Video: Deutschland dürfte zuletzt 1992 auf Ausgaben in Höhe von zwei Prozent des BIP gekommen sein.
AFP

Berlin/Brüssel – 18 der 31 Mitgliedsstaaten der Nato werden nach Angaben von Generalsekretär Jens Stoltenberg in diesem Jahr das Zwei-Prozent-Ziel bei den Militärausgaben erreichen. Die Ausgaben der europäischen Partner würden sich auf insgesamt 380 Milliarden Dollar summieren, sagt Stoltenberg vor Beginn von Beratungen der Nato-Verteidigungsminister am Mittwoch in Brüssel.

Deutschland meldet Rekordsumme an Verteidigungsausgaben an Nato

Deutschland hat der Nato erstmals seit drei Jahrzehnten wieder geplante Verteidigungsausgaben in Höhe von zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts gemeldet. Nach Recherchen der Deutschen Presse-Agentur übermittelte die Bundesregierung für das laufende Jahr einen Betrag, der umgerechnet in Vergleichszahlen des Verteidigungsbündnisses einer Summe von 73,41 Milliarden Dollar (ca. 68,5 Milliarden Euro) entspricht. Dies ist für Deutschland in absoluten Zahlen ein Rekordwert. Nach aktueller Nato-Prognose bedeutet die Summe eine BIP-Quote von 2,01 Prozent. In der Vergangenheit war Deutschland nach Dokumenten aus dem Nato-Archiv zuletzt 1992 auf Ausgaben in Höhe von zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) gekommen. In den Jahren des Kalten Krieges hatte die Quote meist bei über drei Prozent gelegen.

Mit der drastischen Steigerung der Verteidigungsausgaben reagiert die Bundesregierung insbesondere auf Russlands Einmarsch in die Ukraine. Durch eine deutliche Stärkung von Abschreckung und Verteidigung soll Kreml-Chef Wladimir Putin deutlich gemacht werden, dass ein Angriff auf ein europäisches Nato-Land keinerlei Erfolgschancen hätte. Mit dem Geld werden nach Angaben des Verteidigungsministeriums unter anderem neue Schützenpanzer, Fregatten, U-Boote und hochmoderne Mehrzweckkampfflugzeuge vom Typ F-35A finanziert werden.

Krieg in der Ukraine

Hilfreich könnten die Zahlen zudem auch mit Blick auf eine mögliche Wiederwahl von Donald Trump bei den US-Präsidentschaftswahlen im November sein. Der Republikaner hatte am Wochenende bei einem Wahlkampfauftritt deutlich gemacht, dass er Bündnispartnern mit geringen Verteidigungsausgaben im Fall eines russischen Angriffs keine amerikanische Unterstützung gewähren würde. Trump hatte bereits in seiner Amtszeit von 2017 bis 2021 immer wieder über die seiner Ansicht nach zu niedrigen Verteidigungsausgaben von europäischen Alliierten gewettert und zeitweise sogar mit einem Austritt der USA aus dem Bündnis gedroht.

Das derzeit gültige Nato-Ziel für die Verteidigungsausgaben sieht vor, dass die Bündnismitglieder dauerhaft jährlich mindestens zwei Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts in Verteidigung investieren. Es wurde im vergangenen Sommer angesichts der Bedrohungen durch Russland beschlossen. Das bis dato gültige Ziel sah lediglich vor, dass sich alle Bündnisstaaten bis 2024 dem Richtwert annähern, mindestens zwei Prozent ihres BIPs für Verteidigung auszugeben.

Sondervermögen ermöglicht Erhöhung

Ermöglicht wird die massive Erhöhung der deutschen Verteidigungsausgaben derzeit durch ein Sondervermögen in Höhe von 100 Milliarden Euro. Dieses wird allerdings voraussichtlich 2027 aufgebraucht sein. Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) drängt deswegen darauf, schnell einen Plan zu entwickeln, wie Deutschland dauerhaft die Nato-Zielvorgaben erreichen kann. "Wir haben die Zusage des Kanzlers, dass wir bis in die 2030er-Jahre hinein mindestens zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts in die Verteidigung investieren", sagte Pistorius jüngst dem "Spiegel". Das absehbare Auslaufen des Sondervermögens müsse sich in der Finanzplanung niederschlagen. (APA, dpa, 14.2.2024)