In Deutschland hat der Großteil der Bundesländer bereits auf ein Modell mit Guthabenkarte für Asylwerbende umgestellt.
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Die ÖVP will auch in Österreich ein Kartensystem für Asylwerberinnen und Asylwerber einführen – DER STANDARD berichtete. In Deutschland haben sich die meisten Bundesländer kürzlich bereits auf ein solches System geeinigt, bei dem ein Teil der Sozialleistungen über eine Guthabenkarte als Sach- statt als Geldleistungen ausgegeben wird. Damit soll verhindert werden, dass Geldbeträge etwa an Familienangehörige oder Freunde aus den Herkunftsländern geschickt werden können.

Wenn Asylwerbende nach Österreich kommen, werden sie zunächst in Großlagern untergebracht, wo sie Sachleistungen und 40 Euro Taschengeld in bar erhalten, sagt Lukas Gahleitner-Gertz vom Verein Asylkoordination, der Freiwillige und Vereine in der Flüchtlingsbetreuung unterstützt, am Freitag im Ö1-"Morgenjournal". "Das ist die teuerste Form der Unterbringung", sagt er. Denn Sachleistungen würden die öffentliche Hand beziehungsweise die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler mehr kosten, weil dafür etwa Personal und Küchen benötigt werden.

235 Euro im Monat

Im zweiten Schritt kommen Asylwerberinnen und Asylwerber in die Landesgrundversorgung des jeweiligen Bundeslandes, wo sie in kleinteiligeren Einheiten untergebracht werden. Das koste pro Person 25 Euro täglich. In Wien bekommt ein Asylwerber dort neben einem Dach über dem Kopf 6,50 Euro pro Tag ausbezahlt, um sich selbst zu versorgen. "Ein paralleles Bezahlsystem einzuführen würde in jedem Fall Mehrkosten bedeuten", sagt Gahleitner-Gertz.

Dass eine Umstellung auf Sachleistungen inoffizielle "Transferleistungen" in die Herkunftsländer verhindern würde, wie die Befürworter eines solchen Modells argumentieren, bezweifelt er. "Man muss sich da die Beträge vor Augen führen, um die es geht." Beim Wiener Modell mit 6,50 Euro am Tag bekommen die betroffenen Personen hochgerechnet 195 Euro im Monat plus 40 Euro Taschengeld, was einen Betrag von 235 Euro im Monat ergibt.

Abhängigkeit durch Entzug von Bargeld

Davon müssten die Menschen einen Monat lang leben, heißt: sich mit Essen und anderen Notwendigkeiten bis hin zum Öffi-Ticket versorgen. "Es gibt keine mir bekannte Evidenz, dass in dieser Phase des Verfahrens große Mengen an Geld abgespart werden können, um sie irgendwohin zu überweisen." Er halte es aber für grundsätzlich problematisch, wenn die öffentliche Hand Menschen Bargeld vorenthalte, um sie dadurch in einer gewissen Abhängigkeit zu halten.

Aus Deutschland wurden Fälle kolportiert, in denen Asylwerbende nach Einstellung der Geldleistungen wieder abgereist seien. Ein Punkt für die Befürworter der Maßnahme? "Auch bei diesem Aspekt fehlt mir ein wenig die Evidenz", sagt Gahleitner-Gertz. "Dass Menschen weiterreisen, kann grundsätzlich viele Gründe haben." Ein großer Lenkungseffekt durch eine Umstellung von Geld- auf Sachleistungen werde bei diesen geringen Beträgen "eigentlich von allen Experten bestritten". (Martin Tschiderer, 2.2.2024)