Immer wieder schleppt Musk seine Kritiker in den Gerichtssaal.
IMAGO/Angga Budhiyanto

Elon Musk und X werfen dem Center for Countering Digital Hate (CCDH), das Hass und Extremismus im Internet entgegentreten will, vor, "unwahre und irreführende Behauptungen über X aktiv weiterzuverbreiten". Es ist nicht das erste Mal, dass Musk eine unabhängige Forschungsorganisation verklagt. Alleine im letzten Jahr drohte er der jüdischen Anti-Defamation League mit rechtlichen Konsequenzen. Die autonome Medienaufsicht Media Matters musste auch eine Klage Musks einstecken, nachdem sie in einem Selbstversuch darstellte, wie immer wieder extremistische Inhalte neben Werbungen bekannter Marken auftauchten.

Nach Musks Übernahme von Twitter veröffentlichte das CCDH einen Bericht, in dem ein starker Anstieg von Hassbotschaften vermerkt wurde. Zudem konnte nachgewiesen werden, dass das soziale Netzwerk monatlich Millionen mit den Werbeeinahmen auf den Accounts vormals gesperrter Personen verdient. Eines dieser gesperrten Konten gehörte dem verurteilen Neonazi Andrew Anglin.

Einschüchterungsklagen

Ein "Strategic Lawsuit Against Public Participation" oder abgekürzt Slapp ist eine Taktik, bei der zum Beispiel Konzerne Aussagen oder Standpunkte, die ihnen Schaden könnten, mit fadenscheinigen Klagen abwenden wollen. Die drohenden Prozesskosten sind für die Privatpersonen oder unabhängigen Kräfte oft nicht zu stemmen, was zur Rücknahme der getätigten Aussagen führt. Um die Gerichte zu entlasten und die freie Meinungsäußerung zu schützen, haben viele amerikanische Bundesstaaten sogenannte Anti-Slapp-Gesetze erlassen. Solche Gesetze ermöglichen eine verbale Anhörung mit dem Richter, der dann entscheiden kann, ob die eingebrachte Klage juristisch relevant ist. Das CCDH hat eine solche Anhörung verlangt.

In dieser Anhörung werden die Anklagepunkte von X, die unter anderem dem CCDH auch vorwerfen, mit dem Social-Media-Tool Brandwatch illegal Daten gesammelt zu haben, auf ihre Validität geprüft. Über Zoom kann die Öffentlichkeit an diesem Hearing teilhaben.

Zentrum gegen digitalen Hass

Die Arbeit des CCDH fokussiert sich bei weitem nicht allein auf X. Die Studien der Forschungsorganisation liefern immer wieder wichtige Einblicke in die Falschmeldungen und gefährlichen Inhalte, die auf sozialen Medien gepostet werden. Berichte über algorithmusgesteuerten Content über Essstörungen auf Tiktok, Klima-Desinformation auf Youtube und misogyne Inhalte auf Instagram sorgten für Aufsehen. Eine Veröffentlichung im September letzten Jahres zeigte zum Beispiel auf, wie Substanzen, die sich ähnlich wie anabole Steroide verhalten, an Unmündige auf Tiktok verkauft werden.

Ein Präzedenzfall gegen eine solche Einrichtung würde die Arbeit von Forschenden, die sich mit der Verbreitung und Existenz von Hassbotschaften im Internet beschäftigen, enorm erschweren. "Diese lächerliche Klage ist ein Paradebeispiel dafür, wie ein reiches, nicht rechenschaftspflichtiges Unternehmen die Gerichte als Waffe benutzt, um Forscher zum Schweigen zu bringen, nur weil sie die Verbreitung von Hassrede, Desinformation und Extremismus im Internet untersuchen", sagte der CEO von CCDH, Imran Ahmed, in einem Interview mit dem amerikanischen Regionalsender Spectrum News 1. "Das CCDH kämpft nicht nur für sein eigenes Überleben in diesem Fall: Wir wissen, dass wir für die Freiheit aller unabhängigen Forscher, Akademiker und Journalisten im Angesicht beispielloser Schikanen durch die Mächtigen einstehen", so der CEO. (red, 29.2.2024)