verdrängen

Es gibt noch einen anderen Erklärungsversuch für den Preissturz beim Batterie-Grundstoff, und der geht so: Wenn der Lithiumpreis unter ein gewisses Niveau fällt, lohnen sich bestimmte Projektentwicklungen anderswo nicht mehr. Da stellt sich unweigerlich die Frage, wem das nützt. In erster Linie demjenigen, der schon stark am Markt vertreten ist – sprich China.

Vor einigen Jahren ist Peking eine ähnliche Strategie bei Seltenen Erden gefahren. Preise wurden künstlich gedrückt, sobald außerhalb Chinas Konkurrenzprojekte an den Start gehen sollten.

Bei Lithium sei so manches Projekt jetzt schon hart an der Grenze der Wirtschaftlichkeit. Schmidt: "Alles unter 10.000 Dollar je Tonne wird richtig schmerzhaft."

E-Autos könnten billiger werden

Niedrige Lithiumpreise könnten dazu führen, dass Produkte, in denen das Leichtmetall steckt, billiger werden, etwa Elektroautos. Je nach Bauart stecken in einem Akku zwischen 120 und 180 Gramm Lithium pro Kilowattstunde Kapazität. In Summe werden so für ein durchschnittliches Mittelklasse-Elektroauto etwa fünf bis acht Kilogramm Lithium benötigt. Bei Oberklassemodellen mit höherer Reichweite kann es schnell doppelt so viel sein. Weil auch die Preise anderer Rohstoffe gesunken sind, sollten auch Endverbraucher das bald spüren. (Günther Strobl, 26.1.2024)