Die Betroffenheit war groß, als Alexandra Föderl-Schmid plötzlich vermisst wurde. In den meisten Redaktionen herrschte bedrückte Stimmung – und das Aufatmen war groß, als sie einen Tag später gefunden wurde, Mega-Flowerrain auf Social Media inclusive. Der Zusammenhang mit den Plagiatsvorwürfen gegen die Top-Journalistin, Vize-Chefredakteurin der Süddeutschen Zeitung und Ex-STANDARD-Chefredakteurin, war schnell hergestellt. Die Beschuldigungen, die ein von einer rechten Plattform bezahlter "Plagiatsjäger" auf X erhoben hatte – ohne schlagende Beweise vorzulegen –, rüttelten die Branche durch.

Nun soll hier nicht über Motive eines temporären Verschwindens spekuliert werden. Aber es war sehr bedrohlich, wie manche hier versuchten, die Reputation einer öffentlichen Person, einer bekannten Journalistin, einer Frau sofort in Grund und Boden zu stampfen. Kein Nachdenken, kein Innehalten und Nachfragen, stattdessen Häme und Schadenfreude. Nicht zuletzt Twitter/X hat die Diskussionskultur in weiten Teilen der Gesellschaft zerstört, sie wirkt bisweilen wie ein Speikübel für niedere Instinkte. Mögliches Gegenmittel: Journalistinnen und Journalisten hören damit auf, diese und andere Plattformen-Multis mit journalistischen Inhalten zu füttern. So oder so sollten sie auf andere Weise nicht länger mitspielen und einander grundsätzlich Respekt zollen, egal, welche politische Meinung einer oder eine hat – Hauptsache, der Text, um den es geht, ist gut recherchiert und argumentiert. Das allein machte schon einen Unterschied, denn darum geht es bei gutem Journalismus.

Aufklärung und Schutz

Große Verantwortung liegt auch auf den Schultern der Medienhäuser. Ihre Aufgabe ist es künftig verstärkt, einerseits für Transparenz zu sorgen und Vorwürfe sauber aufzuarbeiten. Andererseits aber müssen sie ihre Redakteurinnen und Redakteure vor Angriffen verstärkt schützen. Denn die Absicht hinter den Anschüttungen, Diffamierungen und Drohungen ist eine klar politische: Hier soll der liberale unabhängige kritische Journalismus verleumdet und – wie Hans Rauscher schrieb – in letzter Konsequenz vernichtet werden. Dieser Absicht müssen sich Medienhäuser mit aller Kraft entgegenstemmen und den Druck, der auf ihren Redaktionen lastet, so gut wie möglich abfedern. Besonderen Schutz benötigen darüber hinaus Jene, die frei arbeiten.

Ob soziale Medien eingehegt werden können, wird eine Schicksalsfrage für die Demokratie sein.
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Es ist auch hoch an der Zeit, den Ball an die Politik zurückzuspielen. Wie wir die multinationalen Plattformen, von X bis Tiktok, künftig dazu bringen, ein Mindestmaß an Regeln einzuhalten, wird eine Schicksalsfrage für die Demokratie. Eine weitere lautet: Wer wird gefördert, welche Qualitätskriterien werden für das Ausspielen öffentlicher Inserate angelegt? Wer sich an Hass und Hetze beteiligt oder diese zulässt, soll mit Konsequenzen rechnen müssen.

Problematisch ist freilich, dass die meisten Politiker und Funktionsträger zwischen kritischer, manchmal unangenehmer Berichterstattung und purer Diffamierung kaum unterscheiden können. Nicht zufällig hat Österreichs Regierung die EU-Schutzrichtlinien für Journalistinnen und Journalisten noch nicht umgesetzt. Man ist entweder absichtlich säumig oder weiß gar nicht, wo man anfangen soll. Dieser Schutz ist einzufordern. Medien müssen sich wehren. Es ist höchste Zeit. (Petra Stuiber, 11.2.2024)