Die Zunahme gewaltsamer Auseinandersetzungen in verschiedenen Teilen der Welt geht mit einem Stillstand in wichtigen Friedensprozessen einher und scheint darauf hinzudeuten, dass Krieg wieder zu Routine wird. Eine Folge aus dieser Dynamik ist die Zerstörung der internationalen Ordnung, die auf die friedliche Lösung von Konflikten aufgebaut ist. Gleichzeitig verliert der "Globale Westen" durch moralisches Schwarz-Weiß-Denken und undifferenzierte Positionierung – wer Freund oder Feind ist, wird klar definiert – an Glaubwürdigkeit im Rest der Welt.

Friedenstaube auf einem Aufnäher, Frieden
Wie müssen politische Akteure verstanden und behandelt werden, um Frieden in Konfliktsituationen zu schaffen?
Christian Ohde

Die Realität ist hingegen in den meisten Fällen viel komplexer und vielschichtiger. Innerhalb der grauen Zonen, die sich in dieser Realität finden, operieren nun zunehmend andere Akteure. In der Zwischenzeit erleidet der "Globale Westen" einen immensen Glaubwürdigkeitsverlust im Rest der Welt. Diese internationale Polarisierung bereitet auch dem Uno-Sicherheitsrat Probleme, Entscheidungen zu treffen und transformativen Frieden beziehungsweise tatsächlich friedensfördernden Mandaten umzusetzen.

Neue Akteure auf dem Parkett der internationalen Friedensvermittlung sind oft Staaten des "Globalen Südens", inklusive der sogenannten Brics-Staaten. Oft sehen sich diese schnell dem Vorwurf ausgesetzt, Vermittlungsbemühungen zwischen Konfliktparteien als Teil des internationalen Wettbewerbs zu instrumentalisieren. Man darf bei solchen Darstellungen, bei allem Wahrheitsgehalt, natürlich nicht übersehen, dass wohl auch Staaten des "Globalen Westens" seit jeher Konflikten für ihre Interessen zu nutzen wissen.

Alle Parteien miteinbeziehen

Es sollte also eher nach Möglichkeiten gesucht werden, die Stärken verschiedener Akteure bestmöglich zu nutzen und zu fördern, um so langwierige Konflikte zu vermeiden. Aus der komplizierten und durchaus fragmentierten Landschaft der internationalen Vermittlung können letztlich nur dann nachhaltige Ergebnisse hervorkommen, wenn all jene Parteien miteinbezogen werden, die Einfluss auf den Konflikt haben.

Auch Österreich hat in der Vergangenheit wichtige Beiträge als geschätzter Vermittler in Konflikten geleistet. Trotz einer gewissen Beteiligung an "westlicher" Schwarz-Weiß-Malerei besteht die Nachfrage nach österreichischer Friedensvermittlung weiter, wie die Erfahrung der täglichen praktischen Arbeit des Austrian Centre for Peace in unterschiedlichen Kontexten zeigt.

Österreichs Rolle in der Weltpolitik

Ein vermittelnder Ansatz kann erstens zu einer nachhaltigen Stabilisierung insbesondere für Österreichs Sicherheit relevanter Regionen beitragen. Zweitens stärkt ein solcher Ansatz eine positive Wahrnehmung Österreichs in der Welt. Dies trägt zur Stärkung eigener Positionen und damit auch zur Durchsetzung eigener Sicherheitsinteressen bei. Wenn das Bundesheer gerade ein Risikobild präsentiert hat, und weiter an einer neuen österreichischen Sicherheitsstrategie gearbeitet wird, sollte dies in Betracht gezogen werden.

Dann könnte auch Österreich seinen komparativen Vorteil als angesehener neutraler Staat einbringen, vielleicht im Zusammenspiel mit einem der "anderen" Akteure – und dadurch seinen Teil zum Kunstwerk eines Friedensprozesses beitragen. (Moritz Ehrmann, 12.2.2024)