Alexej Nawalny
Alexej Nawalnysaß in einer Strafkolonie in Haft. Nun meldete die Gefängnisverwaltung seinen Tod.
AFP/NATALIA KOLESNIKOVA

Moskau – Der russische Oppositionsführer Alexej Nawalny ist tot. Das teilte die Gefängnisverwaltung am Freitag mit. Aus dem Kreml hieß es, man habe "keine Information über die Todesursache". Es würden aber alle erforderlichen Untersuchungen durchgeführt. Kreml-Chef Wladimir Putin sei vom Tode seines Widersachers in Kenntnis gesetzt worden. Nawalny starb kurz vor dem Beginn der Münchner Sicherheitskonferenz (MSC), zu der auch seine Frau Julia geladen war.

Die Mitteilung der Gefängnisverwaltung lässt zu den genauen Umständen des Todes vieles offen. Konkret heißt es: "Am 16. Februar 2024 ... fühlte sich der Häftling A. A. (Alexej Anatoljewitsch, Anm.) Nawalny nach einem Spaziergang unwohl und verlor fast direkt danach das Bewusstsein. Die medizinischen Mitarbeiter der Einrichtung waren gleich danach am Schauplatz und riefen ein Notfallteam. Alle nötigen Wiederbelebungsmaßnahmen wurden in Gang gesetzt, hatten aber keine positiven Ergebnisse. Notärzte bestätigten dann den Tod des Häftlings."

Aus dem Team Nawalny hieß es, man könne den Tod nicht bestätigen. "Die russischen Behörden haben ein Geständnis publiziert, dass sie Alexej Nawalny im Gefängnis getötet haben. Wir haben keine Möglichkeit, das zu bestätigen." Sein Anwalt Leonid Solowjow sagte der kremlkritischen Zeitung "Nowaja Gaseta": "Auf Entscheidung von Alexej Nawalnys Familie kommentiere ich überhaupt nichts."

Video: Kremlkritiker Nawalny offenbar tot
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Haft in Strafkolonie

Unabhängige russische Medien veröffentlichten kurz nach dem Tod Nawalnys ein Video, das den Oppositionellen während eines Gerichtstermins am Donnerstag zeigen soll. Nur einen Tag vor seinem Tod habe Nawalny den Umständen entsprechend noch "fröhlich, gesund und munter" gewirkt, schrieben etwa die Journalisten des Kanals "Sota" am Freitag auf Telegram. Dazu zeigten sie einen rund 30 Sekunden langen und tonlosen Clip, auf dem zu sehen ist, wie Nawalny spricht und lächelt. Er war demnach per Videoschaltung in den Gerichtssaal zugeschaltet.

Nawalnys Witwe hielt vor der Münchner Sicherheitskonferenz spontan eine Rede. "Ich habe mir überlegt, soll ich hier vor Ihnen sprechen oder soll ich zu meinen Kindern gehen. Dann habe ich gedacht: Was würde Alexei an meiner Stelle tun? Und ich bin sicher, dass er sich hier auf diese Bühne gestellt hätte", sagte sie. Gleichzeitgi äußerte sie Zweifel ob die Nachricht über seinen Tod überhaupt stimmt, weil sie von den russischen Staatsmedien verbreitet wurde. Sie hoffe jedenfalls dass die Verantwortlichen bestraft würden und appellierte an die internationale Gemeinschaft das Putin-Regime gemeinsam zu bekämpfen.

Nawalnys Mutter sagte gegenüber der Zeitung "Nowaja Gaseta", dass sie ihren Sohn erst am vergangenen Montag im Straflager besucht habe. "Er war lebendig, gesund und lebenslustig."

Der 47-Jährige hat eine jahrelange Haft in einer Strafkolonie verbüßt. Verurteilt wurde er unter anderem wegen Extremismus, er hat den Vorwurf stets bestritten. Seine politische Bewegung wurde verboten, enge Mitarbeiter wurden inhaftiert oder flohen ins Ausland. Das Regime von Kreml-Chef Wladimir Putin hatte im Jahr 2020 versucht, ihn mittels eines Giftanschlags aus dem Weg zu räumen. Auf internationalen Druck wurde Nawalny nach Deutschland gebracht, wo er in der Berliner Charité behandelt wurde.

Video: Kreml-Kritiker Nawalny meldet sich aus Einzelhaft
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Nach seiner Genesung entschloss sich Nawalny zur Rückkehr nach Russland, wurde aber am 17. Jänner 2021 noch auf dem Moskauer Flughafen verhaftet. Im vergangenen Dezember war der als politischer Gefangener eingestufte Politiker über mehrere Wochen verschwunden. Im Nachhinein erwies sich, dass die Justiz ihn aus dem europäischen Teil Russlands in ein Straflager im hohen Norden Sibiriens verlegt hatte. Nawalny vermutete, dass er dort vor der Präsidentenwahl im März möglichst isoliert werden sollte. (rroi, mesc, APA, 16.2.2024)