Teenager Junge mit unreiner Haut im Gesicht sitzt mit Kopfhörern auf dem Sofa und schaut auf sein Smartphone
Nicht nur das äußere Erscheinungsbild ändert sich mit Einsetzen der Pubertät, es wirkt sich vor allem auch auf die Stimmung aus.
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Das Hautbild verändert sich, die Körperbehaarung wird intensiver, die Brüste beziehungsweise Hoden wachsen – und vor allem: Die Stimmung verändert sich. Denn die Pubertät beginnt im Kopf, heißt es. Und das ist auch im wahrsten Sinne des Wortes so, mit Beginn der Pubertät bilden sich im Zwischenhirn nämlich bestimmte Hormone, die auf die sogenannte Hirnanhangsdrüse wirken. Und diese Drüse wiederum produziert dann jene Hormone, die die Geschlechtsdrüsen dazu anregen, Sexualhormone zu bilden.

Dieser (verkürzt dargestellte) Prozess setzt dabei in immer jüngerem Alter ein. Diese Entwicklung beobachten Fachleute schon länger. Seit den 1970er-Jahren sinkt das Alter, in dem junge Menschen in die Pubertät kommen, im Schnitt alle zehn Jahre um rund drei Monate. Das Alter am Pubertätsende hingegen verschob sich in den vergangenen 50 Jahren nicht, die Pubertät dauert also im Schnitt etwas länger als früher.

Das zeigte etwa vergangenes Jahr eine großangelegte Studie des Universitätsklinikums Bonn. Über viele Jahre werteten die Forscherinnen und Forscher die Daten junger Menschen aus. Das Ergebnis: Im Jahr 2000 setzte die Pubertät durchschnittlich im Alter von 11,48 Jahren ein, im Jahr 2021 waren die Kinder im Schnitt 10,93 Jahre. Auch Zahlen aus anderen Ländern, etwa aus der Nationalen Geburtenkohorte in Dänemark, zeigen eine sehr ähnliche Tendenz.

Psychosoziale Belastung

Die Corona-Pandemie habe diesen Effekt beschleunigt, glauben Expertinnen und Experten. Bettina Gohlke von der Universitätskinderklinik Bonn und Studienautorin der eben erwähnten Erhebung sagte dazu etwa zur Deutschen Presse-Agentur, dass während der Pandemie "20 bis 30 Prozent mehr Fälle verfrühter Pubertät erfasst wurden". Aus anderen europäischen Ländern, aber auch aus den USA oder China gebe es ähnliche Daten, berichtet sie.

Wie genau die verfrühte Pubertät mit der Pandemie zusammenhängt, ist nicht ganz klar. Möglicherweise könnte es laut Gohlke einen Zusammenhang mit der erhöhten psychosozialen Belastung zu Corona-Zeiten geben. Frühere Studien hätten gezeigt, dass junge Menschen in solch belastenden Situationen körperlich früher reiften.

Möglicher Zusammenhang mit Übergewicht

Darüber hinaus könne auch das Körpergewicht eine entscheidende Rolle spielen. Während der Pandemie haben sich die Ernährungsgewohnheiten stark verändert. Viele junge Menschen aßen zu dieser Zeit mehr und bewegten sich deutlich weniger. Übergewicht gilt aber als einer der wichtigsten Faktoren für eine früh einsetzende Pubertät, das weiß man in der Forschung schon lange. 2013 haben US-amerikanische Wissenschafterinnen und Wissenschafter dazu 1.200 Mädchen untersucht und bemerkt, dass bei Mädchen mit höherem Körpergewicht das Brustwachstum früher einsetzte. Mädchen mit mehr Körperfett menstruierten auch früher als dünnere Altersgenossinnen.

Biologisch kann man sich dieses Phänomen gut erklären. Im Fettgewebe wird dann vermehrt der Botenstoff Leptin gebildet, und der treibt die Pubertät voran. Je dicker ein Kind, desto früher entwickelt es sich also zum Erwachsenen. Das bedeutet in weiterer Folge auch: Das Einsetzen der Pubertät hängt auch immer mit dem Lebensstandard zusammen. Aktuell sind Kinder aus sozioökonomisch schwächeren Familien eher von verfrühter Pubertät betroffen, weil sie deutlich häufiger übergewichtig sind als Kinder aus finanziell besser gestellten Familien.

Aber auch wenn man das Gewicht herausrechnet, bleibe laut Expertin Gohlke seit der Corona-Pandemie ein deutliches Plus an Fällen von früher einsetzender Pubertät. Zudem sei das Körpergewicht bei jungen Mädchen im Pubertätsalter im 20. Jahrhundert ohnehin stetig gestiegen. Dafür, dass ausgerechnet während der Corona-Pandemie die Pubertät häufig verfrüht einsetzte, dürfte es daher wohl mehrere Gründe geben, die zusammenspielen. (poem, 28.2.2024)