Eine weibliche Führungskraft leitet ein Meeting, Ansicht von hinten
Immer noch ein seltenes Bild: Frauen in der Führungsetage.
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Mehr weibliche Vorstandsmitglieder gab es noch nie in Österreichs großen börsennotierten Unternehmen: 24 Frauen führen gemeinsam mit ihren männlichen Kollegen in den leitenden Gremien die Geschicke der Top-Konzerne des Landes. Damit stieg ihr Anteil innerhalb eines Jahres von 8,6 Prozent auf 11,9 Prozent – und liegt auf dem bisher höchsten Wert. Noch deutlicher wird der Anstieg, wenn man die aktuellen Zahlen mit jenen vor vier Jahren vergleicht: Im Jänner 2020 saßen fast um die Hälfte weniger Frauen in den Vorständen heimischer Unternehmen. Das zeigt das aktuelle Mixed Leadership Barometer der Unternehmensberatung EY.

Bei Beginn der Untersuchungen im Juli 2015 lag der Frauenanteil im Vorstand noch bei mageren 4,1 Prozent. Nur drei davon sind aktuell jedoch CEOs, die meisten Frauen arbeiten derzeit als CFOs oder sind in operativen Funktionen tätig. Trotz des Anstiegs bleiben viele der geschäftsführenden Gremien aber auch im Jahr 2024 reine Männerdomänen: 33 der 56 Unternehmen im Wiener Börsen Index haben keine einzige Managerin in ihren Vorstandsgremien. Nur ein einziges Unternehmen hat darüber hinaus mehr als eine Frau im Vorstand.

Einsame Vorständinnen

Auch der Frauenanteil in den heimischen Aufsichtsräten verzeichnet ein leichtes Plus und knackt die 30-Prozent-Marke. Dort ist der Anteil der Frauen im Vergleich zum Vorjahr von 29,6 Prozent minimal auf 30,9 Prozent gestiegen: In den Gremien sitzen demnach 167 Frauen und 375 Männer. Gegenüber Jänner 2023 ist die Zahl der weiblichen Aufsichtsratsmitglieder um zwölf angestiegen, während nur fünf neue Männer dazukamen.

"Gender-Equity sollte aber auch abseits des öffentlichen Interesses zur strategischen Priorität für Unternehmen werden", kommentiert Helen Pelzmann, Verantwortliche für die Initiative "Women. Fast Forward" bei EY Österreich, die Ergebnisse. Aktuell ist in österreichischen börsennotierten Unternehmen nur jedes achte Vorstandsmitglied weiblich. Zumeist ist diese Frau allein unter Männern. "Man setzt offensichtlich weiterhin mehrheitlich auf Genderhomogenität in den österreichischen börsennotierten Unternehmen", sagt Pelzmann.

Maßnahmen gefordert

Die Gleichstellung von Frauen und Männern in der Wirtschaft erfordert umfassende Maßnahmen, um langfristige Veränderungen zu bewirken. Gezielte Programme zur Förderung von Frauen in Führungspositionen sowie transparente Gehaltsstrukturen können dazu beitragen. Zudem bedarf es weiterer rechtsverbindlicher Vorgaben. Die von den EU-Mitgliedsstaaten und vom Europäischen Parlament vorgegebene Geschlechterquote, welche ab 2026 umzusetzen ist, ist ebenfalls ein wesentlicher Schlüssel. Demnach sollen mindestens 40 Prozent der Aufsichtsratsposten oder 33 Prozent der Vorstands- und Aufsichtsratsposten an das jeweils unterrepräsentierte Geschlecht gehen.

Zudem müsse die Vereinbarkeit von Beruf und Familie für beide Geschlechter vorangetrieben werden: "Bis auf Ausnahmen wird das Zusammenspiel von Beruf und Familie fast ausschließlich als eine Frauen, aber nicht Männer betreffende Frage diskutiert. Lenkungs- und Vereinbarkeitsmaßnahmen für Männer werden in vielen Unternehmen wenig forciert. Um Frauen in Führungspositionen zu unterstützen, muss der Blick auf beide Geschlechter gerichtet und es müssen individuelle Lebensmodelle gefördert werden", sagt Pelzmann.

Gesetzliche Quote greift

Der Anteil weiblicher Aufsichtsratsmitglieder ist seit dem Beginn der Erhebung im Jahr 2015 in jedem Jahr kontinuierlich gestiegen. Seit mit 1. Jänner 2018 die gesetzliche Genderquote von 30 Prozent in Kraft getreten ist, erhöhte sich der Frauenanteil in den Kontrollgremien der im Wiener Börsen Index gelisteten Unternehmen deutlich und kontinuierlich von 18,8 Prozent auf aktuell 31 Prozent.

Von den derzeit 541 Aufsichtsratsmitgliedern sind 167 Frauen. In 50 der 56 untersuchten Unternehmen gibt es aktuell mindestens eine Frau im Gremium. 38 Unternehmen beschäftigen zwei Aufsichtsrätinnen. Der Anteil weiblicher Gremiumsmitglieder auf Kapital- und Arbeitnehmerseite ist darüber hinaus nahezu identisch: Rund drei von zehn Aufsichtsratsmitgliedern sind damit Frauen. "Seit der Implementierung der Quotenregelung hat sich der Frauenanteil in den Kontrollgremien signifikant erhöht, selbst wenn sie eine umstrittene Maßnahme darstellt. Die Quote hat dazu beigetragen, die Themen Diversität und Gleichstellung verstärkt in den Fokus der Unternehmensagenda zu rücken", sagt Pelzmann. (red, 7.2.2024)