Rohbau Haus
Investitionen in den Wohnbau sollen die Baukonjunktur stützen. Wohin genau das Geld fließen soll, ist aber umstritten.
IMAGO/Sven Simon

Sie sind eine politisch wild umworbene Spezies. Kaum eine Partei, die nicht ein Angebot in Richtung der Häuslbauer macht: Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) hat in der Rede zu seinem "Österreich-Plan" vorgeschlagen, alle Gebühren und Steuern beim Kauf des ersten Eigenheims abzuschaffen. Die SPÖ Niederösterreich will, dass der Staat einen massiven Zuschuss zu Kreditkosten für Eigenheimerrichter gibt, auch für schon laufende Darlehen. Die FPÖ fordert einen Zinsdeckel, damit Kreditnehmer, die variable Kredite haben und deren Zinskosten stark gestiegen sind, entlastet werden. Selbst die Grünen haben einen Gesetzesvorschlag vorgelegt, mit dem bis 2016 rückwirkend die teuer gewordenen, variabel verzinsten Kredite für Häuslbauer in fix verzinste konvertiert werden sollen – wohl auf Kosten der Banken.

Der weitreichendste Vorschlag kam aber zuletzt von den Sozialpartnern – und damit, neben den schwarzen Vertretern aus der Wirtschaftskammer (WKO), ausgerechnet vom roten Baugewerkschafter Josef Muchitsch. Er und WKO-Chef Harald Mahrer forderten einen nicht rückzahlbaren Zuschuss in Höhe von 20 Prozent der Errichtungskosten einer Immobilie, maximal jedoch 100.000 Euro. In dem Wirbel um das angedachte Geldgeschenk ging fast unter, dass die Sozialpartner auch mindestens 500 Millionen Euro zusätzlich in den gemeinnützigen Wohnbau stecken und Sanierungen fördern wollen.

Bauwirtschaft ankurbeln

Damit soll einerseits die Bauwirtschaft angekurbelt werden. Der zweite Teil des Planes lautet, sicherzustellen, dass auch in den kommenden Jahren genügend Wohnraum auf den Markt kommt. Fragt sich also: Ist der Vorschlag tauglich, um all das zu erreichen?

Tatsache ist, dass die Bauwirtschaft einen herben Einbruch erlebt. Laut Prognose der Wirtschaftsforscher sollen die Neuinvestitionen in den Bausektor, staatliche wie private, heuer bei 36,59 Milliarden Euro liegen. Das ist nominell ein Rückgang von 7,3 Prozent seit 2022, inflationsbereinigt sind es mehr als 20 Prozent minus. Insgesamt wurden im Vorjahr laut dem Institut für Immobilien, Bauen und Wohnen von Wohnbauforscher Wolfgang Amann 45.000 Bewilligungen für neue Wohnungen und Häuser erteilt. Das ist der niedrigste Wert seit 2005 – obwohl inzwischen die Bevölkerung deutlich gewachsen ist.

Nun gilt es freilich auch zu bedenken, dass in den vergangenen Jahren viel gebaut wurden – 2016 bis 2021 waren Boomjahre. Auch sind die Preise für die Errichtung von Häusern und Wohnungen laut Statistik Austria seit Jänner 2021 um 30 Prozentpunkte gestiegen – und in den vergangenen Monaten nicht gefallen. Das hat selbst Ökonomen überrascht; wenn die Nachfrage kräftig sinkt, bei hohem Angebot, würde man erwarten, dass auch die Preise sinken. Dass das nicht passiert ist, wäre ein Anzeichen dafür, dass die Auslastung der Branche noch gar nicht so schlecht ist.

Es wird zu wenig gebaut

Doch Experten wie der Ökonom Michael Klien vom Wifo sagen, dass die derzeit in der Pipeline befindlichen Wohnbauprojekte zu wenige sind, um in den kommenden Jahren Knappheiten zu vermeiden. Auch dem Argument der Gewerkschaft kann er etwas abgewinnen, wonach es problematisch wäre, wenn der Bausektor zu lange einer Flaute ausgesetzt wäre. Er nennt das Beispiel Deutschland: Dort sei die Bauwirtschaft in den 1990er-Jahren in eine Krise geschlittert, viele Betriebe und erprobte Lieferbeziehungen seien verschwunden. Davon habe sich die deutsche Bauwirtschaft bis heute nicht erholt, die in besseren Jahren dem Auftragsvolumen nicht nachkomme. Der Staat tue also gut daran mitzuhelfen, eine vorübergehende Krise, die von enorm gestiegenen Zinsen verursacht wurde, zu überbrücken.

Auch ökonomisch gilt, dass in die Bauwirtschaft investiertes Geld einen vergleichsweise großen positiven Effekt auf die Gesamtwirtschaft hat. Wenn der Staat in die Privatwirtschaft investiert oder Steuern senkt, kurbelt das die Nachfrage von Unternehmen und Haushalten an. Wie groß dieser Effekt ist, hängt davon ab, wo der Staat das Geld ausgibt. In einer Analyse des Fiskalrats heißt es, dass in mittlerer Frist, also über vier Jahre gerechnet, öffentliche Investitionen der Wirtschaft am meisten helfen – deutlich mehr als Steuersenkungen. Jeder staatlich investierte Euro steigert die Wirtschaftsleistung um 1,58 Euro.

