Bauarbeiter arbeiten auf einem Holzgerüst.
Aufgrund der hohen Finanzierungskosten wird derzeit weniger gebaut. Die Branche warnt vor einem Mangel an Wohnraum.
EPA/CAROLINE BREHMAN

Für die Baubranche waren die vergangenen Jahre wahrlich eine Achterbahnfahrt: Zuerst hatte die Corona-Krise die Nachfrage und die Preise in lichte Höhen getrieben, dann folgte mit den stark steigenden Kreditzinsen ein abruptes Ende der vollen Auftragsbücher. Derzeit kämpft der Sektor mit einer schwierigen Finanzierungslage, unzähligen Insolvenzen und einer steigenden Arbeitslosigkeit.

Am Montag holt Harald Mahrer, Präsident der Wirtschaftskammer (WKO), Branchenvertreter für ein "Arbeitsgespräch" zusammen. Gemeinsam will man Druck auf die türkis-grüne Bundesregierung aufbauen, damit sie dem kriselnden Sektor mit einem Konjunkturpaket unter die Arme greift. Ein Hilfspaket ist schon länger in Planung, derzeit dürfte die Koalition noch verhandeln.

In der ORF-"Pressestunde" bekräftigte Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) am Sonntag, dass man an einem "ökologischen und sozialen Wohnbau- und Sanierungsprogramm" arbeite. Es werde zwar in zwei Jahren einen Aufschwung geben, bis dahin könnten aber viele Arbeitsplätze verloren sein. Fördern will man vor allem den gemeinnützigen Wohnbau. Hilfe sei in diesem Bereich auch deshalb wichtig, weil durch den Mietpreisdeckel Geld für Investitionen fehle.

16.000 Arbeitsplätze gefährdet

Laut dem Marktforschungsinstitut Branchenradar sind in der Baubranche heuer 16.000 Arbeitsplätze gefährdet. Bereits im Vorjahr seien 10.000 Stellen weggefallen, viele der Betroffenen seien in anderen Branchen untergekommen. Auch von Insolvenzen ist der Bausektor neben Handel und Gastronomie am stärksten betroffen. Im Vergleich zum Jahr 2022 stieg die Anzahl der Pleiten im Bau um 21 Prozent.

Als Mitgrund für die Krise sieht der Bau die verschärften Vergabekriterien für private Wohnbaukredite. Hauptursache ist aber das infolge der Inflation stark gestiegene Zinsniveau, das die Finanzierung von Projekten erschwert. Die Zinsen werden voraussichtlich im Laufe des Jahres wieder sinken, für viele Unternehmen könnte das aber zu spät sein, warnt die Branche.

Die Analyse des Branchenradars kommt zu dem Schluss, dass der Wohnbau inklusive Sanierung dieses Jahr um rund sieben Prozent zurückgehen könnte. Insgesamt dürfte die Bauleistung heuer zum ersten Mal seit 2010 schrumpfen. Die Baubewilligungen gehen in Österreich schon seit 2022 stark zurück und haben sich binnen weniger Jahre beinahe halbiert. Eine Folge könnte sein, dass sich der Mangel an leistbarem Wohnraum weiter verschärft.

"Arbeitsgespräch" über Baukonjunktur

"Die für den Standort Österreich so wichtige Baubranche steht massiv unter Druck", heißt es in einer aktuellen Aussendung der Wirtschaftskammer. Präsident Mahrer lädt deshalb am Montag Spitzenvertreter der Bau-Sozialpartner und der betroffenen Branchen zu einem "Arbeitsgespräch", um über "notwendige Maßnahmen zur Baukonjunkturbelebung" zu informieren.

Laut einem Bericht der "Salzburger Nachrichten" könnte das Hilfpaket der türkis-grünen Bundesregierung ein Volumen in dreistelliger Millionenhöhe haben. Profitieren sollen demnach vor allem Häuslbauer und der gemeinnützige Wohnbau. Laut dem Bericht ist sich die Regierung noch nicht einig, das Paket werde deshalb frühestens Ende Februar geschnürt.

Aus Sicht von Michael Klien, Bauexperte des Wirtschaftsforschungsinstituts (Wifo), müsse man rasch gegensteuern. In einem Interview mit Ö1 schlug der Ökonom kürzlich vor, dass der Bund am Kapitalmarkt Geld aufnimmt und dieses den Ländern zweckgebunden für den Wohnbau zur Verfügung stellt. Es gehe dabei um mehrere Hundert Millionen Euro. Die 300 Millionen Euro, die im Finanzausgleich mit den Ländern vorgesehen seien, würden nicht reichen. (Jakob Pflügl, 19.2.2024)