Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) will den Tätigkeitsbereich für Asylwerber ausweiten, sodass sie etwa "Grünpflege" übernehmen können – allerdings doch ohne Pflicht.
Heribert Corn

Ende vergangenen Jahres gab es eine große Diskussion über die sogenannte Arbeitspflicht für Asylwerber. Aus dem ÖVP-geführten Innenministerium kam die Idee, es müssten mehr Möglichkeiten geschaffen werden, um Asylwerber für gemeinnützige Tätigkeiten einsetzen zu können – wenn die Betroffenen dann aber nicht arbeiten wollen, solle ihnen das Geld (oder die Sachleistung) gekürzt werden. Dem STANDARD liegt nun der entsprechende Verordnungsentwurf aus dem Innenministerium vor. Darin ist auch eine Ausweitung der Tätigkeitsbereiche für Asylwerber vorgesehen – allerdings könnten Arbeit nur "mit deren Einverständnis" ausgeführt werden, also freiwillig.

Der Verordnungsentwurf wurde vom Innenministerium an die Bundesländer geschickt. In einem Begleitschreiben des Ministeriums, das dem STANDARD ebenfalls vorliegt, wird auf die "deutliche" Ausweitung der "gemeinnützigen Hilfs- und Remunerantentätigkeiten" für Asylwerber hingewiesen. Erstens sollen Flüchtlinge künftig auch in "Organisationen unter dem bestimmenden Einfluss einer Gebietskörperschaft oder eines Gemeindeverbandes" eingesetzt werden können. Das soll heißen: auch im Seniorenzentrum oder im Pflegeheim, in der Bibliothek, in Sportstätten oder in der Friedhofsverwaltung – selbst wenn die Einrichtungen nicht direkt von der Gemeinde betrieben werden. Dort könnten Asylwerberinnen und Asylwerber in der Administration, bei der "Grünpflege", im Winterdienst oder zur Unterstützung bei Veranstaltungen mitarbeiten, wie es heißt.

Rechtliche Probleme rund um die "Arbeitspflicht"

Zweitens sollen auch Tätigkeiten für "Nichtregierungsorganisationen" möglich sein – insbesondere im "sozialen oder karitativen Bereich". Ausdrücklich genannt wird in dem Schreiben der Einsatz in Tagesstätten, Obdachloseneinrichtungen, Behindertenwerkstätten oder Alten- und Pflegeeinrichtungen. In dem Verordnungsentwurf wird jedoch gleich zweimal ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Organisationen Asylwerber nur "mit deren Einverständnis" für Hilfstätigkeiten heranziehen können. Dass eine "Arbeitspflicht", wie eigentlich angedacht, rechtlich gar nicht umsetzbar sei, wurde von mehreren Experten schon vergangenes Jahr festgehalten.

Auch Wiens zuständiger Stadtrat Peter Hacker (SPÖ) hatte von einem "Verstoß gegen die Menschenrechte" gesprochen und davor gewarnt, dass mit Flüchtlingen Lohndumping betrieben werde. Würden Asylwerber als Straßenkehrer und Pfleger von Grünflächen eingesetzt, würden außerdem die derzeitigen Arbeitskräfte ihren Job verlieren, so die Argumentation des Sozialdemokraten.

Vorarlberg und Oberösterreich wollen eigene Regeln

In mehreren anderen Bundesländern war der Vorstoß aus dem Innenministerium hingegen sehr positiv aufgenommen worden. Vorarlberg hatte gleich angekündigt, ankommende Asylwerber per "Kodex" zu Hilfstätigkeiten verpflichten zu wollen. Wer sich weigere, werde sanktioniert. Auch in Oberösterreich wurde eine "schrittweise" Vorgehensweise in diese Richtung angekündigt.

Sobald die Verordnung des Innenministeriums offiziell verlautbart ist, wird sie für alle Bundesländer verbindlich – somit auch für Oberösterreich und Vorarlberg, wo man sich für eine Arbeitspflicht von Asylwerberinnen und Asylwerbern ausgesprochen hatte. Das sagt auch Lukas Gahleitner, Jurist und Sprecher der NGO Asylkoordination: "Eine solche Verordnung ist Bundesrecht. Bestimmungen der Länder, die ihr widersprechen, wären rechtswidrig." (Katharina Mittelstaedt, Irene Brickner, 29.2.2024)