Armin Wolfs kritische Fragen stießen, ziemlich ungewohnt, weder auf Gegenwehr noch Ausweichmanöver: ÖBB-Chef Andreas Matthä ließ den "ZiB 2"-Anchor offene Abteiltüren einrennen und ganze Zuggarnituren ohne Widerstand durchmessen.

Matthä war ins Studio gekommen, um Abbitte zu tun für die "unerträgliche Zuglotterie", die die Bahn in den vergangenen Wochen und Monaten ihren Kunden bot. "Bestenfalls ein knappes Genügend" vergab der Vorstandschef selbst Mittwochabend für die Performance seines Unternehmens im Dezember und Jänner. "Das war nicht okay", entschuldigte sich der Vorstandsvorsitzende der ÖBB Holding AG nun auch beim ORF-Publikum für "die Leistung, die wir da abgeliefert haben".

ÖBB-Chef Andreas Matthä in der ZiB 2
Viele Entschuldigungen in der "ZiB 2", aber auch der Hinweis, dass EU-weit die meisten Bahnkilometer in Österreich gefahren werden: ÖBB-Chef Andreas Matthä.
ORF ZiB 2 Screenshot

"Mutig" bis "zu mutig"

"Knapp bis mutig geplant" habe die ÖBB vor Weihnachten, als sie bewusst mehrere Railjets in die Reparatur geschickt habe, damit sie zu Weihnachten einsatzfähig sind. Vier Railjets fielen noch mit dem überraschenden Wintereinbruch im Spätherbst aus.

Aber immer wieder findet Matthä zwischendurch wieder in die Spur zum Positiven: "Der Weihnachtsverkehr konnte nach meiner Wahrnehmung mehr oder minder störungsfrei stattfinden."

"Zu scharf" und "zu ambitioniert"

Kräftemangel in der Instandhaltung will Matthä nicht erkennen, seit 2019 habe die ÖBB hier 300 Menschen mehr im Einsatz, insgesamt 2.500 Facharbeiter (und hoffentlich auch ein paar -innen) seien da am Werk. Den Engpass sieht der Vorstandschef eher bei Hebebühnen und Arbeitsgleisen. Ganz nach dem alten Gesetz der Bahnphysik: Wo ein Zug steht, kann kein zweiter sein.

"Das büßen wir"

"Ein Stück weit zu mutig" habe die ÖBB Anfang 2023 bei der Fahrplanverdichtung im Herbst geplant, räumt Matthä auch ein, und dabei "die Lieferproblematik unterschätzt". "Zu scharf, zu ambitioniert" sei man da in der "Fertigungsplanung" gewesen. "Das büßen wir jetzt kräftig", mit verärgerten Kunden. Wobei der Bahnchef an dem Punkt weniger nach "verärgerten" als "verheerenden" Kunden klingt, aber gewiss verärgert meint.

"Sicher ein Stück weit unterschätzt" hat man auch "den Zuspruch zum Klimaticket", räumt Matthä weiter bereitwillig ein. 270.000 Menschen könnten damit nun jederzeit einsteigen, wo und wann sie wollen (womit sich die Kapazitäten praktisch 270.000-mal schwerer planen lassen). Ein "Verteilungsproblem", das "schwerer zu lenken" ist, nennt das der Bahnchef und rät im Chor mit seinen Onlinebuchungssystemen zur Sitzplatzreservierung zu erwartbar starken Reisezeiten.

"Zuglotterie"

"Wann wird es wieder besser, wann fahren Züge wieder pünktlich und verlässlich?", fragt Wolf. "Wir kommen jetzt wieder in einen Normalzustand", versichert der Bahnchef nicht ganz verbindlich. Seit man 50 Verbindungen vorläufig vorsorglich gestrichen hat, habe sich "die Ostregion wieder eingependelt". Denn: "Aus meiner Sicht ist es unerträglich, dass die Kundinnen und Kunden wie in einer Zuglotterie schauen, ob jetzt der Zug kommt oder nicht."

Und wann wird es wirklich besser? "Schritt für Schritt", sagt Matthä, "mit den neuen Zügen, aber auch mit einem ein Stück weit vorsichtigeren Vorgehen von unserer Seite." So vorsichtig wie ein Bahnholding-Vorstandschef im "ZiB 2"-Studio vielleicht. (Harald Fidler, 22.2.2024)