Mitglieder einer Burschenschaft bei einer Studienabschlussfeier auf dem Hauptplatz vor dem Rathaus.
Mitglieder einer Burschenschaft bei einer Studienabschlussfeier auf dem Leobener Hauptplatz vor dem Rathaus.
imago/Volker Preußer

Leoben – Geht es nach dem Rektor der Montanuniversität Leoben, sollen studentische Verbindungen künftig nicht mehr an akademischen Feierlichkeiten der Universität teilnehmen dürfen. Die Maßnahme sei Teil einer strategischen Neupositionierung der Hochschule, berichtete die "Kleine Zeitung" am Freitag. Der seit Oktober 2023 amtierende Rektor Peter Moser wolle der obersteirischen Hochschule, an der insgesamt zwölf Korporationen aktiv sind, ein "zukunftsorientiertes, innovatives Markenprofil" verleihen.

Vor allem die sinkenden Studierendenzahlen – seit 2019 gingen die Zahlen jährlich um rund fünf Prozent zurück – motivieren zum Imagewandel. Beitragen sollen dazu auch Schwerpunktsetzungen auf technische Herausforderungen des Klimawandels, zudem sei ein neuer Name – University of Technology Leoben – im Gespräch.

Die teils schlagenden Burschenschaften scheinen da nicht ins Bild zu passen. So schreibt die schlagende Verbindung Cruxia auf ihrer Website, sie bekenne sich zu den Werten "Ehre, Freiheit, Vaterland". Man stehe hinter der Praxis der Mensuren, da diese eine Möglichkeit seien, "die Mitglieder zu erziehen und die Spreu vom Weizen zu trennen". Für Aufsehen sorgen die Leobener Verbindungen auch mit ihrem traditionellen "Bierauszug", einem Marsch durch die Stadt, mit dem sie das Studienjahr beschließen.

FPÖ kritisiert "massiven Traditionsverlust"

Vonseiten der steirischen FPÖ kam prompt Kritik an der Verbannung der Burschenschaften: "Die Verbannung der traditionell etablierten farbentragenden Studentenverbindungen würde aus unserer Sicht jedoch überhaupt nichts bringen – außer einen massiven Traditionsverlust für die Montanstadt", teilte der Landtagsabgeordnete Marco Triller, der selbst aus dem Bezirk Leoben stammt, per Aussendung mit. "Wenn man den Universitätsstandort Leoben attraktiveren will, dann braucht es sicher tiefgründige Analysen der vorhandenen Studien, des gesamten städtischen Umfelds und eine eingehende Betrachtung des österreichweiten und internationalen Konkurrenzangebots im tertiären Bildungssektor", sagte Triller. Der Ring Freiheitlicher Studenten (RFS) sprach auf Facebook von einer weiteren Einschränkung von "Meinungsfreiheit und Traditionen".

Leobens SPÖ-Bürgermeister Kurt Wallner sagte, der Fokus einer Universität liege auf Wissensvermittlung, Forschung und internationaler Vernetzung: "Aus historischer Sicht sind die Burschenschaften freilich ein Teil der Stadt Leoben. Aber das sollte nicht unbedingt der Umstand sein, mit dem man auf internationaler Ebene für eine Universität werben sollte", so Wallner.

Der Österreichische Cartellverband (ÖCV), ein Dachverband katholischer studentischer Verbindungen, zeigte sich in einer Aussendung "irritiert" über den Ausschluss. "Cancel-Culture sollte keinen Platz auf Universitäten haben. Doch genau jene Verdrängung hat es zur Folge, dass es zu einem Abbau einer vielgestaltigen und vielseitigen Uni kommt", teilt ÖCV-Präsident Matthias Arth mit. Die katholischen Verbindungen seien "keine Traditionsvereine, sondern ein lebendiger Teil eines europaweiten Netzwerks".

ÖH ist erfreut

Ganz anders sieht das die Österreichische Hochschülerschaft. Sie gibt sich erfreut darüber, dass "Burschenschaftern und Männerbünden" in Zukunft "keine Bühne mehr gegeben wird", sagte eine Sprecherin dem STANDARD. Die Stellung der Studentenverbindungen sei in Leoben zwar ein Spezialfall, da bestimmte Unirituale wie der Ledersprung "aus Verbindungstraditionen" entstanden sind. Allerdings tritt die ÖH-Bundesvertretung, die von einer linken Koalition aus VSStÖ, Gras und KSV Linke Liste regiert wird, generell dafür ein, dass farbentragende Studenten im öffentlichen Uni-Leben keine Rolle mehr spielen. So etwa auch an der Universität Wien, wo Burschenschaften mit ihrem "Farbenbummel" auf der Uni-Rampe immer wieder für Aufsehen und Diskussionen sorgten.

Der Verband Sozialistischer Student_innen Leoben (VSStÖ Leoben) begrüßte das Vorgehen des Rektorats am Freitagabend in einer Aussendung. "Wir möchten keinesfalls das private Vereinsleben der Studierenden einschränken, aber Student_innenverbindungen stehen für ein Bild, das nicht der Realität der Studierenden an der Montanuniversität entspricht und sollten nicht unsere Universität nach außen repräsentieren," betont der Vorsitzende des VSStÖ Leoben Peter Graser.

Auch in Leoben ist es nicht das ersten Mal, dass die Leitung der Universität auf Distanz zu den Verbindungen geht. Die Burschenschaft Leder etwa wurde bereits 2018 von allen Feierlichkeiten ausgeschlossen, nachdem auf deren Facebook-Kanal Postings mit Wehrmachtsbezug aufgetaucht waren. Auch die Staatsanwaltschaft ermittelte.

Insgesamt gibt es an der Leobener Montanuniversität zwölf studentische Verbindungen. Fünf davon sind pflichtschlagend, eine stellt ihren Mitgliedern die Mensur frei, sechs sind nichtschlagend. Zu den Korporationen zählen auch die Damenverbindungen "Barbara" und "Liupina". (Michael Windisch, 2.2.2024)