"Streit der Königinnen" im Linzer Landestheater.
Barbara Pálffy

Es ist fraglich, ob Königin oder König heute noch zu den angestrebten Berufsbildern zählen. Die realen Royals werden von Paparazzi ihres Privatlebens beraubt und machen den ganzen Tag winke, winke. Und die Reality-TV-Majestäten aus dem RTL-Dschungel müssen sich ihre befristete Regentschaft durch den Verzehr von Schweineanus und Kotzfruchtsmoothie verdienen.

War das vor 500 Jahren besser? Ach wo. Am Landestheater Linz veranschaulicht gerade der "Musicalthriller" Die Königinnen, welchen Stressfaktoren Elisabeth I. und Maria Stuart lebenslänglich ausgesetzt waren. Stichworte: Revolten, Attentate, Heiratspolitik und mangelnde (zahn)medizinische Versorgung. Es war ein Kampf.

Verkehrten die englische und die schottische Königin ihrerzeit nur brieflich miteinander, so stehen die Rivalinnen in Linz gemeinsam auf der Bühne, singen und interagieren, hadern mit sich, der Welt und der jeweiligen "lieben Cousine". Die verwandtschaftlichen Kabalen machtpolitischer Art bilden das Zentrum des dichten Librettos von Henry Mason, einen Schnelldurchlauf durch Marias Liebes- und Leidenstour gibt’s noch gratis mit dazu.

Dunkle Felsformationen und glitzernde Kostüme

Vor dem Hintergrund von nebelschwadenumwogten, sich ständig neu arrangierenden, rabenschwarzen Felsformationen (Bühne: Stephan Prattes) lässt Simon Eichenberger (Regie und Choreografie) Marias glückliche Jahre in Paris, die Rückkehr als Witwe des französischen Königs nach Schottland, die darauffolgenden Mesalliancen sowie die Jahre der Gefangenschaft in englischen Schlössern actionreich Revue passieren. Musicalthriller ist: wenn der Geschichte grausamer Gang gerinnt zu Gruppentanz und Schmachtgesang.

Letzterer wird von Alexandra-Yoana Alexandrova (als Maria Stuart) und Daniela Dett (als Elisabeth) in goldglitzernden Roben (Kostüme: Conny Lüders) makellos und mit eher prinzessinnenhaften Stimmen performt; da bringt Sanne Mieloo als Marie de Guise mehr königlichen Schneid ein. Die Männer sind auch alle super und tanzen megakraftvoll, Christian Fröhlich hat als englischer Staatssekretär Cecil zudem Haare und Bart wunderschön.

Die enorm wandelbare, anspruchsvolle Musik von Thomas Zaufke (Orchestrierung: Markus Syperek) kann man sowieso nicht genug loben, das vom tollen Tom Bitterlich geleitete Bruckner-Orchester Linz auch nicht. Nach der preisgekrönten Produktion Der Hase mit denBernsteinaugen ist Zaufke/Mason der nächste Coup geglückt. Wie Musical geht, das weiß man in Linz dank Spartenchef Matthias Davids: In der letzten Spielzeit begeisterte man damit insgesamt über 100.000 Gäste, die Auslastung betrug um die 90 Prozent. Amazing! (Stefan Ender, 13.2.2024)