Genesungswünsche aus aller Welt, Optimismus vonseiten des Premierministers Rishi Sunak, erkennbares Zusammenrücken der Königsfamilie – am Tag nach der Bekanntgabe von König Charles' Krebsdiagnose scharten sich die Briten und Royal-Fans aus aller Welt um den 75-Jährigen. DER STANDARD beantwortet die wichtigsten Fragen.

Frage: Was ist bisher bekannt?

Antwort: Pünktlich zu den Abendnachrichten der BBC veröffentlichte der Buckingham-Palast am Montag ein Statement: Der König leide an Krebs und unterziehe sich seit diesem Tag einer regelmäßigen Behandlung. In dieser Zeit werde er zwar wie gewohnt seine Akten lesen und den Premierminister zur wöchentlichen Audienz empfangen, nicht aber in der Öffentlichkeit auftreten. "Er geht vollkommen positiv in diese Behandlung und freut sich darauf, so bald wie möglich wieder seinen öffentlichen Pflichten nachzukommen."

Mitte Jänner hatte der seit September 2022 amtierende Monarch drei Nächte in einer Londoner Privatklinik verbracht. Dort wurde ein Eingriff an seiner vergrößerten Prostata vorgenommen. Bei den dafür nötigen Untersuchungen entdeckten die Diagnostiker dann den Krebs. Die Prostata selbst sei nicht vom Krebs befallen, hieß es seitens des Palasts. Welches Organ betroffen sei, wurde ebenso wenig mitgeteilt wie die Art der Behandlung, wohl Bestrahlungen oder eine Chemotherapie.

Indische Schülerinnen und Schüler malten flugs ein Bild von Charles III., der in London wegen einer Krebserkrankung behandelt wird.
AFP/PUNIT PARANJPE

Frage: Wie reagierten die Briten und die weitere Welt?

Antwort: Sorgenvoll und erschrocken. Binnen weniger Minuten prasselten aus aller Welt die Wünsche für eine gute Genesung auf den 75-Jährigen ein, angeführt vom "besorgten" US-Präsident Joe Biden. Der australische Premierminister Anthony Albanese erinnerte die Briten daran, dass ihr König auch das Staatsoberhaupt von vierzehn weiteren Ländern, allesamt frühere britische Kolonien, rund um den Globus sei. "Alle Australier werden Seiner Majestät alle guten Wünsche schicken", sagte der Labour-Regierungschef und überzeugte Republikaner. Die Antimonarchisten auf der Britischen Insel hingegen mochten dem Monarchen keine gute Besserung wünschen. Auf der Website der Gruppe "Republic" wurde unverdrossen zu einer Protestdemo am Jahrestag von Charles' Krönung im Mai aufgerufen.

Großbritanniens konservativer Premier Rishi Sunak bestätigte Medienberichte, wonach die Krankheit sich in einem Frühstadium befinde: "Ich bin dankbar, dass der Krebs frühzeitig entdeckt wurde." Im Übrigen werde das staatliche Leben in normaler Weise weitergehen.

Frage: Wie gut stehen Charles' Chancen?

Antwort: Möglicherweise besser als für viele Menschen seines Alters: Zwar starb sein Großvater Georg VI. 56-jährig an Lungenkrebs. Dafür wurden andere Familienmitglieder sehr alt; seine Großmutter Elizabeth, die legendäre Queen Mum, 101 Jahre, sein Vater Philip 99 und die Queen selbst 96. Zweitens lebt Charles gesund, raucht nicht, trinkt sehr wenig Alkohol, absolviert täglich seine Übungen, nicht zuletzt gegen quälende Rückenschmerzen, die von Unfällen beim Polospiel stammen.

