Trump in blauem Anzug mit roter Krawatte.
Donald Trump erlitt eine juristische Niederlage.
AP/Rebecca Blackwell

Das Urteil war kaum verkündet, als Donald Trump über seine Wahlkampforganisation eine SMS an alle Unterstützer versenden ließ. "Botschaft von Trump", stand fett über der Nachricht und dahinter groß "Wahlbeeinflussung". Noch vor dem Ende des Tages brauche er "eine Million Trump-Patrioten", die eine Spende leisten, drängte der Ex-Präsident. Darunter konnte man Beträge zwischen 20 und 3.300 Dollar auswählen.

Der mutmaßliche Präsidentschaftskandidat der Republikaner braucht dringend Geld, nachdem ihn Richter Arthur Engoron am Freitag in dem spektakulären New Yorker Betrugsprozess zu einer gewaltigen Geldstrafe von 355 Millionen Dollar verurteilt hat. Mit Zinsen dürfte die Summe auf mehr als 400 Millionen Dollar steigen. Erst Ende Jänner hatte ihm eine Geschworenenjury in einem anderen Prozess um die Verleumdung der Autorin E. Jean Carroll eine Strafe von 83 Millionen Dollar aufgebrummt.

Wie in dem Verleumdungsfall wird Trump auch gegen das Betrugsurteil in Revision gehen. Dessen ungeachtet muss er das Geld aber innerhalb von 30 Tagen hinterlegen. In den Bankrott treiben wird ihn das zwar nicht: Sein Vermögen wird auf 2,6 bis 3,1 Milliarden Dollar geschätzt. Doch steckt der Großteil davon in Immobilien, Golfclubs oder Hotels fest. Der 77-Jährige selbst hat seine flüssigen Mittel in dem Prozess auf "400 Millionen Dollar plus" beziffert. Der Protz-Unternehmer ist nun also zumindest klamm.

"Völliger Mangel an Reue"

Die saftige Strafe ist die Quittung des Rechtsstaats dafür, dass Trump jahrelang den Wert seines Vermögens manipulierte, um an günstige Versicherung und Kredite zu kommen. Daran beteiligt waren nach Auffassung des Gerichts auch seine beiden Söhne Donald Jr. und Eric, die jeweils vier Millionen Dollar Strafe zahlen müssen.

Außerdem sperrte Richter Engoron den Senior für drei Jahre und die Söhne für zwei Jahre für Führungspositionen in ihren New Yorker Unternehmen. Besonders übel war Engoron aufgestoßen, dass Trump keinerlei Fehlverhalten einräumt und somit eine Wiederholungsgefahr bestehe: "Ihr völliger Mangel an Zerknirschung und Reue grenzt ans Pathologische", beschied der Jurist.

Ruf beschädigt

Anders als in den vier Strafprozessen, die Trump in den nächsten Monaten drohen, musste er in dem New Yorker Zivilprozess nicht mit einer Gefängnisstrafe rechnen. Trotzdem war ihm dieses Verfahren besonders wichtig: Immerhin ging es um seinen Ruf als angeblich erfolgreicher Geschäftsmann. Wiederholt hatte der Ex-Präsident in den vergangenen Monaten persönlich an den Verhandlungen vor einem Gericht im Finanzdistrikt von Manhattan teilgenommen. "Ich werde um meinen Namen und meinen Ruf kämpfen", hatte er gesagt und den Richter sowie Generalstaatsanwältin Letitia James unflätigst beschimpft und diffamiert.

James vor Rednerpult.
Staatsanwältin Letitia James fand deutliche Worte: "Donald Trump mag das Buch 'Die Kunst des Deals' geschrieben haben, aber er perfektionierte die Kunst des Betrugs".
IMAGO/UPI Photo/JOHN ANGELILLO

Die Erkenntnisse der Verhandlung, bei der 40 Zeugen vernommen wurden, widersprechen dem kolossalen Selbstbild des Immobilienmoguls diametral. So setzte Trump sein Penthouse im Trump-Tower in den Geschäftsunterlagen mit 2.800 Quadratmetern an, obwohl es "nur" 1.000 Quadratmeter maß.

Den Wert seines Domizils Mar-a-Lago in Florida bezifferte er auf 612 Millionen Dollar. In der Schätzung waren aber die strikten Nutzungs- und Bebauungsauflagen der Gemeinde nicht berücksichtigt, die den tatsächlichen Verkehrswert auf 28 Millionen Dollar drückten. "Donald Trump mag das Buch 'Die Kunst des Deals' geschrieben haben, aber er perfektionierte die Kunst des Betrugs", erklärte Staatsanwältin James nach dem Urteilsspruch.

Trump beklagt Hexenjagd

Trump nutzte die absurd überzogenen Vermögensangaben in seinen Geschäftsunterlagen, um an günstige Kredite – unter anderem auch von der Deutschen Bank – zu kommen. Dadurch sparte er nach Erkenntnissen des Gerichts insgesamt 168 Millionen Dollar Zinskosten. Die Deutsche Bank wollte aber unbedingt mit dem Immobilienmogul ins Geschäft kommen und akzeptierte die Mondzahlen. Sie hat auch nicht geklagt. Deshalb behauptet Trump, durch seine Betrügereien sei niemandem ein Schaden entstanden.

"Das ist Russland. Das ist China. Das alles kommt von Biden", wetterte der Ex-Präsident am Freitagabend ebenso aufgebracht wie wirr bei einer improvisierten Pressekonferenz vor seinem Anwesen in Mar-a-Lago: "Das ist eine Hexenjagd, wie sie unser Land noch nicht gesehen hat. So etwas kennt man aus Bananenrepubliken."

Kurz darauf verschickte seine Kampagnenorganisation den nächsten, drängenden Bettelbrief. "Sie wollen meine Existenz vernichten", schlug Trump da Alarm. Tatsächlich drücken ihn nicht nur die jüngsten Strafen, sondern auch die horrenden Anwaltskosten in seinen vier Strafverfahren. Nach Recherchen der "New York Times" hat der Präsidentschaftskandidat deshalb schon 50 Millionen Dollar aus Wahlkampfspenden für seine juristische Verteidigung zweckentfremdet. (Karl Doemens aus Washington, 17.2.2024)