Mark Zuckerberg, CEO of Meta
Für Tech-Milliardär und Facebook-Gründer Mark Zuckerberg gab es schon angenehmere Momente im Leben, als sich vor dem US-Senat rechtfertigen zu müssen.
AFP/ANDREW CABALLERO-REYNOLDS

Die Vorwürfe wiegen schwer, und Mark Zuckerberg gab sich geknickt. Der Facebook-Gründer wurde in einer Anhörung im US-Senat mit den Vorwürfen konfrontiert, dass Kinder durch die Nutzung von Online-Plattformen seines Konzerns massiv zu Schaden kommen. "Herr Zuckerberg, Sie und die Unternehmen vor uns – ich weiß, dass Sie es nicht so meinen, aber Sie haben Blut an Ihren Händen", sagte der republikanische Senator Lindsey Graham und bezog sich dabei auf den Meta-CEO. "Sie haben ein Produkt, das Menschen tötet."

Die mehrstündige Anhörung zählte zu einem weiteren Anlauf von Abgeordneten in den USA, große Social-Media-Konzerne in die Pflicht zu nehmen, wenn es um die Verbesserung der Online-Sicherheit für Kinder geht. Dabei wurden verschiedene Schwierigkeiten erörtert, die mit sozialen Medien in Verbindung stehen und sich negativ auf Kinder und Jugendliche auswirken, wie zum Beispiel Cybermobbing, die Förderung von Essstörungen durch diese Plattformen – und nicht zuletzt auch die zunehmende Verbreitung von Missbrauchsmaterial.

Social Media am Pranger

Senator Dick Durbin, Vorsitzender der Demokraten im Justizausschuss, zitierte Statistiken der gemeinnützigen Gruppe National Center for Missing and Exploited Children, die einen sprunghaften Anstieg der "Sextortion" zeigten, bei der Täter einen Minderjährigen dazu bringen, explizite Fotos und Videos zu verschicken. "Dieses beunruhigende Wachstum der sexuellen Ausbeutung von Kindern wird von einer Sache angetrieben: Veränderungen in der Technologie", ergänzte Durbin während der Anhörung.

Zuvor wurde im Ausschuss ein Video abgespielt, in dem Kinder darüber sprachen, wie sie in den sozialen Medien zu Opfern wurden. "Ich wurde auf Facebook sexuell ausgebeutet", sagte ein Kind in dem Video, das nur als Silhouette zu erkennen war. Im Anhörungssaal selbst hielten dutzende Eltern Bilder ihrer Kinder hoch, die ihrer Meinung nach durch soziale Medien geschädigt worden waren.

Zuckerberg entschuldigte sich, er war aber nicht der Einzige, der sich vor dem US-Senat verantworten musste. Auch Linda Yaccarino, Chefin von X, Tiktok-Chef Chouzi Chew, Discord-Chef Jason Citron und Snapchat-Gründer Evan Spiegel waren bei der Anhörung anwesend. Die Politiker appellierten an die Verantwortlichen der Unternehmen, sich für strengere Überwachungsmaßnahmen einzusetzen. Es wurde auch betont, dass die Einführung neuer Gesetze die Online-Sicherheit von Kindern künftig besser stärken solle.

Zweifel an ernsthaftem Interesse

Besonders brisant: Kurz bevor Zuckerberg vor hatte, vor dem Kongress über den Schutz von Kindern im Internet zu sprechen, legten Gesetzgeber Dokumente offen, die belegen, dass sein Konzern nicht bereit war, mehr Mittel zur Lösung dieses Problems bereitzustellen. Die Dokumente, interne E-Mails von Meta aus dem Herbst 2021, beinhalten Diskussionen zwischen Führungskräften über die Anstellung von zusätzlichem Personal, einschließlich Ingenieuren, die sich mit der Sicherheit und dem Wohl von Kindern auf Plattformen wie Instagram und Facebook auseinandersetzen sollten. Ein spezifischer Vorschlag, 45 neue Mitarbeiter für diesen Bereich einzustellen, wurde von Zuckerberg dabei abgelehnt.

Wie die '"New York Times" berichtet, wurden die Dokumente, die zum ersten Mal vollständig veröffentlicht werden, bereits letztes Jahr in einer Klage von 33 Generalstaatsanwälten angeführt. Sie warfen Meta vor, junge Nutzer süchtig nach seinen Apps zu machen. Die Inhalte dieser Dokumente sollen im Gegensatz zu den öffentlichen Behauptungen von Führungskräften bei Meta stehen, die in der Vergangenheit zum Thema Online-Sicherheit von Kindern beteuert hätten, dass sie sich verstärkt darum bemühen würden, schädliche Inhalte auf ihren Plattformen zu entfernen.

Meta wehrt sich

Meta lässt das freilich nicht unkommentiert. In einer Erklärung und von Meta-Sprecher Andy Stone heißt es, dass der Konzern mehr als 30 Tools zum Schutz von Teenagern entwickelt habe und über ein robustes Team an Mitarbeitern verfüge, das sich um das Wohlergehen der Jugendlichen kümmere. Und: Die "herausgepickten" Dokumente würden nicht den vollen Kontext dessen wiedergeben, wie das Unternehmen arbeite oder welche Entscheidungen letztendlich wirklich getroffen wurden.

Angeblich soll Meta 40.000 Mitarbeiter beschäftigen, die sich allein mit der Sicherheit seiner Apps befasst, und soll seit 2016 mehr als 20 Milliarden US-Dollar in diese Bemühungen inverstiert haben. So groß sich diese Zahl anhören mag, bleibt nicht nur unklar, inwieweit diese Summe überhaupt angemessen erscheint. Sie sagt auch nichts darüber aus, wieviel davon in die Verbesserung der Online-Sicherheit für Kinder geflossen ist.

Nur die Spitze eines Eisbergs

Wenig beeindruckt von solchen Zahlen zeigte sich bereits im Vorfeld Raúl Torrez, wie der "Guardian" berichtet. Der Generalstaatsanwalt von New Mexico leitete rechtliche Schritte gegen Meta wegen Kinderhandel auf dessen Plattformen ein und ist davon überzeugt, dass Meta "der weltweit größte Marktplatz für Pädophile" sei. Er glaube, dass das, was seine eigenen Untersuchungen bereits aufgedeckt haben, "nur die Spitze des Eisbergs ist", wenn es darum geht, wie weit verbreitet und bekannt diese Problematik innerhalb des Konzern war. (bbr, Reuters, 1.2.2024)