Heumarkt, Wien
Das Heumarkt-Areal ist in die Jahre gekommen. Die aktuellen Pläne für die Neugestaltung sehen nun einen Abriss und einen leicht erhöhten Neubau des Hotel Intercontinental sowie einen neuen Wohnturm vor. Das neue Hotel soll rund 48 Meter hoch werden, der zusätzliche wuchtige Wohnturm knapp 50 Meter.
APA/ROLAND SCHLAGER

Der geplante Umbau des zentralen Wiener Heumarkt-Areals ist seit mehr als zehn Jahren heftig umstritten – und aus dem Projektstadium noch nicht hinausgekommen. Das wirkt sich auch auf den Zustand des in die Jahre gekommenen Areals aus: Denn notwendige Investitionen wurden mit Blick auf die erwartete großflächige Neugestaltung durch das Unternehmen Wertinvest von Milliardär Michael Tojner seit Jahren ausgesetzt. Fortschritte gibt es kaum, ein Baustart ist nicht bekannt.

Mit den ursprünglichen Plänen, die bereits im Februar 2014 unter der damaligen rot-grünen Stadtregierung vorgestellt wurden, hat das aktuelle Vorhaben aber immer weniger gemeinsam. Denn zunächst war auch der Neubau eines Wohnturms mit 74 Meter Höhe zwischen Hotel Intercontinental und Konzerthaus geplant. Die Höhe des Turms inmitten der Unesco-Welterbezone Wiens wurde nach massiver Kritik über die Jahre zizerlweise vom Investor reduziert: Zunächst wurden 66,5 Meter vorgestellt, im Juni 2023 schrumpfte der Turm auf 56,5 Meter – und nur wenige Monate später, im September 2023, waren es 49,9 Meter. Der Grund für das Feilschen um jedes Stockwerk ist eine Entscheidung der Unesco: Diese hatte Wien bereits 2017 auf die Rote Liste gefährdeter Welterbestätten gesetzt. Darauf befindet sich Wien nach wie vor, auch wenn die Unesco die erneute Reduktion zuletzt positiv zur Kenntnis nahm.

In das Schlamassel am Heumarkt hat sich die Stadt selbst gebracht. Denn der Rahmenplan ermöglichte eben trotz massiver Unesco-Kritik von Anfang an ein Hochhaus auf dem Areal. Anders als die Stadt blieb die Unesco seither ihrer Linie treu: Die Höhe des bestehenden Hotel Intercontinental, rund 43 Meter, sollte demnach nicht überschritten werden.

Ob die Unesco nun eine neue Kompromisslösung mit einem knapp 50 Meter hohen Wohnturm akzeptiert, bleibt abzuwarten. Für März hat sich Unesco-Besuch in Wien angekündigt, die Baupläne sollen erneut beurteilt werden. Für Diskussionen dürfte nicht nur die Höhe des Hochhauses sorgen. Denn das Projekt sieht auch den Abriss und einen auf 48 Meter leicht erhöhten Neubau des Hotels vor. Dazu kommt, dass der Wohnturm auch in die Länge gewachsen ist, um die Höheneinbußen auszugleichen. Die nächste Entscheidung, ob Wien für ein weiteres Jahr auf der Roten Liste verbleibt oder gestrichen wird, fällt bei der Unesco-Sitzung im Juli im indischen Neu-Delhi.

Interventionsversuche bei "Krone" und "Heute"

Zuletzt sorgten in der Causa Heumarkt auch wiederholte mögliche Interventionen von Investor Tojner bei den Tageszeitungen "Heute" und "Krone" für eine genehme Berichterstattung für Aufsehen. Das geht aus einem Amtsvermerk der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) hervor, der die Beziehung zwischen Tojner sowie den Verlegern Eva und Christoph Dichand untersuchte. Die zahlreichen E-Mails und Nachrichten stammen aus den Jahren 2016 und 2017. "Bitte mach mir einen netten Bericht im HEUTE. Thx", schrieb etwa Tojner per SMS an Eva Dichand. Er bat auch um "Unterstützung bei Redaktion, damit Berichterstattung" zum Heumarkt-Umbau "freundlicher" werde.

Sowohl Eva Dichand als auch der damalige "Heute"-Chefredakteur Christian Nusser wiesen eine mögliche Beeinflussung der Berichterstattung auf Anfrage deutlich zurück. Weder Tojner "noch sein Umfeld haben bei mir wegen einer etwaigen Berichterstattung interveniert", schrieb Nusser in einer Stellungnahme. "Vielleicht zwei" Kontakte mit Tojner bei öffentlichen Terminen hätten sich auf Händeschütteln und Grußformeln beschränkt. Dass er sich mit Eva Dichand über das Thema Heumarkt und Tojner jemals näher ausgetauscht habe, sei ihm "nicht erinnerlich".

Eine enge Mitarbeiterin Tojners thematisierte in Nachrichten an Tojner zudem den internen Streit bei den Wiener Grünen zum Projekt Heumarkt. Falls Dichand helfen könne, einen bestimmten kritischen Grünen "runterzuschreiben", wäre das "hilfreich", hieß es etwa in einer Nachricht. Die Urabstimmung der Wiener Grünen zum Projekt war davor negativ gegen das Heumarkt-Vorhaben ausgegangen. Es war auch ein Votum gegen die grüne Vizestadtchefin Maria Vassilakou, die das Heumarkt-Projekt unterstützt hatte. Im Gemeinderat winkte eine knappe rot-grüne Mehrheit das Vorhaben Mitte 2017 durch, obwohl zwei grüne Mandatarinnen und ein grüner Mandatar nicht zustimmten.

Der von der Mitarbeiterin Tojners angesprochene kritische Grüne, der runtergeschrieben werden solle, erinnerte sich auf STANDARD-Anfrage an die damaligen Vorgänge: "Ich kann mich an keine persönlich auf mich zugeschnittene negative Berichterstattung in 'Krone' oder 'Heute' erinnern." Diese habe es demnach nicht gegeben. (David Krutzler, Fabian Schmid, 15.2.2024)