Nawalny
Nawalny verbüßte eine jahrelange Haft in einer Strafkolonie.
AFP/VERA SAVINA

Moskau – Nachdem die Gefängnisverwaltung am Freitag mitgeteilt hat, dass der russische Oppositionsführer Alexej Nawalny tot sei, gibt es erste internationale Reaktionen. EU-Ratspräsident Charles Michel würdigte den Verstorbenen als "Kämpfer für die Werte von Freiheit und Demokratie". Der deutsche Kanzler Olaf Scholz (SPD) reagierte mit den Worten: "Nawalny zahlte mit dem Leben für seinen Mut." Auch die deutsche Ex-Kanzlerin Angela Merkel meldete sich zu Wort. Sie sei bestürzt über die Meldung bezüglich Nawalnys Tod. "Er wurde Opfer der repressiven Staatsgewalt Russlands. Es ist furchtbar, dass mit ihm eine mutige, unerschrockene und sich für sein Land einsetzende Stimme mit fürchterlichen Methoden zum Verstummen gebracht wurde", sagte sie gegenüber der deutschen "Bild"-Zeitung.

Video: Scholz: Nawalny hat seinen Mut "bezahlt mit seinem Leben"
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Nawalnys Witwe hielt vor der Münchner Sicherheitskonferenz spontan eine Rede. "Ich habe mir überlegt, soll ich hier vor Ihnen sprechen oder soll ich zu meinen Kindern gehen. Dann habe ich gedacht: Was würde Alexei an meiner Stelle tun? Und ich bin sicher, dass er sich hier auf diese Bühne gestellt hätte", sagte sie. Gleichzeitgi äußerte sie Zweifel ob die Nachricht über seinen Tod überhaupt stimmt, weil sie von den russischen Staatsmedien verbreitet wurde. Sie hoffe jedenfalls dass die Verantwortlichen bestraft würden und appellierte an die internationale Gemeinschaft das Putin-Regime gemeinsam zu bekämpfen.

Nawalnys Mutter sagte gegenüber der Zeitung "Nowaja Gaseta", dass sie ihren Sohn erst am vergangenen Montag im Straflager besucht habe. "Er war lebendig, gesund und lebenslustig."

US-Außenminister Antony Blinken teilte mit: "Sein Tod in einem russischen Gefängnis, die Fixierung auf ihn und die Furcht vor ihm unterstreichen nur die Schwäche und Fäulnis im Herzen des Systems, das Putin aufgebaut hat." Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg forderte: "Alle Fakten müssen ermittelt werden, und Russland muss ernsthafte Fragen beantworten."

Das UN-Menschenrechtsbüro von Moskau hat die Freilassung aller staatlich Verfolgten gefordert. "Wir fordern die russischen Behörden auf, die Verfolgung unter anderem von Politikern, Menschenrechtsverteidigern und Journalisten zu beenden", sagte eine Sprecherin von UN-Menschenrechtshochkommissar Volker Türk am Freitag in Genf.

Kallas: "Dunkle Erinnerung an das Schurkenregime"

Für Estlands Regierungschefin Kaja Kallas ist der Tod des russischen Oppositionspolitikers Alexej Nawalny eine "weitere dunkle Erinnerung an das Schurkenregime, mit dem wir es zu tun haben". Es zeige "warum Russland und alle Verantwortlichen für jedes ihrer Verbrechen zur Rechenschaft gezogen werden müssen", schrieb sie am Freitag auf X

Der Gefängnistod des Oppositionsführers "erinnert uns an die Realität des Regimes von Wladimir Putin", teilte der französische Außenminister Stéphane Séjourné mit. Der Widerstand gegen Putins Unterdrückungsregime habe Nawalny das Leben gekostet.

Auch der parlamentarische Geschäftsführer der FDP im Deutschen Bundestag, Johannes Vogel, machte den russischen Präsidenten direkt verantwortlich. "Über Putins tödliche Brutalität darf sich niemand jemals täuschen." Der lettische Präsident Edgars Rinkevics sagte, dass Nawalny "vom Kreml brutal ermordet" worden sei. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg zeigte sich "zutiefst betrübt und beunruhigt" und forderte umfassende Aufklärung.

Reaktionen aus Österreich

Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) erklärte auf Twitter, dass Nawalny "für ein freies und demokratisches Russland gekämpft" habe und nun "nimmt das verbrecherische Putin Regime dem wichtigsten Oppositionsführer das Leben."

Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) würdigte Nawalny als "Verfechter eines offeneren und demokratischeren Russlands" und forderte eine "vollumfängliche, unabhängige Untersuchung der Umstände seines Todes". Anders als andere internationale Politiker unterließ Schallenberg eine explizite Schuldzuweisung an den Kreml.

"Russland verliert mit Alexej Nawalny eine furchtlose und mutige Stimme im Kampf gegen die Korruption und einen Verfechter eines offeneren und demokratischeren Russlands", teilte Schallenberg der APA mit. "Sein Tod so kurz vor den Wahlen erinnert uns einmal mehr daran, wie unfrei und undemokratisch Russland unter der Führung Putins ist. Ich fordere eine vollumfängliche, unabhängige Untersuchung der Umstände seines Todes. Mein zutiefst empfundenes Mitgefühl gilt seiner Familie und seinen Mitstreitern."

"Mord auf Raten an seinem (Anm.: Putins) gefährlichsten Kritiker", vermutet Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger. "Was für ein Terrorstaat, was für eine unmenschliches, unterdrückerisches Regime", schrieb sie auf X, vormals Twitter.

Politischer Gefangener

Nawalny wurde international als politischer Gefangener anerkannt. Die USA, die EU und Österreich hatten wiederholt seine sofortige Freilassung gefordert. Russland wies dies aber als Einmischung in seine inneren Angelegenheiten zurück.

Kurz nach der Nachricht vom vermeintlichen Tod Nawalnys wurde vor der Botschaft Russlands in Berlin protestiert. Schon am Freitagmittag versammelten sich einige Dutzend Menschen vor dem großen Botschaftsgebäude auf dem Boulevard Unter den Linden. (schub, APA, 16.2.2024)