Am Freitag lädt die Wiener FPÖ wieder zum Wiener Akademikerball (früher Wiener Korporations- oder WKR-Ball) in die Hofburg. Das Superwahljahr 2024 und die Tatsache, dass seit Wochen immer wieder Demos gegen Rechtsextremismus in allen großen und auch vielen kleineren deutschen und österreichischen Städten stattfinden, dürfte ein Garant für einen gut besuchten Ball und gut besuchte Gegenkundgebungen sein.

Gewöhnungseffekt hat sich bei jenen, die den Ball als rechtes und rechtsextremes Vernetzungstreffen im symbolischen Zentrum österreichischer Macht als problematisch sehen, jedenfalls keiner eingestellt. Gleich fünf Kundgebungen wurden bei den Behörden für den 16. Februar – großteils in der Wiener Innenstadt – angezeigt. Eine Demonstration, vier Standkundgebungen. Weil eine der Demos mit dem Motto "Burschenschaften das Tanzbein brechen" angekündigt war, prüft nun die Landespolizeidirektion Wien eine rechtliche Beurteilung. Die Österreichische Hochschülerschaft stellte klar, dass das nur rhetorisch gemeint gewesen sei.

Demonstration gegen den Akademikerball 2023.
Demonstration gegen den Akademikerball 2023.
Christian Fischer

Auch wird wieder ein Platzverbot im Bereich des Heldenplatzes verordnet, wie die Landespolizeidirektion Wien am Donnerstag bekanntgab. "Darüber hinaus wird der Zutritt zur Veranstaltungsstätte Hofburg von der Bereitschaft abhängig gemacht, Kleidung und mitgeführte Behältnisse durchsuchen zu lassen", heißt es in einer Aussendung der Polizei.

Die größte Demo dürfte jene der "Offensive gegen rechts" sein, die unter dem Titel "Kein Platz für Faschos" sein, die um 17 Uhr bei der Uni Wien startet und am Stephansplatz endet. Die Organisatorinnen und Organisatoren dieser Demo kritisieren auf ihrer Seite: "Sie feiern nicht nur einen Ball, sondern legen die Grundsteine für ihre nächsten Angriffe auf unser Sozial- und Gesundheitssystem, unser Bildungssystem, marginalisierte Gruppen, religiöse Minderheiten sowie auf die Rechte von Beschäftigten."

Ganz anders sieht das wenig überraschend der ehemalige FPÖ-Politiker und Herausgeber Andreas Mölzer, der zuletzt durch seine Reise zu den afghanischen Taliban von sich reden machte: "Für mich ist das kein Vernetzungstreffen, sondern ein großes Familientreffen des national-freiheitlichen Lagers", erzählt er dem STANDARD. Er werde wohl kommen, "sofern meine Frau rechtszeitig beim Friseur fertig wird", sagt Mölzer, "auch meine drei Söhne, die auch alle korporierte sind".

"Politische Nobodys"

Martin Sellner gehört für Mölzer jedenfalls nicht zu dieser Familie. "Den will ich nicht treffen", sagt Mölzer, Sellner sei "nicht einmal ein entfernter Verwandter" für ihn. Der Identitäre war zuletzt in die Schlagzeilen geraten, weil das Recherchemedium "Correctiv" ein geheimes Treffen von Rechtsextremen am Lehnitzsee bei Potsdam publikgemacht hatte. Seither finden in Österreich und Deutschland seit Wochen immer wieder große Demos gegen Rechtsextremismus, Faschismus, die AfD und die FPÖ statt. Sellner hatte bei dem Treffen über die Vertreibung von Millionen Menschen gesprochen.

Der blaue Altpolitiker halte zwar das Treffen am Lehnitzsee für medial "überinterpretiert", denn es sei "ein privates Treffen politischer Nobodys" gewesen. Was Sellners "Remigrations"-Pläne angehe, räumt Mölzer aber ein: "Man muss Grenzen ziehen, wo die Staatsbürgerschaften von Leuten ignoriert werden."

Ringsperre

Die Wiener Polizei bekommt für den Freitag jedenfalls wieder Verstärkung aus den Bundesländern. Rund 900 Beamte sollen in der Wiener Innenstadt im Einsatz sein. Ab 16 Uhr wird der Ring für den Fahrzeugverkehr kommend von der Operngasse bis zur Schottengasse gesperrt. "Weiters wird es zu temporären kurzfristigen Verkehrssperren und Verkehrsableitungen im Versammlungsbereich selbst sowie auf allen angrenzenden Straßenzügen kommen", heißt es von der Polizeidirektion.

Demonstration, Demo gegen den Akademikerball 2023, Burschenschafter.
Ballbesucher 2023.
Christian Fischer

Um Sperren und andere Verkehrsmaßnahmen muss sich der FPÖ-Spitzenkandidat für die EU-Wahl, Harald Vilimsky, nicht kümmern, er sei "kein Ballgeher", gehe auch heuer nicht auf den Akademikerball. Der AfD-Spitzenkandidat für die EU-Wahl, Maximilian Krah, tritt jedenfalls schon am Donnerstag mit Vilimsky und FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker in Wien auf. Bei einer Diskussion mit dem Titel: "EU reformieren, reduzieren oder raus?". Ob Krah dann auch den Ball besucht, ist nicht sicher. Auch nicht, ob er Sellner dort treffen könnte, denn der gab auf Telegram bekannt, dass er gerade an Fieber leide. (Colette M. Schmidt, 16.2.2024)