Die Pflege von alten und kranken Angehörigen ist nach wie vor
Die Pflege von alten und kranken Angehörigen ist nach wie vor "Frauensache".
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Spätestens seit die neue Zeitverwendungsstudie vorliegt, ist klar: Hausarbeit, Kinderbetreuung oder auch die Pflege von Angehörigen leisten noch immer zu einem deutlich größeren Teil Frauen. 14 Jahre sind seit der letzten Erhebung, wer wie viel unbezahlte Arbeit leistet, vergangen. Bewegt hat sich in der privaten Arbeitsteilung bei Paaren kaum etwas. Frauen leisten laut der aktuellen Zeiterhebungsstudie der Statistik Austria durchschnittlich 4,19 Stunden unbezahlte Arbeit, Männer 2,29 Stunden.

Der Equal Care Day macht am 29. Februar auf eine gerechtere Verteilung der Sorgearbeit aufmerksam, also nur alle viere Jahre. Das Wissenschaftsnetz "Diskurs" fokussierte bei einem Pressegespräch mit Forscher:innen auf zwei zentrale Bereiche der Sorgearbeit: sämtliche unbezahlten Tätigkeiten in und um die eigene Familie und die Pflege von alten oder kranken Angehören.

Weit entfernt von fair

Der Anteil der Sorgearbeit von Männern ist seit 2009 von 34 Prozent nur auf 39 Prozent gestiegen, sagt Caroline Berghammer von der Universität Wien und vom Institut für Demographie der Akademie der Wissenschaften (ÖAW). Etwas besser klappt die faire Verteilung, wenn keine Kinder im Haushalt leben, kinderlose Paare oder Paare in Pension verteilen sich die unbezahlte Arbeit besser. Die Daten zeigen auch: Halbe-halbe gibt es in Haushalten erst, wenn Frauen merklich mehr Erwerbsarbeit leisten als ihre männlichen Partner. Ihre Gesamtarbeitszeit steigt insofern allerdings.

Männer kommen bei Fragen der Kinderbetreuung zu kurz, sagt Berghammer. Dass etwa Überstunden steuerlich begünstigt sind, fördere noch zusätzlich den Rückzug der Männer aus der Carearbeit. Wenn Vollzeitbeschäftigung politisch gefördert wird, sollte man auch darüber nachdenken, was das in den Familien mit sich bringen kann, meinte Berghammer. Männer arbeiten in Vollzeitbeschäftigungen durchschnittlich nicht 38, sondern 42 Stunden – und fehlen somit bei der unbezahlten Arbeit.

Um rascher Egalität bei der Carearbeit zu erreichen, sei auch eine qualitativ hochwertige Kinderbetreuung wichtig, sagt Berghammer. In Österreich gebe es ohnehin eine weitverbreitete Skepsis gegenüber außerfamiliärer Kinderbetreuung. Deshalb sei es von großer Bedeutung, für gute Qualität zu sorgen. Wenn die Gruppen in Kindergärten zu groß seien oder die Bezahlung der Pädagoginnen schlecht, befeuere das noch zusätzlich die Zweifel, dass das Kind auch außerhalb der Familie gut betreut wird.

Übergang in die Pflege

Auch um die Pflege der Angehörigen kümmern sich zu einem weitaus größeren Teil Frauen – und dieses Kümmern beginnt schon bei Mädchen, sagt Martin Nagl-Kupal vom Institut für Pflegewissenschaft der Uni Wien. 73 Prozent der pflegenden Angehörigen sind Frauen, 80 Prozent der pflegenden Eltern sind Frauen. Auch bei Studierenden, die jemanden pflegen müssen, tun dies zu 74 Frauen. Nicht anders sieht es bei den ganz Jungen aus: Unter jenen, die bereits unter 18 Jahren pflegen, sind rund 70 Prozent Mädchen.

Mädchen vernachlässigen aufgrund von Pflegetätigkeiten auch, sich mit ihren beruflichen Perspektiven zu beschäftigen. Und als Erwachsene richten sie ihre Erwerbstätigkeit eher auf ihre Pflegeaufgaben aus. Für Männer beginnt das Sorgen um Kranke oder Alte oft erst, wenn sie bereits in Pension sind, etwa, wenn sie ihre Partnerinnen pflegen müssen. Der Übergang zur Pflegerolle fällt Männern schwerer, sagt Nagl-Kupal. Frauen haben hingegen Schwierigkeiten, Hilfe durch professionelle Pfleger:innen in Anspruch zu nehmen.

Besonders die direkte Pflege, etwa Körperpflege, belastet Pflegende besonders. Gerade die praktische Pflege werde in skandinavischen Ländern viel stärker von professionellen Pfleger:innen übernommen. In Österreich geht man hingegen viel stärker von einem "Gesamtpaket" aus, sagt Nagl-Kupal. Einen Angehörigen zu pflegen bedeute dann gleich, alle nötigen Pflegetätigkeiten zu übernehmen. Für eine Entlastung der Menschen, die Angehörige pflegen, brauche es daher deutlich mehr Geld für professionelle Unterstützung. (beaha, 29.2.2024)