Die konjunkturelle Lage der heimischen Wirtschaft ist aus Sicht der Industriellenvereinigung (IV) trist und wird es voraussichtlich auch bleiben. "Die österreichische Industrie steht vor dem zweiten Rezessionsjahr in Folge", sagt IV-Chefökonom Christian Helmenstein. Besonders die hohen Energiepreise und Lohnabschlüsse bei gleichzeitiger Auftragsflaute machen den Unternehmen zu schaffen. Ein Aufschwung sei derzeit außer Reichweite.

Arbeiter bei der Errichtung eines Wohnhauses.
Besonders stark gebeutelt ist derzeit der Hochbau, für den die IV ein Maßnahmenpaket fordert.
IMAGO/Frank Peter

"Außenwirtschaftliche Impulse sind derzeit keine in Sicht", erklärt Helmenstein. Die konjunkturelle Schwäche Deutschlands schlage auch auf Österreich durch: Für jeden Prozentpunkt, um den Deutschland weniger wächst, ist Helmenstein zufolge hierzulande mit einem Minus um einen Viertel- bis einen Drittelprozentpunkt zu rechnen. Dazu komme, dass auch in den USA die Aussichten wegen der hohen Zinsen und der Staatsverschuldung unsicher seien. In China belaste die Zerschlagung des Evergrande-Konzerns.

Dünne Auftragspolster

"Wir sind auf uns selbst angewiesen", sagt der IV-Ökonom, "wir müssen einen investitionsgetriebenen Aufschwung schaffen." Allein, danach sieht es ihm zufolge derzeit gar nicht aus. Denn die Auftragspolster seien in den vergangenen Monaten so schnell geschrumpft, dass bereits jedes vierte Unternehmen unterausgelastet sei. Es gebe in dieser Situation keine Notwendigkeit für Erweiterungsinvestitionen.

Unter dem Strich ist Österreichs Wirtschaft im Jahr 2023 gemäß Schätzungen wahrscheinlich noch stärker geschrumpft als in Deutschland, wo ein Rückgang der Wirtschaftsleistung (BIP) in Höhe von 0,5 Prozent zu Buche steht. Helmenstein verweist darauf, dass es sich bei einem BIP-Rückgang um 0,7 Prozent in Österreich um die stärkste normalzyklische Rezession seit 1950 handle – bloß die exogenen Schocks der Lehman-Pleite 2008 und der Corona-Pandemie 2020 führten zu noch größeren Einbußen.

Paket für Bauwirtschaft

Besonders unter Druck geraten ist neben energieintensiven Industrien die Bauindustrie. IV-Generalsekretär Christoph Neumayer spricht sich für vereinfachte Rahmenbedingungen für junge Menschen, die in Eigentum investieren möchten, aus. "Anreize wie beispielweise Verbesserungen bei den Regulatorien zur Schuldendienstquote oder eine befristete Einführung von Abschreibungsmöglichkeiten sowie ein Zinsabsetzbetrag für Immobilienkredite sind dabei Optionen, die es zu diskutieren gilt", schlägt Neumayer vor. "So ein Paket kann auch kurzfristig umgesetzt werden, es muss im ersten Halbjahr passieren."

Mittelfristig zeigt sich Volkswirt Helmenstein besorgt über die hohen Lohnstückkosten und die hohen Energiepreise. "Diese Faktoren führen zu so starken Wettbewerbsnachteilen, dass wir befürchten müssen, Marktanteile zu verlieren", sagt er. Neumayer spricht sich daher neuerlich für ein Senken der Lohnnebenkosten aus, um die hierzulande sehr starken Lohsteigerungen etwas abzufedern. (Alexander Hahn, 31.1.2024)