Ein Strudel aus Gas, aus dessen Zentrum weiteres Gas ausgestoßen wird.
Eine künstlerische Darstellung eines Quasars. Im Zentrum der Scheibe aus Gas sitzt ein Schwarzes Loch.
STScI

Je näher ein Objekt ist, desto heller erscheint es. Wenn wir in den Nachthimmel blicken, können wir nicht erkennen, ob ein heller Stern besonders leuchtstark oder einfach nur sehr nah ist. Die Astronomie musste lernen, zwischen nahen und fernen Objekten zu unterscheiden, und stieß dabei immer wieder auf Überraschungen.

Lange Zeit wusste man von Quasaren nur sehr wenig. "Quasar" ist ein Kunstwort, das nahelegt, dass es sich um sternartige Gebilde handelt, die Radiowellen aussenden. Aufgrund ihrer Leuchtkraft ging man davon aus, dass sie sich in unserer Galaxie, also in relativer kosmischer Nähe befanden.

Doch diese Annahme wurde in den 1960er-Jahren widerlegt. Quasare sind sehr ferne Objekte. Dass wir sie sehen können, liegt daran, dass sie zu den leuchtstärksten Objekten des Universums zählen.

Helle Schwarze Löcher

Angesichts dieser außergewöhnlichen Helligkeit mag die Erkenntnis überraschen, dass hinter dem Phänomen Schwarze Löcher stehen, die eigentlich dafür bekannt sind, jegliches Licht zu verschlucken. Doch in ihrer Nähe sorgt die Gravitation für extreme Bedingungen innerhalb der sie umgebenden Scheibe an Material. Dort wird die Energie freigesetzt, die wir auf der Erde messen. Nun scheint die Familie der Quasare, von denen inzwischen etwa eine Million bekannt ist, ein neues, noch extremeres Mitglied bekommen zu haben. Davon berichtet eine neue Studie, die Montag im Fachjournal "Nature Astronomy" erschien.

Als es im Juni 2022 entdeckt wurde, ordnete man das Objekt noch als Stern ein. Doch ein Team um den Astrophysiker Christian Wolf von der Australian National University in Canberra warf mithilfe des Very Large Telescope der Europäischen Südsternwarte nun einen genaueren Blick darauf und stellte fest: Es handelt sich doch um einen Quasar, allerdings mit rekordverdächtigen Eigenschaften.

Das Very Large Telescope gehört zur Europäischen Südsternwarte und liegt in der chilenischen Atacamawüste.
European Southern Observatory (ESO)

Andere Erklärungen ausschließen

Vorsicht war angebracht. Für große Helligkeit des Quasars J0529-4351 im Vergleich zu anderen Quasaren konnte es andere Erklärungen geben. Licht bewegt sich aufgrund der Allgemeinen Relativitätstheorie Einsteins in der Regel nicht gerade durch den Raum. Große Massenansammlungen können wie Linsen wirken und dahinter liegende Objekte größer und heller wirken lassen. Das schien hier auf den ersten Blick eine wahrscheinliche Erklärung zu sein.

Doch eine genauere Analyse von Daten des Weltraumteleskops Gaia der Europäischen Weltraumagentur Esa spricht dagegen. Gravitationslinsen sorgen meist nicht nur für eine Vergrößerung, sondern auch für eine Vervielfachung des verzerrten Bilds. Gaia, dessen Ziel eine dreidimensionale Karte des Universums ist, fand keine weiteren Abbilder des hellen Objekts. Auch die Suche nach einem Himmelskörper, der ein etwaiges weiteres Abbild verdecken könnte, blieb erfolglos.

Eine ganze Reihe weiterer möglicher Erklärungen ließ sich ausschließen. So zog das Team etwa alte Fotoplatten aus den 1980er-Jahren heran, um zu sehen, ob die Leuchtkraft einigermaßen konstant ist und nicht etwa auf das Konto eines "Jets" geht, der ein kurzfristiges Ansteigen der Leuchtkraft zur Folge hätte. Doch die Variation der Leuchtkraft betrug mit der Zeit nur etwa 15 Prozent.

Eine Animation des Quasars J043947.08+163415.7, der 2019 als leuchtkräftigster Vertreter seiner Art galt.
HubbleWebbESA

Eine Sonnenmasse pro Tag

Die einzig verbleibende Erklärung ist die eines Schwarzen Lochs mit enormem Materiehunger. Modellrechnungen zeigten, dass es pro Tag etwa die Masse unserer Sonne an Gas verschlingt. Die Leuchtkraft liegt bei einigen Hundert Sextilliarden Watt, einer Zahl mit 41 Nullen. Das ist nahe an der Grenze des absolut Möglichen, schreiben die Forschenden. Diese Grenze ist als Eddington-Limit bekannt: Ist die Strahlung größer als dieses Limit, bläst sie das Gas fort.

Unklar ist derzeit die Ausrichtung der rotierenden Gasscheibe. Je nachdem, aus welchem Winkel wir auf sie blicken, ist der Hunger des Schwarzen Lochs etwas größer oder kleiner.

Folgeuntersuchungen sind aber ohnehin geplant. J0529-4351 ist aufgrund seiner räumlichen Ausdehnung ein ideales Studienobjekt für das Very Large Telescope. Mithilfe von dessen Interferometer ließe sich seine Rotation direkt messen und so seine Masse bestimmen.

Das ist bedeutsam, weil supermassive Schwarze Löcher nach wie vor ein Rätsel der Astronomie darstellen. Bislang gibt es keine Erklärung dafür, wie sie nach dem Urknall so schnell heranwachsen konnten. Das führt hin zur Frage, ob Schwarze Löcher bereits kurz nach dem Urknall vorhanden gewesen sein könnten. Eine genauere Untersuchung des neuen Quasars könnte die Genauigkeit der bisherigen Modelle erhöhen und helfen, dieses Rätsel zu lösen.

Die Entstehung von J0529-4351 selbst ist weniger rätselhaft. Mit 17 Milliarden Sonnenmassen ist es leichter als andere sehr leuchtstarke Schwarze Löcher und weniger weit entfernt.

Noch hellere Quasare

Die Entdeckung wirft laut den Forschenden außerdem die Frage auf, ob es noch extremere Objekte geben könnte, die uns bisher entgangen sind. "Die Suche nach seltenen und außergewöhnlich hellen Quasaren wie J0529-4351 erfordert keine großen Teleskope, sondern ähnelt der Suche nach der Nadel im Heuhaufen", schreiben sie. Dafür seien vor allem präzise Daten über große Himmelsbereiche nötig. "Solche Objekte verstecken sich oft direkt vor unseren Augen und werden fälschlicherweise für Sterne gehalten."

J0529-4351 tauchte schon im 19. Jahrhundert auf Fotoplatten auf. Doch erst mit den Daten von 2022 kam man seiner wahren Natur auf die Spur. Das lässt auf weitere, ähnliche Entdeckungen hoffen. (Reinhard Kleindl, 19.2.2024)