Über dem Kapitol in Washington ziehen sich dunkle Wolken zusammen: Im Streit über Ukraine-Hilfen ist keine Einigung in Sicht.
Über dem Kapitol in Washington ziehen sich dunkle Wolken zusammen: Im Streit über Ukraine-Hilfen ist keine Einigung in Sicht.
AP/Jose Luis Magana

Donezk/Berlin/Riga/Washington – Der Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses bekräftigt seine Ablehnung eines Gesetzesentwurfs für Hilfen an die Ukraine, Israel und Taiwan. Er habe nicht vor, eine Abstimmung in der Kongresskammer über die entsprechende Vorlage des Senats zu erlauben, sagte Mike Johnson am Mittwoch vor Journalisten.

Der Republikaner wiederholte seine Kritik, dass in dem Paket mit einem Volumen von 95 Milliarden Dollar (88,02 Milliarden Euro) keine Gelder für die Sicherung der Grenze zu Mexiko enthalten seien. "Wir werden weiter verlangen, dass wir uns zuerst um unsere eigenen Probleme kümmern, bevor wir uns um die überall auf der Welt kümmern."

Ukraine versenkt russisches Landungsschiff

Die ukrainischen Streitkräfte haben nach eigenen Angaben ein großes russisches Landungsschiff vor der Halbinsel Krim versenkt. Es handle sich um die Caesar Kunikow, teilte das Militär am Mittwoch mit. Die Ukrainer hätten das Landungsschiff unweit der Stadt Alupka mit Seedrohnen des Typs Magura V5 attackiert, teilte der Militärgeheimdienst HUR am Mittwoch in Kiew mit. Die Behörde veröffentlichte auch ein Video, das den Moment des Angriffs zeigen soll.

Die Drohnen hätten die Backbordseite des Schiffes durchschlagen und es zum Sinken gebracht. Der Angriff habe in der Nähe des Schwarzmeer-Kurortes Alupka unweit von Jalta an der Südküste der 2014 von Russland besetzten und annektierten Krim stattgefunden. Der Kreml wollte die Berichte am Mittwoch nicht kommentieren. Das russische Verteidigungsministerium sprach lediglich von sechs ukrainischen Drohnen, die in der Nacht angeblich erfolgreich über dem Schwarzen Meer abgeschossen worden seien.

Video bestätigt

Der ukrainische Militärgeheimdienst HUR veröffentlichte auf dem Kurznachrichtendienst Telegram unscharfes Bildmaterial, das mehrere Marinedrohnen zeigen soll, die sich nachts einem großen Schiff nähern, und wie es zu mindestens einer großer Explosion kommt. Reuters konnte das Schiff in dem Video anhand des Hauptmastes, der Antenne, der Brücke und des Decks als die Caesar Kunikow identifizieren. Ort und Datum der Aufnahmen konnten nicht unabhängig überprüft werden. Einige der Aufnahmen am Ende des Videos schienen schwere Schäden zu zeigen, da das Schiff stark zur Seite kippt. Die Kunikow war eines der neuesten Kriegsschiffe Russlands, hatte eine Besatzung von 87 Mann und war auch schon in Kriegen in Georgien und Syrien eingesetzt worden.

Die Ukraine verteidigt sich seit fast zwei Jahren gegen eine großangelegte russische Invasion. Das ukrainische Militär hat dabei mehrfach bereits russische Kriegsschiffe mit Raketen und mit Sprengstoff beladenen Seedrohnen versenkt oder zumindest schwer beschädigt. Die russische Schwarzmeerflotte konnte damit mittlerweile weitgehend aus dem Westteil des Schwarzen Meeres verdrängt werden. Im Dezember wurde ein großes russisches Landungsschiff von ukrainischen Marschflugkörpern getroffen. Mindestens ein Mensch kam dabei ums Leben. 2022 versenkten die ukrainischen Streitkräfte das Herzstück der russischen Schwarzmeerflotte, den Raketenkreuzer Moskwa.

Russische Luftangriffe

Bei russischen Luftangriffen im Osten der Ukraine sind indes nach ukrainischen Angaben in der Nacht auf Mittwoch drei Menschen getötet worden, darunter eine Schwangere und ein neunjähriges Kind. Zwölf Menschen seien verletzt worden, als die Stadt Selydowe in der Oblast Donezk beschossen worden sei, erklärte die dortige Stadtverwaltung auf dem Kurzmitteilungsdienst Telegram. Ein Krankenhaus und mehrere Wohnhäuser seien beschädigt worden. Der Gouverneur von Donezk, Wadym Filaschkin, teilte auf Telegram mit, 100 Patientinnen und Patienten seien in andere Krankenhäuser in nahegelegenen Ortschaften in Sicherheit gebracht worden.

Ein Mann steht vor einem zerstörten Krankenhaus.
Ein Mann steht vor einem Krankenhaus, das bei einem Angriff in Selydowe beschädigt wurde.
via REUTERS/VADYM FILASHKIN

Die staatliche russische Nachrichtenagentur Ria Nowosti berichtete über den Abschuss von neun aus der Ukraine gestarteten Drohnen über den russischen Regionen Belgorod und Woronesch und über dem Schwarzen Meer. Die Agentur beruft sich auf das Verteidigungsministerium in Moskau. Zwei der Drohnen seien über russischem Gebiet abgeschossen worden, sechs Drohnen über dem Schwarzen Meer. Der Gouverneur der Region Belgorod, Wjatscheslaw Gladkow, teilte in den sozialen Medien mit, eine Frau sei mit Verletzungen ins Krankenhaus eingeliefert worden.

