Viele Menschen leiden nach wie vor an Long Covid. Anspruch auf eine Versehrtenrente nach der Unfallversicherung haben sie laut dem Obersten Gerichtshof grundsätzlich nicht.
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Wer sich in der Arbeit verletzt, hat Anspruch auf eine Versehrtenrente der Unfallversicherung. Laut einer aktuellen Entscheidung des Obersten Gerichtshofs (OGH) gilt das im Fall von Virusinfektionen aber nur in absoluten Ausnahmen. Eine Frau, die sich im Frühjahr 2020 in der Arbeit mit Covid-19 ansteckte und noch immer an den Folgen leidet, bekommt deshalb keine Leistungen aus der Unfallversicherung (OGH 16.1.2024, 10 ObS85/23g).

Arbeit im Sanitätsstab

Die Frau war als Landesbedienstete im Frühjahr 2020 im Sanitätsstab tätig, der sich mit der gerade ausgebrochenen Covid-19-Pandemie beschäftigte. Sie arbeitete in einem Großraumbüro, damals noch ohne Plexiglasscheiben und FFP2-Masken. Aufgrund des großen Arbeitsaufwands musste sie laut der Entscheidung teilweise am Dienstort übernachten.

Im April steckte sie sich in der Arbeit mit Covid-19 an und musste in stationäre Behandlung ins Krankenhaus. Weil sie nach wie vor an Symptomen leidet und sich in ärztlicher Behandlung befindet, beantragte sie bei der Unfallversicherung eine Versehrtenrente, die die Mehrbelastung durch die Erkrankung ausgleichen soll. Die Versicherung lehnte jedoch ab: Eine Infektion mit Covid-19 gelte nicht als Dienstunfall, auch eine Berufskrankheit liege nicht vor. Diese seien über die Unfallversicherung nur ausnahmsweise versichert.

Kein Unfall, keine Berufskrankheit

Die Frau zog daraufhin vor Gericht, scheiterte letztlich aber auch vor dem Obersten Gerichtshof. Berufskrankheiten werden nur dann als solche anerkannt, wenn strenge gesetzliche Voraussetzungen erfüllt sind. Das sei bei Infektionserkrankungen wie Covid-19 nur in Ausnahmen der Fall, heißt es sinngemäß in der Entscheidung.

Auch eine Einstufung als Arbeitsunfall ist laut dem Obersten Gerichtshof nicht möglich. Laut den Höchstrichterinnen und Höchstrichtern wäre dies nur bei Erkrankungen denkbar, die durch "unfallartige Ereignisse" verursacht werden, zum Beispiel durch Insektenstiche oder durch Injektionen mit einer infizierten Nadel.

Genauso entschieden hat der OGH zeitgleich im Fall eines Polizisten, der sich im Jänner 2021 in der Arbeit mit Covid-19 infizierte (OGH 16.1.2024, 10 ObS68/23g). Die Frage, ob Long-Covid-Patienten einen Anspruch auf Versehrtenrente nach der Unfallversicherung haben, beschäftigt die Gerichte derzeit in vielen weiteren Verfahren. Mit seinen aktuellen Urteilen hat der OGH die Richtung vorgegeben. Anders könnten Fälle zu beurteilen sein, in denen Arbeitnehmer in ihrem Arbeitsumfeld, zum Beispiel in einer Teststraße oder einem Krankenhaus, besonderen Gefahren ausgesetzt waren. (Jakob Pflügl, 13.2.2024)