Großmutter und Enkel
Die Einführung einer Großelternkarenz hätte nicht nur individuelle, sondern auch strukturelle Auswirkungen für Frauen.
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Für Bundeskanzler Karl Nehammer ist Ungarn ein Vorbild – zumindest wenn es um die Kinderbetreuung geht. In seinem "Österreich-Plan" präsentierte er den Vorschlag, dass künftig auch berufstätige Großeltern in Karenz gehen können, wie es bereits bei unserem Nachbarn möglich ist. Mit den Enkeln spielen und Zeit verbringen, das schätzen zwar viele Großeltern. Eine Karenz würde aber mehr bedeuten, als ab und zu einmal aufzupassen. Die Hauptbetreuungszeit müsste dann vom Opa – oder besser gesagt von der Oma – abgedeckt werden. Schließlich übernehmen die Pflege und Betreuung von Familienangehörigen nach wie vor großteils Frauen.

In der Realität wäre die Großelternkarenz also eher eine Oma-Karenz – und damit eine weitere Unterbrechung in weiblichen Erwerbsbiografien. Das würde nicht nur finanzielle Einbußen im Alltag und später auch in der Pension bedeuten, sondern hätte zusätzlich noch Auswirkungen auf struktureller Ebene. Denn wenn schon nicht die Mama bei den Kindern zu Hause bleibt, dann bitte wenigstens die Oma. Ältere Arbeitnehmerinnen würden auch als unsichere Arbeitskräfte gelten, die erneut wegen des Nachwuchses ausfallen. Das würde die Diskriminierung am Jobmarkt verstärken.

Dabei gäbe es eine naheliegende Lösung, die nicht nur Vorteile für Mütter und Großmütter hätte, sondern für die gesamte Familie: die Väterkarenz und den Ausbau der institutionellen Kinderbetreuung. Dafür braucht es nicht nur ein großes Budget, sondern auch einiges an Überzeugungsarbeit in der Gesellschaft. Mit ihrem Vorschlag sendet die Volkspartei aber ein Signal in die entgegengesetzte Richtung. Die Oma wird's schon richten, lautet die Devise der ÖVP, die nichts zu einer gerechteren Verteilung von Erwerbs- und Erziehungsarbeit zwischen den Geschlechtern beiträgt. (Anika Dang, 4.2.2024)