Elon Musk änderte das Verifizierungsmodell von Twitter und stellte es auf ein Abo-System um.
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X, vormals Twitter, soll Premium-Abonnements an Terroristen verkauft haben. Das geht aus einem Bericht des gemeinnützigen Tech Transparency Project (TTP) hervor. Insgesamt sollen 28 Konten von Personen und Organisationen auf der US-Sanktionsliste ein Häkchen erhalten haben. Damit würde die Social-Media-Plattform von Elon Musk gegen US-Sanktionen verstoßen.

Unter den Verifizierten befindet sich unter anderen der Hisbollah-Anführer Hassan Nasrallah mit über 93.000 Followern. Nasrallahs Konto wurde mit dem Label "ID-verifziert" versehen, was eigentlich bedeutet, dass sich der Libanese einen staatlichen Ausweis bei X vorgelegt hat. Darüber hinaus hat Twitter den iranischen Nachrichtensender Press TV mit einem goldenen Häkchen als verifizierte Organisation versehen. Ein solches Abo kostet monatlich etwa 1.000 Dollar. Auch die russische Tinkoff Bank verfügt über ein solches Checkmark. Auch die Huthi-Rebellen sind auf X mit Abo-Accounts vertreten, diese dürften aber erst im Lauf der kommenden Tage von den USA als Terrorgruppe eingestuft werden.

Laut TTP wurden die meisten Verifizierungen der fraglichen Konten vorgenommen, nachdem Elon Musk Twitter übernommen und eine Abogebühr für die Häkchen eingeführt hatte. X hat sich zu dem Bericht nicht gleich offiziell geäußert. Kurz nach Erscheinen des Berichts wurden aber fast alle Verifizierungen entfernt, nur jene von Press TV und der Tinkoff Bank waren noch vorhanden, wie "The Verge" berichtet.

X: "Kontoinhaber nicht direkt auf der Sanktionsliste"

Die Vorwürfe, X würde Geld von Terrororganisationen nehmen, wies man gegenüber dem US-Medium scharf zurück: "X hat einen robusten und sicheren Ansatz für unsere Monetarisierungsfunktionen, der die gesetzlichen Verpflichtungen einhält, zusammen mit einer unabhängigen Überprüfung durch unsere Zahlungsanbieter", heißt es darin. "Mehrere der im Tech-Transparenzbericht aufgeführten Konten sind nicht direkt auf Sanktionslisten aufgeführt, während einige andere möglicherweise sichtbare Kontoprüfzeichen haben, ohne dass sie irgendwelche Dienste erhalten, die Sanktionen unterliegen würden."

Die Plattform erklärte, man werde den Bericht von TTP prüfen und "gegebenenfalls Maßnahmen ergreifen". TTP widersprach der Darstellung von X daraufhin scharf. Wenn die genannten Konten nach der Darstellung von X nicht unter die US-Sanktionen fallen, warum wurden dann die blauen Haken von den meisten Accounts entfernt? Gleichzeitig würden sich Press TV und die Tinkoff Bank ganz klar auf der Sanktionsliste befinden, durften aber aus nicht erklärten Gründen ihre goldenen Abzeichen behalten.

US-Unternehmen sind wirtschaftliche Transaktionen mit Personen und Organisationen auf Sanktionslisten verboten. X dürfte neben den US-Gesetzen aber auch gegen die eigenen Richtlinien verstoßen haben, diese besagen nämlich, dass der Kauf von Premium-Abos verboten ist, wenn man in den USA von Finanzgeschäften, Warenhandel und Dienstleistungen ausgeschlossen ist.

Twitter bekam schon einmal recht

TTP weist darauf hin, dass es möglich, wenn auch unwahrscheinlich ist, dass X die blauen Häkchen an terroristische Gruppen verschenkt hat. Es ist auch möglich, dass eine dritte Partei das Verifizierungsprogramm von X mit einer falschen Identität überlistet hat, ein Problem, das die Plattform schon in der Vergangenheit plagte. Bereits in den Tagen vor der Gründung von Twitter war X Gegenstand eines vielbeachteten Rechtsstreits darüber, ob es Terroristen materiell unterstützt. Die Hinterbliebenen eines Opfers eines Anschlags des "Islamischen Staates" verklagten den Dienst, weil er es verabsäumt hatte, Konten zu sperren, die mit der Gruppe in Verbindung standen, und brachten ihren Fall im Februar 2023 vor den Obersten Gerichtshof. Das Gericht entschied jedoch einstimmig, Twitter nicht für die "Beihilfe" zu dem Anschlag zur Verantwortung zu ziehen. (red, 15.2.2024)