Beim Ausbau nachhaltiger Elektromobilität kommen umweltfreundlichen Verfahren und Materialien in der Batterieproduktion wesentliche Rollen zu. Faktisch unangefochten gehört die nahe Zukunft in diesem Bereich den Lithium-Ionen-Batterien. Sie bieten eine hohe Energie- und Leistungsdichte, sind vielfältig einsetzbar und haben eine hohe Lebensdauer von mehreren Tausend Lade- und Entladezyklen

Lithium-Ionen-Batterien überzeugen zwar durch ihre hohe Leistungsdichte und Lebensdauer, doch die Förderung der Rohstoffe ist alles andere als umweltfreundlich.
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Umweltschädlicher Abbau

Die Schattenseite ist jedoch, dass sowohl die Förderung der benötigten Rohstoffe als auch die herkömmliche Produktionsverfahren von Lithium-Ionen-Batterien unter Gesichtspunkten der Umweltfreundlichkeit nicht gerade vorbildlich abschneiden. Das ist ein Grund dafür, warum in Europa mit seinen vergleichsweise strengen Umweltauflagen aktuell nur rund zwei Prozent der Weltproduktion stattfinden.

Diesen Mangel möchte das europäische Forschungsprojekt NoVOC beheben. Darin versuchen 17 Partner aus zehn Ländern, umweltfreundlichere Materialien für Elektroden sowie neue Produktionsverfahren zu entwickeln, durch deren Einsatz die Fertigung von Lithium-Ionen-Batterien auch in Europa wirtschaftlich werden könnte.

Wie der Projektname verrät, stehen besonders sogenannte flüchtige organische Verbindungen (Volatile Organic Compounds, kurz VOC) im Visier der Wissenschafter. Die Europäische Union fördert das vierjährige Vorhaben im Rahmen des "Horizon Europe"-Rahmenprogramms mit 5,4 Millionen Euro.

Nachhaltigere Produktionsweise

Mit an Bord ist auch das Austrian Institute of Technology (AIT). "Das Projekt hat zwei Hauptziele", erklärt Buket Boz vom AIT Center for Low-Emission, die den Beitrag der Österreicher leitet. "Einerseits geht es darum, den CO2-Fußabdruck in der Produktion zu verringern. Andererseits darum, sogenannte trockene Fertigungsverfahren zu entwickeln, die ohne den Einsatz von Flüssigkeiten auskommen."

Ein zentraler Schritt bei der Herstellung der Batterie-Elektroden ist die Beschichtung einer Folie aus leitendem Material mit einer Suspension. Im Fall der Kathode beseht diese aus einem Lithium-Metalloxid als elektrochemisch aktivem Material und leitenden Additiven auf Kohlenstoffbasis.

Toxische Substanz

Im Ausgangszustand liegen diese Komponenten in Pulverform vor und werden anschließend zu einer homogenen Masse vermischt. Als Bindemittel wird in der Elektrodenherstellung üblicherweise Polyvinylidenfluorid (PVDF) verwendet. Leider ist dieses nur schwer lösbar, weswegen auch noch N-Methyl-2-pyrrolidon (NMP) als Lösungsmittel hinzugefügt wird. NMP ist allerdings teuer, toxisch und muss im Zuge der Elektrodenproduktion mittels Trocknungsverfahren aufwendig und energieintensiv verdampft werden.

Könnte man das organische Lösungsmittel weglassen, hätte man somit auf einen Schlag Material und Energie eingespart sowie den CO2-Verbrauch, die Verwendung umweltschädlicher Materialien und damit die Gesamtproduktionskosten reduziert. Ein weiterer Vorteil: Durch den Wegfall hätte man Platz gewonnen, um mehr aktives Material zu verwenden, was die Batteriekapazität erhöht.

Diese sogenannte trockene Herstellung ist ein ambitioniertes Vorhaben, an dem weltweit etliche Forschungsgruppen arbeiten. Im Forschungsprojekt NoVOC fährt man eine zweigleisige Strategie: Während einige Projektpartner direkt an trockenen Verfahren zur Elektrodenherstellung forschen, sind andere mit einem Zwischenschritt befasst: dem Ersatz von NMP durch entionisiertes Wasser. Das ist auch die Aufgabe des Austrian Institute of Technology. In der hauseigenen Beschichtungsanlage in Wien können die Forscher nicht nur die Elektroden produzieren, sondern auch die nachfolgenden Schritte abdecken und somit komplette Lithium-Ionen-Batterien im Labormaßstab herstellen.

Verluste kompensieren

Allerdings bringt Wasser auch Nachteile. Beispielsweise erhöht sich durch den Einsatz von Wasser der pH-Wert der Suspension, was in der Folge zu Korrosion des Aluminium-Stromabnehmers der Kathode führen kann. "Wasser reagiert mit den aktiven Materialien, es gibt Reaktionen, die zum Verlust des Lithiums führen können und so die Kapazität der Batteriezellen reduzieren", sagt Boz. "Wir versuchen diesen Verlust durch alternative Bindemittel oder andere Methoden zu verhindern." (Raimund Lang, 10.7.2023)