Bonus mit Mitnahmeeffekten

Allerdings dürfte es einen Unterschied machen, wo gefördert wird – etwa beim sozialen Wohnbau, oder ob es Geldgeschenke für Häuslbauer gibt. Ökonom Klien sagt, dass ein zusätzlich in den sozialen Wohnbau investierter Euro dort besser aufgehoben sei. Da die hier tätigen Unternehmen, gesetzlich vorgegeben, nur geringe Gewinne erwirtschaften dürfen, haben sie dann Interesse, Wohnungen zu errichten, wenn sie in etwa kostendeckend anbieten können. Selbst wenn private Häuslbauer Geld zugeschossen bekommen, kann es hingegen sein, dass sie angesichts der enorm hohen Zinsen niemanden finden, der ihnen ein passendes, also nicht zu teures, Angebot macht. Demgegenüber gibt es viele Häuslbauer, die sich selbst von den hohen Zinsen nicht abschrecken lassen.

2023 wurden Baubewilligungen für rund 11.000 neue Einfamilienhäuser erteilt. Hätten sie alle den maximalen Bonus von 100.000 Euro erhalten, was angesichts der Baupreise nicht unrealistisch wäre, hätte das 1,1 Milliarden gekostet. Das wäre also ein reiner Mitnahmeeffekt gewesen, da diese Häuser sowieso gebaut wurden. Viel Geld ausgeben, ohne neuen Wohnraum zu schaffen: Das ist das Worst-Case-Szenario aus staatlicher Sicht.

Bodensparendes Bauen als Ziel

Und es gibt noch weitere Aspekte dabei. Von Planerinnen und Planern erntete der Vorschlag der Bausozialpartner scharfe Kritik. Denn grundsätzlich sei das Eigenheim "das falsche Signal an die Gesellschaft", sagt Daniel Fügenschuh, Präsident der Bundeskammer der Ziviltechniker. Dringlicheres Ziel sei es, die Sanierungsrate zu steigern und Nachnutzungen in Ortskernen zu fördern, statt des Einfamilienhauses auf der grünen Wiese. Investitionen in die "qualitätsvolle Innenentwicklung von Ortschaften" würden ebenso die Bauwirtschaft ankurbeln.

Ins selbe Horn stößt Wohnbauforscher Amann. Ja, das Eigenheim sei vielen Österreicherinnen und Österreichern sehr wichtig – doch man müsse nun "die Vorteile des Eigenheims mit der Vermeidung von dessen Nachteilen verbinden". Man könne ein Eigenheim auch auf 250 Quadratmeter Grundfläche errichten, mit geschlossener Bauweise wie bei Reihenhäusern oder mit Doppelhäusern. Außerdem sollten generell wieder kleinere Häuser gebaut werden. "Das Augenmaß ist hier in den letzten Jahrzehnten verlorengegangen." Von 130 Quadratmetern noch vor 20 Jahren sei man mittlerweile im Schnitt bei 180 bis 200 Quadratmetern angelangt.

Vorteile hätten Eigenheime aus Sicht Amanns aber durchaus auch. "Es wird viel privates Kapital akquiriert, es braucht für Einfamilienhäuser geringere Förderungen als für den Geschoßwohnbau, und es gibt starke Impulse für die regionale Wirtschaft."

Ländersache Wohnbauförderung

Grundsätzlich wäre ohnehin die Wohnbauförderung dafür da, den Bau von Eigenheimen mitzufinanzieren. Über sie haben die Bundesländer die Oberhand. Für Häuslbauer gibt es hier üblicherweise aber keine nichtrückzahlbaren Zuschüsse abzuholen, sondern günstige Darlehen oder sogar nur Landeshaftungen für Kredite. Nicht rückzahlbare Zuschüsse gibt es nur in Salzburg sowie in Kärnten, wo es einen "Häuslbauerbonus" von 20.000 Euro gibt; bei einer Wohnnutzfläche von maximal 150 Quadratmetern sind es 25.000 Euro.

In Salzburg will der neue Wohnbaulandesrat Martin Zauner (FPÖ) ab 2025 wieder zu einem System mit geförderten Krediten zurückkehren. Fördersysteme mit Rückflüssen seien am nachhaltigsten, sagt Amann. Aktuell gibt es in Salzburg noch Zuschüsse bis zu 30.000 Euro, abhängig von diversen Faktoren wie Einkommen und Familiensituation. Außerdem gibt es umso weniger Geld, je größer das Grundstück ist. Auf solche Lenkungsinstrumente zu verzichten wäre für Amann ein schwerer Fehler. Ohnehin hat die Wohnbauförderung in der Nullzinsphase stark an Attraktivität verloren und damit auch die Möglichkeit, lenkend einzugreifen. Da sollte man nun die Gunst der Stunde nutzen. (András Szigetvari, Martin Putschögl, 24.2.2024)