Großvater und Enkelkind.
Stets gemütlich und vom Opa in Anspruch genommen: Dass die Großelternkarenz so aussehen könnte, halten Kritiker:innen der Idee für unwahrscheinlich.
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Wenn es nach der ÖVP geht, könnten erwerbstätige Großeltern bald Karenz in Anspruch nehmen. Sie würden jetzt schon eine wichtige Rolle in der Kindererziehung einnehmen und somit "die Wertschätzung erfahren, die sie verdienen", ist im "Österreich-Plan" von Kanzler Nehammer zu lesen. Auch wenn von Großeltern die Rede ist – de facto sind damit wohl Großmütter gemeint. Kinderbetreuung und Hausarbeit sind in Österreich schließlich immer noch Frauensache. Wie das Wiedereinstiegsmonitoring der Arbeiterkammer zeigte, sank die Beteiligung von Vätern an der Elternkarenz zuletzt sogar: Von ohnehin niedrigen 15 Prozent 2016 auf 13 Prozent im Jahr 2018. Und auch die Zeitverwendungsstudie der Statistik Austria belegte, dass Frauen trotz kleiner Fortschritte deutlich mehr unbezahlte Arbeit verrichten als Männer.

"Meilenstein für die Wahlfreiheit"

Abhilfe könnte hier die Großelternkarenz schaffen, zeigt sich Frauenministerin Susanne Raab überzeugt. Diese sei ein "Meilenstein für die Wahlfreiheit von Familien und zur Stärkung der Frauen", so Raab in einer Aussendung der Volkspartei.

Monika Salzer, Gründerin der Omas gegen Rechts, kritisiert das Konzept hingegen scharf. "Die Regierung hat es verabsäumt, Eltern ein ordentliches Betreuungsangebot zur Verfügung zu stellen. Und jetzt will man die Ressource Großeltern anzapfen", so Salzer im STANDARD-Gespräch. Noch immer halte man in Österreich an einem traditionellen Familienbild fest, das Frauen zu Hause mit den Kindern verortet. "Das bringt Frauen in Abhängigkeit und führt sie letztendlich in die Altersarmut", sagt Salzer.

Wenn Oma nicht in Karenz will

Auch die Vorstellung, dass Großmütter beziehungsweise Großeltern liebend gerne die Kinderbetreuung übernehmen würden, sieht Salzer kritisch. "Für uns Großeltern war es oft schon eine herausfordernde Aufgabe, unsere eigenen Kinder großzuziehen. Großmütter haben genug geleistet und sollen auch einmal ein Stück Freiheit genießen."

Statt nach Ungarn, wie die ÖVP, blickt Salzer nach Frankreich, wo es ein gut ausgebautes Netz an pädagogischen Einrichtungen gibt – auch für Kleinkinder. "Das sind professionelle Einrichtungen, in denen Kinder bestmöglich gefördert werden. Ein solches bildungspolitisches Konzept braucht es auch in Österreich", sagt Salzer.

Die Volkspartei hingegen wolle Frauen zurück an den Herd drängen, so die Aktivistin. "Im Grunde ist eine solche Familien- und Sozialpolitik erschütternd einfallslos und gefährlich für Frauen. Es bleibt nur zu hoffen, dass Ideen wie diese nur für den nächsten Aufreger herhalten müssen und sowieso nie umgesetzt werden." (Brigitte Theißl, 10.2.2023)