"Zum Lachen braucht es immer ein wenig Geist; das Tier lacht nicht!", glaubte der Schweizer Dichter Gottfried Keller zu wissen. Dieser junge Schimpanse kann darüber nur breit grinsen.
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Über Humor – und Satire – lässt sich bekanntlich streiten, nicht nur im Rückblick auf das närrische Treiben beim Villacher Fasching und ähnlichen Veranstaltungen. Auch für die Wissenschaft ist der Humor eine vieldiskutierte Herausforderung. Allgemeingültige Definitionen sind schwierig, und auch über seine Funktion herrscht kein allgemeiner Konsens. Schließlich ist da noch die Frage, ob Humor etwas exklusiv Menschliches ist oder ob er auch bei nichtmenschlichen Tieren vorkommt.

"Zum Lachen braucht es immer ein wenig Geist; das Tier lacht nicht!", glaubte der Schweizer Dichter Gottfried Keller im 19. Jahrhundert zu wissen. Im Laufe des 20. Jahrhunderts hat sich allerdings nach und nach die Überzeugung durchgesetzt, dass nichtmenschliche Tiere sehr viel mehr Geist besitzen, als Keller und andere Vertreter von Homo sapiens lange annahmen: Die meisten Merkmale, die der Mensch lange für sich allein in Anspruch nahm (wie etwa Werkzeuggebrauch), wurden auch bei etlichen Tierarten entdeckt. Das scheint auch auf den Humor und seine Vorformen zuzutreffen.

Anekdotische Evidenz dafür hat es zumindest bei Menschenaffen seit längerem gegeben. So hatte Jane Goodall davon berichtet, dass sich junge Schimpansen ältere schlafende Artgenossen neckten und sich bestens dabei amüsierten. Dass Menschenaffen – anders als die meisten anderen Tiere – lachähnliche Laute von sich geben oder Grimassen schneiden, wenn sie gekitzelt werden, ist sogar durch eine Studie bestätigt.

Definitionen von Humor

Aber ist das jetzt auch schon Humor? Für den gibt es, grob gesagt, zwei abstrakte Definitionen: Die sogenannte Inkongruenztheorie besagt, dass Humor da entsteht, wo es zu einem beabsichtigten Bruch zwischen Erwartetem und dem sich tatsächlich Ereignendem unter Verwendung "komödiantischer Mittel" kommt. Laut einer etwas neueren Hypothese zeige sich Humor auch darin, wenn das Wohlbefinden, die Identität oder die normative Glaubensstruktur eines Individuums bedroht wird, diese Bedrohung aber gleichzeitig akzeptiert zu sein scheint.

Ein jüngerer Gorilla neckt gerade einen älteren, der das recht lustig zu finden scheint.
Max Block

Unter diese Definitionen würde auch eine Vorstufe des Humors fallen: nämlich das spielerische Necken, das bei Babys bereits ab einem Alter von acht Monaten auftritt, also bevor sie noch sprechen können. Das geschieht unter anderen dadurch, dass Säuglinge ihren Eltern spielerisch Gegenstände anbieten und wieder wegnehmen, soziale Regeln verletzen und andere bei ihren Aktivitäten stören. Diese Formen spielerischen Neckens, das auch zwischen kleinen Menschengeschwisterchen üblich ist, hat ein Team von Primatologinnen und Kognitionsbiologen nun auch bei allen vier Menschenaffenspezies systematisch untersucht und auch dokumentieren können.

18 verschiedene Neckereien

Das Team um Erstautorin Isabelle Laumer wertete dafür 75 Stunden Videoaufzeichnungen aus Menschenaffengehegen in den Zoos von San Diego und Leipzig aus und fand bei Orang-Utans, Schimpansen, Bonobos und Gorillas insgesamt 142 Fälle von spontanen Neckereien. Das Repertoire der Menschenaffen umfasste 18 verschiedene Neck-Verhaltensweisen, darunter das spielerische Stoßen oder Schlagen anderer, das Blockieren ihrer Bewegungen oder das Haarreißen, wie Laumer und ihre Kolleginnen im Fachjournal "Proceedings of the Royal Society B" berichten.

