1. Baba, Fadesse

Eleganz mit einem Twist bei Bottega Veneta
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Der Tenor während der Modewoche war eindeutig: Viele Kollektionen sind tragbar, sehen aber langweilig aus. Reagiert die Luxusmodeindustrie bereits mit der Nummer sicher auf unsichere Zeiten? Immerhin gibt es Marken, die die Gratwanderung zwischen Tragbarkeit und Aufregung schaffen. Der Designer Matthieu Blazy ist so einer. Seine Mode ist weder laut noch langweilig, seit zwei Jahren überraschen Blazys Kollektionen für Bottega Veneta mit Materialexperimenten, immer steht dabei die Kleidung im Vordergrund: Leder wird gestrickt oder zu struppigen Mänteln verarbeitet. Ein ähnlicher Fall ist das Modehaus Prada. Die Doppelspitze Miuccia Prada und Raf Simons setzt sich einmal mehr mit Geschlechterfragen auseinander: Feine Mascherln werden mit Röcken, die aus Hosenbeinen zu bestehen scheinen, kontrastiert. Röcke und Jacken bestehen vorne aus Wollstoff – und hinten aus Seide. Inspiration für den Herbst: nicht weniger als die Geschichte der Mode.

Geschlechterfragen wurden auf dem Laufsteg von Prada verhandelt.
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2. Die Mob-Wives kommen

Große Gesten beim Modehaus Dolce & Gabbana
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Im Internet gelten sie als neue Stilvorbilder: die Mob-Wives, die Pelzmäntel tragenden Mafiabräute. Im Jubiläumsjahr der Sopranos – 25 Jahre ist der Serienstart her – werden auf Tiktok Lederhosen, falsche Pelzmäntel und Leopardenmuster hervorgeholt. In Mailand waren die Mob-Wives nicht nur in der U-Bahn zu sehen, sie liefen auch über den Laufsteg des Modehauses Dolce & Gabbana. Das Unternehmen verzichtet zwar seit zwei Jahren auf Echtpelz, der verruchte Look passt trotzdem. Wer, wenn nicht die beiden gebürtigen Sizilianer Domenico Dolce und Stefano Gabbana, weiß, was Mafiabräute mögen? Das überzeugendste Mob-Wife gab allerdings US-Schauspielerin Eva Mendes ab. Sie erschien im Mailänder Metropol-Theater im falschen Leopardenmantel. Und Kim Jones, Kreativchef des Pelzhauses Fendi? Schwelgte zwar auch in der Vergangenheit, widmete sich aber lieber britischen Subkulturen der Achtziger, als sich an den Uniformen einer Carmela Soprano abzuarbeiten.

Fendi ließ sich von britischen Subkulturen der Achtzigerjahre anregen.
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3. Unter der Lupe

Statt auf schräge Mode setzt Gucci nun auf reduzierte Sexyness.
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Kaum einer steht so sehr unter Beobachtung wie der Modedesigner Sabato de Sarno. Der 41-jährige Italiener soll für Gucci, die zehn Milliarden schwere Vorzeigemarke des Luxuskonzerns Kering, einen radikalen Richtungswechsel vollziehen. Dass die schrägen Gucci-Geeks des Vorgängers Alessandro Michele von gestern sind, hatte De Sarno schon in seinem Debüt im September vorgeführt. Die Reaktionen auf die neue Handschrift, auf Minishorts und Hoodies, fielen damals verhalten aus. Seither trommelt Kering intensiv für die Marke: Bei der Verleihung ihres Grammys erschien Popstar Miley Cyrus im Februar mit ihrer Gucci-Handtasche auf dem Podium – das gab’s noch nie. In einer Mailänder Lagerhalle wurde das Gucci-Programm nun fortgeführt. De Sarno bleibt den Shorts treu, setzt auf flache Overknee-Stiefel, Lingerie-Kleider, mit Pailletten bestickte Mäntel und grob gestrickte Cardigans, dazu tragen die Models Choker um die Hälse. Ob das für eine neue Ära ausreicht?

4. Unterhaltung, bitte

In der Show von Emporio Armani wirbelten die Flocken.
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Shows, die zum Großevent werden, sind in Mailand wahrlich nichts Neues, die Social-Media-Kanäle verlangen danach. Vielleicht nahmen deshalb die Fans von Philipp Plein in der Mailänder Allianz-Arena den Auftritt der italienischen Pop-Punker Sad und die Models, die in High Heels wackelig ein Gerüst erklommen, so gleichmütig hin. Sie sind von dem deutschen Designer in Sachen Unterhaltung Flammen und Explosionen gewöhnt. Auch Giorgio Armani, der im Sommer 90 wird, schien schon in Feierlaune: Beendet wurde die Show seiner Marke Emporio mit einem sanften Schneesturm, die Models marschierten mit Regenschirmen unter den rieselnden Flocken her. Ins Internet verlängert wurde die Show des Streetwear-Labels Diesel. Am Mittwoch war auf beiden Seiten des Laufstegs eine virtuelle erste Reihe aufgebaut worden. Etwa tausend internationale Gäste nahmen via Zoom an der Show teil, sie waren auf sechs großen Bildschirmen zu sehen. Ist das die Zukunft?

Etwa tausend Gäste nahmen via Zoom ander Show von Diesel teil.
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5. Das Designerkarussel

Die Tod’s-Show fand im Straßenbahndepot statt.
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Die erste Show des Neuen fand im Mailänder Straßenbahndepot statt: Inmitten der Gleise führte Matteo Tamburini, seit zwei Monaten Kreativchef bei Tod’s, mit Trenchcoats und hüftig sitzenden Ledergürteln vor, dass er seine Erfahrung in der Branche auf den neuen Arbeitgeber übersetzen kann. Anpassungsfähigkeit ist mehr denn je das A und O. Denn das Designerkarussell dreht sich in einem solchen Tempo, dass selbst Mode-Insider über Ab- und Neuzugänge nur schwer den Überblick behalten. In dieser Saison durften sich außerdem Walter Chiapponi bei der Marke Blumarine und der in Buenos Aires geborene Designer Adrian Appiolaza bei Moschino beweisen. Letzterer folgte auf den US-Amerikaner Jeremy Scott, der immerhin eine halbe Ewigkeit für das Unternehmen gearbeitet hat. Mit dem ironisch Überzeichneten ist dort erstmal Schluss. Appiolaza näherte sich der Handschrift Franco Moschinos mit Smiley-Handtaschen und angezogener Handbremse.

Der in Buenos Aires geborene Designer Adrian Appiolaza zeigte seine erste Show für Moschino.
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(Anne Feldkamp, 26.2.2024)