Donald Trump. 
De facto stoppt Donald Trump die finanzielle Unterstützung für die von Russland angegriffene Ukraine.
REUTERS/EDUARDO MUNOZ

Offiziell ist Donald Trump noch ein halbes Jahr von seiner Nominierung auf den republikanischen Conventions im Juli entfernt. Doch de facto hat der Präsidentschaftskandidat in spe nach seinen Siegen in Iowa und New Hampshire nicht nur die Partei, sondern auch den Kongress unterworfen – mit dramatischen Folgen: Den amerikanischen Ukraine-Hilfen droht endgültig das Aus, ein mühsam ausgehandelter überparteilicher Kompromiss zur Einwanderungs- und Asylpolitik steht auf der Kippe, und an der Grenze zu Mexiko bahnt sich ein direkter Zusammenstoß von föderalen Grenzschützern und regionalen Nationalgarden an.

Trump hat die Lage an der Südgrenze, über die derzeit täglich rund 10.000 Menschen vor allem aus Lateinamerika ins Land kommen, zum zentralen Thema seines Wahlkampfs erkoren. Bei seinen Auftritten und in Onlinepostings spricht der Ex-Präsident von einer "Invasion" und behauptet ohne Belege, dass unkontrolliert psychisch Kranke, verurteilte Straftäter und Hamas-Terroristen einsickern würden. Der Biden-Regierung unterstellt er einen "Todeswunsch für die USA".

Zudem lehnen Trump und seine America-First-Ideologen eine weitere Unterstützung der Ukraine mit der Begründung ab, die USA müssten vordringlich ihre eigenen Grenzen sichern. Im Senat versuchen deshalb moderate Demokraten und traditionell-interventionistische Republikaner seit dem vorigen November ein Kompromisspaket zu schnüren, das weitere Hilfen für die Ukraine in Höhe von rund 60 Milliarden Dollar (etwa 55 Milliarden Euro) mit einer drastischen Verschärfung des Asylrechts und einer teilweise Schließung der Grenze verbindet.

Folgenreiche "Zwickmühle"

Noch vor wenigen Tagen sah es so aus, als stehe der monatelang ausgehandelte Deal, der den Demokraten enorme Zugeständnisse abfordert, da er keinen Weg zur Legalisierung der bereits in den USA lebenden Migranten beinhaltet, vor dem Durchbruch. Doch am Mittwoch senkte Mitch McConnell, der Minderheitsführer der Republikaner im Senat, nach Teilnehmerangaben hinter verschlossenen Türen den Daumen. Seine Fraktion, soll er erklärt haben, befinde sich "in einer Zwickmühle": Trump wolle die Lage an der Grenze ins Zentrum seiner Kampagne rücken: "Wir können das nicht untergraben."

Damit steht der Ukraine-Deal vor dem Scheitern. Zwar versicherte McConnell am Donnerstag, dass er weiter für das Paket kämpfe. Aber die Unterstützung der Republikaner schwindet offenbar, nachdem sich selbst langjährige Trump-Skeptiker wie der texanische Senator John Cornyn und McConnells potenzieller Nachfolger John Thune opportunistisch auf die Seite Trumps geschlagen haben. Sollten weniger als die Hälfte der republikanischen Senatoren zustimmen, hat der Gesetzesvorstoß im republikanisch dominierten Repräsentantenhaus kaum eine Chance.

Angesichts dieser Perspektiven druckte das konservative "Wall Street Journal" am Freitag einen furiosen Leitartikel, der die Ablehnung einer überparteilichen Vereinbarung zur Eindämmung der Fluchtbewegung "zynisch" nannte und angesichts der Lage im Ukrainekrieg warnte: "Kiews Niederlage wird die Unterschrift der (Republikanischen) Partei tragen." Doch das kümmert Trump überhaupt nicht. "Wir brauchen eine starke, mächtige und perfekte Grenze", postete er auf seiner Propagandaplattform Truth Social: "Wenn wir das nicht bekommen, ist es besser, keinen Deal zu machen, selbst wenn das Land dann eine Weile dichtgemacht wird."

Trumps Chaosstrategie

Ausdrücklich ermahnt er seine Parteifreunde, nichts zu vereinbaren, "wenn wir nicht ALLES bekommen, was nötig ist, um die Invasion zu stoppen". Der Trump-kritische Senator Mitt Romney, der Ende des Jahres in Pension geht, interpretierte die Aussage so: "Er will nicht, dass wir das Problem an der Grenze lösen, weil er dafür Biden verantwortlich machen will."

Diese zynische Chaosstrategie könnte regelrecht gefährlich werden. Nachdem texanische Nationalgardisten vor zwei Wochen den Grenzschützern der Bundesregierung den Zugang zur Grenze bei Eagle Pass verwehrt hatten, hat die Biden-Regierung vor dem Supreme Court nämlich ein Urteil erstritten, das ihr recht gibt. Der texanische Gouverneur Greg Abbott wirft der Bundesregierung aber Tatenlosigkeit vor. Er beansprucht das Recht seines Staates, sich in einem Akt der Notwehr eigenverantwortlich gegen die "Invasion" zu schützen und die Migranten mit Gewalt zurückzuweisen. Trump sicherte ihm seine "volle Unterstützung" zu und nötigt zudem andere republikanische Gouverneure, die mutmaßlich verfassungswidrige Aktion zu unterstützen: "Wir fordern alle Staaten auf, ihre Nationalgarden nach Texas zu schicken, um das Eindringen der Illegalen zu verhindern." (Karl Doemens aus Washington, 26.1.2024)