Necken bei Menschenaffen
Isabelle Laumer, PhD

Die Mätzchen der Affen ähnelten auch in anderer Hinsicht denen der Menschen. Die "Täter" – in der Regel junge Affen – wiederholten diese einseitigen Spottversuche immer wieder. Außerdem beobachteten sie nach jeder Provokation die Gesichter der von ihnen "gepflanzten" Artgenossen, als wollten sie sicherstellen, dass sie die gewünschte Reaktion erhielten, schreibt das Team um Laumer.

Mehr als nur spielen

Obwohl spielerisches Necken eine große Vielfalt an Verhaltensformen umfasste, behauptet das Autorenteam, dass es sich in mehrfacher Hinsicht vom bloßen Spiel abgrenzen ließ. "Das spielerische Necken der Menschenaffen war einseitig, ging meistens während der gesamten Interaktion vom neckenden Tier aus und wurde selten erwidert", sagt Letztautorin Erica Cartmill, eine Professorin an der UCLA in Kalifornien. "Die Menschenaffen verwenden auch selten Spielsignale, wie das 'Primaten-Spielgesicht', ein Gesichtsausdruck ähnlich dem menschlichen Lächeln, oder sogenannte 'Halt-Gesten', die ihre Spielabsicht signalisieren." Spielerisches Necken kam vor allem dann vor, wenn die Affen entspannt waren, und hatte Ähnlichkeiten mit Neck-Verhaltensweisen beim Menschen.

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BOS Foundation BPI

"Ähnlich wie das Necken bei Kleinkindern beinhaltet das spielerische Necken von Menschenaffen einseitige Provokation, ein Tier neckt gezielt ein anderes, das Warten auf die Reaktion des Geneckten, bei der der neckende Affe direkt nach dem Neckverhalten zum Geneckten blickt, wiederholtes Necken, und manchmal überrascht der Neckende auch sein Zielobjekt", erklärt Isabelle Laumer, die in Wien Verhaltensforschung studierte, hier auch ihren Doktor machte und jetzt am Max-Planck-Institut für Verhaltensbiologie in Radolfzell als Postdoc forscht.

Isabelle Laumer erforscht die Intelligenz von Vögeln und den "Humor" von Menschenaffen.
Alice Auersperg

Niederer und höherer Humor?

Aus evolutionärer Sicht lasse das Vorhandensein von spielerischem Necken bei allen vier Menschenaffen darauf schließen, dass spielerisches Necken und seine kognitiven Voraussetzungen bei unserem letzten gemeinsamen Vorfahren bereits vor mindestens 13 Millionen Jahren vorhanden gewesen sein könnten. Diese Vorstufe des Humors scheinen mithin bereits ziemlich alt zu sein. Bleibt die Frage, ob Tiere auch zu "höheren" Humorformen jenseits dieser eher vordergründigen Belustigung fähig sein könnten. Da diese meist an Sprache gebunden sind, könnte sich zumindest hier ein menschlicher Exklusivitätsanspruch ergeben.

Allein, auch Menschenaffen können Sprache rudimentär erlernen – wie das Gorillaweibchen Koko (1971–2018), das mehr als 1.000 Zeichen der US-Gebärdensprache und 2.000 gesprochene englische Wörter verstand. Die schlaue Primatendame war auch dafür bekannt, Sprache humorvoll einzusetzen, indem sie mit verschiedenen Bedeutungen desselben Wortes spielte. Ihre "Witze" gingen dann allerdings auch wieder eher in Richtung Slapstick: So soll sie einmal das Wort "jagen" gegenüber ihrem Trainer per Gebärdensprache kommuniziert haben – nachdem sie die Schuhbänder seiner beiden Schuhe miteinander verknotet hatte. Das nachfolgende Stolpern des Trainers hat sie angeblich sehr amüsiert. (Klaus Taschwer, 17.2.2024)