Alles Unsinn. So lautete sinngemäß die Reaktion der Insolvenzverwalterin der Signa Development vergangene Woche auf eine aufsehenerregende Recherche der Financial Times (FT). Die Signa Development ist die Immobilienentwicklungssparte von René Benkos Konzern, die im Dezember Insolvenz angemeldet hat. Die FT hatte berichtet, dass kurz davor mehr als 300 Millionen Euro an zwei Unternehmen in Innsbruck flossen, die "mit Benko verbunden" seien.

Flossen wirklich mehr als 300 Millionen Euro an Benko-Unternehmen? Jedenfalls gab es bei diesen Firmen kurz vor der Insolvenz gewichtige Verschiebungen bei der Eigentümerschaft
Flossen wirklich mehr als 300 Millionen Euro an Benko-Unternehmen? Jedenfalls gab es bei diesen Firmen kurz vor der Insolvenz gewichtige Verschiebungen bei der Eigentümerschaft
APA/HANS KLAUS TECHT

Konkret geht es laut FT um die Laura Finance Holding GmbH und Laura Holding GmbH. Ersterer Firma borgte die Development vor ihrer Pleite 125 Millionen Euro; zweiterer 190 Millionen Euro.

Die Dokumente, aus denen sich diese Geldtransfers ablesen lassen, seien erst am 29. Dezember ans Licht gekommen, dem Tag der Development-Insolvenz – nachdem Gläubigern entsprechende Unterlagen vorgelegt worden seien. Eine Erklärung, wie es zu den fragwürdigen Krediten kam, habe es für sie nicht gegeben. Hat Benko also knapp vor der Insolvenz Geld abgezweigt?

Video: Gläubiger wollen von der Signa Holding rund 8,6 Milliarden Euro
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"Nahestehende Gesellschaften"

Die Development-Insolvenzverwalterin, die Wiener Rechtsanwältin Andrea Fruhstorfer, wies dies scharf zurück. Der Vorwurf sei "unrichtig". Zutreffend sei nur, dass es Forderungen gegen "nahestehende Gesellschaften der Signa-Gruppe" gebe. "Nach aktuellem Erhebungsstand sind die kolportierten 300 Millionen Euro für Immobilienprojekte der Signa verwendet worden."

Die Erklärung der Verwalterin lässt jedoch Fragen offen. Zu welchen "Signa-Immobilienprojekten" flossen die Millionen? Und warum? Und vor allem: Spielen die beiden Laura-Unternehmen, auf die sich die FT bezieht, nun irgendeine Rolle in der Causa – oder schlicht keine?

Neue Eigentümer

Interessant ist jedenfalls, was sich im Firmenbuch zu den beiden Laura-Unternehmen findet, an die die Summen gingen. Es zeigt sich: Bei diesen handelt sich in Wahrheit gar nicht um Benko-Unternehmen. Jedenfalls seit kurzem nicht mehr. Im Dezember – nur wenige Tage vor der Development-Insolvenz – fanden nämlich umfassende Eigentümerverschiebungen statt. Seither gehört die Mehrheit nicht mehr Unternehmen und Stiftungen im Umfeld Benkos, sondern seinen wichtigsten Großinvestoren.

Relevant ist dabei vor allem die Laura Holding GmbH – denn das andere Unternehmen, die Laura Finance Holding GmbH, ist schlicht eine Tochter dieser Laura Holding.

Wem gehört die Laura Holding? Laut Firmenbuch hält Benkos Laura Privatstiftung nur eine Minderheit (42 Prozent). Der Rest gehört den wichtigsten Geschäftspartnern Benkos: etwa dem deutschen Fressnapf-Gründer Torsten Toeller (zehn Prozent); dem Schweizer Ernst Tanner, Ex-Chef des Schokoladenkonzerns Lindt & Sprüngli (drei Prozent); dem Schweizer Kaffeemaschinenunternehmer Arthur Eugster (zehn Prozent); und der liechtensteinischen Ameria Invest, hinter der angeblich die brasilianische Unternehmerfamilie Arduini steht (35 Prozent).

Großinvestoren

Zu dieser Eigentümerstruktur kam es allerdings erst knapp vor der Development-Insolvenz, konkret Mitte Dezember 2023. Arthur Eugsters Schweizer AE Familienholding etwa stieg laut Firmenbuch erst am 15. Dezember mit seinen zehn Prozent ein – zuvor hatte sich dieser Anteil im Besitz der Familie Benko Privatstiftung befunden.

Dasselbe gilt für die brasilianische Familie Arduini. Auch sie wurden erst Anfang Dezember Teileigentümer der Laura Holding. Vorbesitzer von deren 35-Prozent-Anteils: ebenfalls ein Unternehmen der Familie Benko Privatstiftung.

DER STANDARD

Fazit, noch vor wenigen Wochen war die Laura tatsächlich, wenn man so will, ein Benko-Unternehmen, zumindest mehrheitlich. Dann allerdings, ganz knapp vor der Development-Pleite, trat Benko große Teile an zwei seiner langgedienten Investoren ab. Und schließlich flossen laut FT an die Laura mit neuer Eigentümerschaft besagte 300 Millionen Euro.

Im richtigen Moment angedockt?

Welche Motive stecken hinter der Eigentümerverschiebung zu diesem kritischen Zeitpunkt? Es bleibt völlig offen. Haben sich gar einige große Signa-Mitinvestoren knapp vor der Pleite Vorteile gegenüber anderen Gläubigern verschafft? Dockten sie im richtigen Moment bei einem Benko-Unternehmen an, dem die Development Geld zuschob? Es gilt die Unschuldsvermutung.

Derartige Fragen wird sich Fruhstorfer als Insolvenzverwalterin stellen müssen. Sollte es vor der Pleite wirklich zu unrechtmäßigen Vermögensabflüssen gekommen, wären die anderen Gläubiger geschädigt – und Fruhstorfers Aufgabe ist es eben, deren Interessen zu schützen.

Auf STANDARD-Anfrage will sich Fruhstorfer nicht zu der Causa äußern, man könne "derzeit nichts sagen". Und die Signa Development selbst? Vom insolventen Unternehmen kam keine Antwort. (Joseph Gepp, 1.2.2024)