Petritsch großinquisitor
Ein Kardinal-Großinquisitor (Barbara Petritsch) erklärt, was die Kirche wirklich will.
Susanne Hassler-Smith

Die Kammerschauspielerin Barbara Petritsch zählt zu den meistbeschäftigten Schauspielerinnen am Burgtheater, dem sie seit 1999 als Ensemblemitglied angehört. Mit ihrer dunklen, widerständigen Stimme hält sie die Gemüter ihrer Figuren unbestechlich auf Kurs, sei es als Frau Grollfreuer in Schwabs Volksvernichtung, als Frau Pollinger in Das Konzert oder als Nell in Becketts Endspiel. Unvergessen ist auch ihr Auftritt im Fatsuit auf der Steilrampe im Akademietheater in Jelineks Winterreise.

Es sind oft raue, kalte, unerbittliche Charaktere, die die in Admont aufgewachsene und an der Universität Graz ausgebildete Darstellerin verkörpert. Als eine solche steht sie ab heute, Donnerstag, im Akademietheater auf der Bühne. Sie gibt in einer szenischen Einrichtung von Regisseur Nicolas Brieger, ihres Lebensgefährten, den teuflischen Großinquisitor aus Fjodor Dostojewskis Roman Die Brüder Karamasow. Das gleichnamige Kapitel ist eine bedeutende Parabel über Kirche, Macht, Politik und deshalb auch als eigenständiger Text außerhalb der Romanhandlung bekannt.

Besuch von Jesus

Darin stattet Jesus Christus der Stadt Sevilla zur Zeit der Inquisition im 16. Jahrhundert einen Besuch ab. Der greise Kardinal-Großinquisitor hält "Zwiesprache" mit Jesus (stumm) über die wahren Zielsetzungen der katholischen Kirche und droht, den Heiland als Ketzer auf dem Scheiterhaufen hinrichten zu lassen.

Denn es gebe für Menschen nichts Qualvolleres als die Freiheit des Gewissens, entscheiden zu können, was gut und was böse sei – genau das aber hätte Jesus befürwortet und damit großen Schaden angerichtet.

Verbunden wird der Text mit einem Monolog aus Botho Strauß’ Theaterstück Groß und Klein über Einsamkeit und Gottsuche. (Margarete Affenzeller, 1.2.2024)