Eine Gruppe Menschen legt ihre Hände zum Kreis zusammen, Ausschnitt auf Hände
Die Personalstrategie sollte auch im Aufsichtsrat im Mittelpunkt stehen.
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GASTBEITRAG: Christian Havranek

Es gibt keine Unternehmensstrategie, die nicht essenzielle Fragen der Findung, Gewinnung, Entwicklung und Bindung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern beantworten muss. Dasselbe gilt für Themen wie generationale Zusammenarbeit oder die unternehmensweite Entwicklung und Pflege digitaler Kompetenzen. Moderne Aufsichtsräte verstehen sich hier als aktive Sparringpartner des Vorstandes und fordern eine People-& -Culture-Strategie, die nachhaltig zur erfolgreichen Unternehmensentwicklung beiträgt. Dabei sind drei Ebenen zu berücksichtigen: die Arbeit selbst, die Art und Weise, wie und wo wir sie verrichten, und die Frage der Gewinnung und Entwicklung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Alle drei haben sich in den vergangenen drei Jahren, auch pandemiebedingt, umfassender verändert als in den 20 Jahren davor.

Hier hilft ein 360°-Blick auf die verschiedenen HR-strategischen Aspekte:

"Board minus 1"

Obwohl – und gerade weil – die Entwicklung der Schlüsselführungskräfte des Unternehmens in der direkten Verantwortung des Management-Boards liegt, muss sich der Aufsichtsrat dafür interessieren, wie gut diese Positionen besetzt sind, wie die einzelnen Personen performen, ob die Nachfolgeplanung und der Umgang mit dem Risiko unerwarteter Abgänge gut gelöst sind, wie zeitgemäß das Kompensationsmanagement ist und ob es mit den Vergütungsprinzipien des Management-Boards korrespondiert.

People & Culture strategisch planen

Heute muss jede Organisation die wesentlichen personalstrategischen Stoßrichtungen, Ziele, Umsetzungen und ein entsprechendes Zielerreichungs- und Monitoringsystem von der Geschäftsstrategie ableiten. Die Entwicklung einer solchen Strategie ist zweifellos eine gemeinsame Aufgabe von Management-Board, Business- und HR-Fachleuten. Darüber hinaus ist es aber sinnvoll, Strategie und Umsetzung auch in einem inhaltlichen Dialog mit dem Aufsichtsrat zu hinterfragen und mit Benchmarks und Praktiken anderer Unternehmen zu vergleichen.

Ob Führungskräftebeurteilung und -entwicklung, personalbezogene Kennzahlen, IT-Systeme oder Kompetenzentwicklung: In einem HR-Umfeld, das sich dynamisch entwickelt, muss der Aufsichtsrat ein ehrgeiziger Dialogpartner des Management-Boards sein, der immer wieder den Next Level einfordert und dadurch auch dessen Ehrgeiz für exzellentes HR-Management fördert.

Reifegrade vergleichen

Heute helfen anerkannte Rahmenwerke Organisation dabei, ihre Reifegrade im Bereich People & Culture regelmäßig zu hinterfragen und zu überprüfen. Sie eignen sich für eine Vielzahl von Disziplinen, vom strategischen und operativen Personalmarketing über die Social-Media-Kommunikationsstrategie, professionelles Recruiting unterschiedlicher Zielgruppen, digital unterstütztes Onboarding und professionelles Karriere- und Kompensationsmanagement bis hin zur organisationsweiten Sicherstellung von Diversität, Inklusion, Chancengleichheit und Generationenmanagement.

Aufsichtsräten ermöglicht das, gemeinsam mit dem Vorstand den HR-Reifegrad auf Basis vereinbarter Benchmarks zu bewerten und Optimierungspotenziale zu bestimmen. Dabei können alle personalbezogenen Aspekte der Organisation und Prozesse, der Klarheit der HR-Rollen und Professionalisierung aller, die sie ausfüllen – von Business-Partnern bis zu Fachexperten und -expertinnen –, einbezogen werden. Nicht zu vergessen der immer wichtigere Einsatz unternehmensweiter, integrierter Softwarelösungen. Diese HR-Suiten in der Software-as-a-Service-Technologie inkludieren auch Plattformen für kuratiertes Lernen. Einige können als Metaplattformen global etablierte virtuelle Lernformate wie Linkedin-Learning integrieren und ermöglichen dadurch auch kleinen Organisationen den Zugang zu globalem Wissen.

Wesentlich ist auch eine diversitätsaffine Führungsmannschaft, die Inklusion in allen Aspekten ihres Handelns und insbesondere bei personalwirtschaftlichen Entscheidungen berücksichtigt. Es gibt jedenfalls noch viel zu tun. Ein aktiver Aufsichtsrat kann und sollte da wichtige Entwicklungsimpulse setzen, aber auch einfordern. (Christian Havranek, 5.3.2024)