In Österreich soll es laut einer Studie des Umweltbundesamts von 2017 rund 13.000 Hektar an Industriebrachen geben, inklusive Gewerbeflächen und leerstehenden Häusern sollen es sogar 40.000 Hektar an brachliegenden Flächen sein. Diese sogenannten Brownfields, auch "vorgenutzte Flächen" genannt, wären im Sinne eines vernünftigen Flächenrecyclings dem Verbau grüner Wiesen unbedingt vorzuziehen. Im Klimaschutzministerium gibt es seit rund zwei Jahren vermehrte Anstrengungen in diese Richtung, im vergangenen November fand in Zusammenarbeit mit dem Umweltbundesamt der zweite "Brachflächengipfel" in Wien statt.

Eine verlassene Fabrikshalle.
Verlassene Industrie- und Gewerbeflächen gibt es zuhauf, auch in Österreich. Die Anstrengungen, sie zu nutzen, werden mehr.
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KI hilft in Deutschland

In Deutschland liegt die entsprechende Zahl bei 150.000 Hektar. So viel an "sofort verfügbaren" Brachen soll es laut dem Bundesamt für Raumwesen in der Bundesrepublik geben. Raphael Thießen kennt die Zahl als Geschäftsführer des Deutschen Brownfield Verbands natürlich sehr gut - allerdings: "Niemand weiß, wo genau sich diese Flächen befinden", sagt er dem STANDARD.

Also ging er selbst an die Sache heran, und sein Verband beauftragte vor etwa zweieinhalb Jahren das Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen (IIS) in Nürnberg mit einer Machbarkeitsstudie darüber, wie mithilfe künstlicher Intelligenz (KI) Brachflächen erhoben werden könnten.

In der Folge wurde das Projekt "Argos" ins Leben gerufen. Das Akronym steht für "Aufklärung von reaktivierbaren Gewerbeflächen mittels optisch-basierter Systeme". Aus Geodaten, Luft- und Satellitenbildern werden nun also mithilfe einer KI verlassene Lagerhallen, leerstehende Industrieanlagen und nicht mehr genutzte Gewerbegrundstücke in ganz Deutschland identifiziert.

Exklusive Partner finanzierten

Das Projekt befindet sich in der finalen Phase. Finanziert wurde es über Crowdfunding. Die nötigen 350.000 Euro stammen von 15 exklusiven Unternehmenspartnern, zu denen etwa Logistiker, aber auch Einzelhändler wie Lidl und Zalando gehören. Das sei durchaus ein "Risikoinvestment" gewesen, sagt Thießen - denn es hätte auch ein Reinfall werden können. Laut ersten Infos vonseiten des Projektpartners werde es aber "eher mehr Flächen als erwartet" beinhalten.

Zu Ostern soll das erste flächendeckende deutsche Brownfield-Kataster fertig sein, dann haben die finanzierenden Partner ein halbes Jahr lang exklusiven Zugriff auf die Daten. Im Anschluss, also ab Herbst, wird der Kataster sämtlichen Mitgliedern des Verbands zur Verfügung stehen, das sind derzeit 132 Unternehmen und Verbände. Im Oktober ist auf der Immobilienmesse Expo Real in München eine Präsentation geplant.

Großes Interesse in Österreich

Das Thema Boden werde immer wichtiger, sagt Thießen. Auch im Zusammenhang mit der EU-Taxonomieverordnung vulgo ESG-Kriterien gewinne der Bodenverbrauch an Relevanz, werde derzeit aber noch "zu oft ausgeklammert", sagt Thießen, der auch Geschäftsführer des von ihm gegründeten Unternehmens Brownfield24 Gmbh mit Sitz in Gütersloh ist.

Was den Kataster betrifft, den er "Flächenpotenzialkataster" nennt, sagt Thießen, dass das Interesse seitens der Politik in Deutschland abgesehen von beispielsweise regionalen Verbänden wie dem Altlastenverband NRW bisher sehr überschaubar gewesen sei. Mehr politisches Interesse erkennt Thießen in Österreich, wo er schon im November beim erwähnten Brachflächengipfel als Redner zu Gast war und am 10. April in Linz gemeinsam mit Vertretern des Fraunhofer-Instituts beim Zukunftsforum Oberösterreich auftreten wird. (Martin Putschögl, 22.2.2024)