keeping up with the penthesileas
Im Kosmos-Theater Wien steigen die "Penthesileas" in einen echten Boxring.
Bettina Frenzel

Die US-amerikanische Realityserie Keeping Up with the Kardashians (2007–2021) handelt vom Alltag der gleichnamigen Celebrity-Familie, im Kern bestehend aus einer Mutter (Kris Jenner) und ihren fünf Töchtern Kim, Khloé, Kourtney, Kylie und Kendall. Sie haben es im Fach der Selbstvermarktung sehr weit gebracht. Kindsväter spielen in dieser Welt ausgesprochen untergeordnete Rollen.

Auf die Idee zu kommen, dieses hyperkapitalistische Matriarchat im Mythos der Amazonen und ihrer Königin Penthesilea zu spiegeln, ist das Verdienst des Autorenpaares Thomas Köck und Mateja Meded. Ihr Stück Keeping Up with the Penthesileas - from white feminism to neoliberal feminism hatte soeben in der Regie von Anna Marboe Uraufführung im Kosmos-Theater Wien.

Suffragetten-Trupp

Amazonen gelten als mythologisches Kriegerinnenvolk, das Männer lediglich zur Reproduktion duldet. Marboe versetzt die Penthesileas deshalb in einen Boxring, wo sie entsprechend dem Kardashian-Stil in eng gespanntem schwarzen Latex (Ausstattung: Mirjam Stängl) ihre Schaukämpfe absolvieren. Es sprechen die Körper! Die Seile dehnen sich weit! In einer Mischung aus Deutsch und Englisch moderiert eine Freiheitsstatue (Martin Hemmer) die Wrestlingshow, bei der ein Suffragetten-Trupp immer wieder Einspruch erhebt. Denn was haben "Selfmade-Nepo-Babys" mit Feminismus zu tun? Wie kann "der feuchte Traum des Patriarchats", als der sich die Kardashians gerieren, je als Werk der Emanzipation gelten?

Das Stück spielt auf pointiert-ätzende Weise mit den Mechanismen absurder Werteverkehrung. So weit, dass am Ende der Getränkekonzern Pepsi (Werbespot mit Kendall Jenner) selbst auf den Kapitalismus schimpft. Das Drama ist prall gefüllt mit Theorie (über das Patriarchat, über Werbung, Identität, Appropriation, den Markt etc.) und dabei nie fad. Höchstens 20 Minuten zu lang. (Margarete Affenzeller, 15.2.2024)