Dazu kommt, drittens, seine erkennbare Lebensfreude: Nach 73-jährigem Wartestand geht der König seit der Amtsübernahme von seiner Mutter erkennbar in seinem Job auf, den der tiefreligiöse Mann als von Gott zuerkannte Aufgabe sieht. "Er lebt im Einklang mit sich und der Welt, die geliebte Frau an seiner Seite", glaubt der royale Kenner Andrew Gimson. Dass der Patient seiner gewiss nicht immer leicht zu ertragenden Krebstherapie "ausgesprochen positiv" entgegensieht, hat gewiss damit zu tun.

Schließlich scharen sich, viertens, um den Monarchen die besten Onkologen, die das Land zu bieten hat. Auch an sozialer und psychologischer Betreuung wird es dem steinreichen Monarchen nicht fehlen.

Frage: Wie ist es um die Krebsbehandlung auf der Insel bestellt?

Antwort: Täglich erhalten in Großbritannien etwa 1.000 Menschen die gefürchtete Diagnose. Übrigens können sie, so merkwürdig das klingt, in vielen Fällen darüber froh sein: Im staatlichen Gesundheitswesen NHS dauert es nämlich oft mehrere Wochen zwischen der Überweisung durch den Hausarzt bis zum Termin bei den Spezialisten und den entsprechenden Laboruntersuchungen. Und jeder Laie weiß: Je früher ein Krebs entdeckt wird, je eher die Behandlung beginnen kann, desto größer sind die Heilungschancen.

Die mitunter für ihre Indiskretion berüchtigte britische Regenbogenpresse wurde vom Palast ausdrücklich um Zurückhaltung gebeten.
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Da haben es die Bewohner der Großstädte, nicht zuletzt der Metropole London mit ihren Weltklasse-Ärzten, allemal leichter als die Landbevölkerung. Dementsprechend ließ der König am Montag sein Landschloss Sandringham hinter sich und trat die erste Behandlung in London an. Das Krankenhaus mag der Palast nicht nennen; ausdrücklich sind die Medien auch dazu aufgefordert, den Patienten auf dem Weg zur Klinik und zurück zum St.-James-Palast in Frieden zu lassen.

Die Überlebenschancen haben sich für Krebspatienten in den vergangenen Jahren stetig gebessert. Allerdings liegt die siebentgrößte Volkswirtschaft der Welt bei den Mortalitätszahlen deutlich vor vergleichbaren westlichen Industrienationen.

Frage: Wer verwaltet das royale Geschäft?

Antwort: Die Firma Windsor musste zuletzt einige personelle Abgänge verzeichnen. Aus der älteren Generation treten die Herzöge von Gloucester und Kent kaum noch in der Öffentlichkeit auf, ebenso wie der von einem unappetitlichen Sexskandal verfolgte Königsbruder Prinz Andrew. Charles' jüngerer Sohn Harry floh mit der Familie nach Kalifornien und verärgerte die Royals mit Enthüllungen aus Kindheit und Jugend. Umso erfreuter reagierten die Briten auf die Nachricht, dass der 39-Jährige noch am Dienstag zur Krankenvisite auf der Insel eintreffen wollte. Ob sich sogar eine Versöhnung anbahnt, die einer Rückkehr den Weg ebnen würde?

Öffentliche Präsenz will am Mittwoch Harrys älterer Bruder, der Thronfolger Prinz William, zeigen. Der 41-Jährige hatte zuletzt eine Pause vom Dienst genommen, um seiner Frau Kate nach deren Operation im Bauchraum beizustehen. Dass seine Rückkehr zu den royalen Pflichten am Montagmittag verkündet wurde, war gewiss kein Zufall. Ohnehin unbeirrt ihren Dienst leisten Königin Camilla (76) sowie Charles' Schwester Anne (73). Sollte der König längerfristig ausfallen, könnte er Camilla und William zu sogenannten Staatsberatern ernennen. Dann könnten diese auch dem Staatsoberhaupt vorbehaltene Pflichten wahrnehmen, beispielsweise die Auflösung des Parlaments und die Ernennung eines neuen Premierministers. Davon aber, so legen es die bekannten Fakten nahe, sind die Briten weit entfernt. (Sebastian Borger aus London, 6.2.2024)