Der Kreml dementiert außerdem einen Bericht der Nachrichtenagentur Reuters, wonach der russische Präsident Wladimir Putin der Regierung in Washington 2023 über Vermittler signalisiert haben soll, dass er einen Waffenstillstand in Betracht ziehen würde. Dies sei nicht wahr, erklärt das Präsidialamt am Mittwoch in Moskau. Insidern zufolge sollen die USA den Vorstoß zurückgewiesen haben.

Video: Ukraine meldet Zerstörung von russischem Kriegsschiff.
AFP

Putin segnet Gesetz zur Enteignung von Kriegskritikern ab

Der russische Machthaber Wladimir Putin hat ein Gesetz zur Beschlagnahmung des Eigentums von Kriegsgegnern und Staatsfeinden abgesegnet. Das entsprechende Dekret wurde am Mittwoch in der russischen Gesetzesdatenbank veröffentlicht. Das Gesetz besagt, dass Besitz, der durch die Verbreitung angeblicher Falschinformationen über die russische Armee oder Aufrufe zur Gefährdung der nationalen Sicherheit Russlands erworben worden sei, eingezogen werde. Wie das Gesetz in der Praxis angewendet werden soll, ist noch unklar. "Apriori irgendwelche Besorgnisse auszusprechen, halten wir für unbegründet", sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow zu möglicher Kritik.

Peskow dementierte, dass es sich um eine Neuauflage des sowjetischen Gesetzes zur Konfiskation des Eigentums von Volksfeinden handle. Speziell in der Ära von Sowjetdiktator Josef Stalin wurden hunderttausende Russen zu Volksfeinden erklärt, enteignet und in Lager gesperrt – oder getötet.

Lettland bestellt Geschäftsträger der russischen Botschaft ein

Lettland hat wegen der Aufnahme von Politikern des baltischen EU- und Nato-Landes in eine russische Fahndungsliste den Geschäftsträger der russischen Botschaft in Riga vorgeladen. Bei dem Gespräch an diesem Mittwoch solle der Diplomat um Erklärungen zu einer öffentlich zugänglichen Liste mit den Namen ehemaliger und aktueller Amtsträger Lettlands gebeten werden, gegen die von Russland politisch motivierte Anklagen erhoben worden seien, teilte das Außenministerium am Dienstagabend mit. Das Ministerium steht nach eigenen Angaben auch in Kontakt mit den Strafverfolgungsbehörden Lettlands, um die Informationen zu überprüfen. Zudem arbeite man mit EU-Partnern zusammen, um das Thema auf globaler Ebene anzugehen, hieß es in der Mitteilung weiter.

Russland hat Politiker aus den baltischen Staaten auf eine Fahndungsliste gesetzt. Darauf finden sich Medien zufolge neben Estlands Regierungschefin Kaja Kallas und Litauens Kulturminister Simonas Kairys auch mehr als 80 lettische Politiker. Die russischen Behörden werfen den Balten den Abriss sowjetischer Kriegsdenkmäler vor.

In Lettland mussten nach einem unter dem Eindruck des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine gefassten Parlamentsbeschluss alle Objekte, die totalitäre Regime verherrlichen, bis zum 15. November 2022 demontiert werden. Die Regelung zielte speziell auch auf den Abriss des sowjetischen Siegesdenkmals in Riga. Die Abgeordneten, die damals dafür gestimmt haben, sollen nun auf der Fahndungsliste stehen.

Russlands Parlament stimmt über Teilausstieg aus OSZE ab

Das russische Parlament stimmt kommende Woche über einen teilweisen Rückzug aus der OSZE ab. Das Votum sei für nächsten Mittwoch geplant, teilte Duma-Präsident Wjatscheslaw Wolodin mit. Der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) gehören 57 Staaten in Europa, Nordamerika und Asien an – darunter auch die Ukraine, Russland und die USA. "Es ist Zeit für uns, uns von der parlamentarischen Versammlung der OSZE zu verabschieden", erklärte Wolodin laut Duma-Website bei einer Sitzung des Unterhauses. "Der Organisation mangelt es absolut an Unabhängigkeit, sie ist politisiert, und sie tanzt nach der Pfeife Washingtons. Aber das Schlimmste an dieser Situation ist, dass wir auch Geld zahlen, und wir sind einer der größten Zahler."

Beide Parlamentskammern würden gleichzeitig über die Aussetzung der Teilnahme und die Einstellung der Zahlungen Moskaus an die OSZE abstimmen, sagte Wolodin. Da die Partei Einiges Russland, die Präsident Wladimir Putin unterstützt, eine sehr große Mehrheit im Parlament hat, ist Widerstand gegen eine entsprechende Resolution unwahrscheinlich. Seit Russlands Einmarsch in die Ukraine ist die OSZE weitgehend gelähmt, da die Regierung in Moskau immer wieder ihr Vetorecht nutzt. Die Ukraine und die baltischen Staaten weigerten sich Ende vergangenen Jahres, am jährlichen Außenministertreffen der OSZE teilzunehmen, weil dort der russische Außenminister Sergej Lawrow anwesend war. (APA, Reuters, red, 14.2.2024)