Gesundheitsstadtrat Peter Hacker bei einer Pressekonferenz
Notfallversorgung gesichert, aber abgesagte Operationen: SPÖ-Politiker Hacker ärgert sich über Folgen der kurzfristigen Spitalsabsiedelung
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Wien – Die vorübergehende Schließung des AUVA-Traumazentrums Wien-Brigittenau, des ehemaligen Unfallkrankenhauses Lorenz Böhler, verärgert auch Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ). Er sei zwar in das Vorhaben grundsätzlich eingeweiht gewesen, habe aber andere Pläne präsentiert bekommen, als nun offenbar umgesetzt werden sollen, sagt er im Interview mit der "Kronen Zeitung" (Samstagsausgabe).

"Das war so nicht vereinbart und ist inakzeptabel", wird Hacker zitiert. Es sei abgemacht gewesen, dass bestehende medizinische Teams "geschlossen eins zu eins an neue Orte übersiedeln" – konkret sollen das AKH und das Meidlinger Unfallkrankenhaus einspringen, wo es genug freien Raum gebe. Dort hätte wie bisher weitergearbeitet werden sollen, nur an einer anderen Adresse. Jedenfalls habe die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt (AUVA) als Trägerin garantiert, dass sie die Patientenversorgung trotz Schließung im bisherigen Umfang aufrecht erhält und sich selbst darum kümmert, sagt Hacker.

"Leute in die Wüste geschickt"

Er wisse bereits von mehreren Böhler-Patienten, deren lange geplante Operationen nun ersatzlos abgesagt worden seien, berichtet der Gesundheitsstadtrat: "Das Management hat seinen Job zu machen. Man kann nicht einfach Operationen absagen und die Leute in die Wüste schicken."

Zudem müsse die Spitalsleitung ihre eigenen Leute informieren. Es gehe nicht an, dass man "das eigene Personal so in der Luft hängen lässt". Tatsächlich soll das Personal erst am Montag erfahren, wo es hinverschoben werden soll. Laut "Krone" sollen die Bettenstationen des Spitals schon am 2. April geräumt werden. Hacker versicherte jedoch, dass die Notfallversorgung gesichert sei, für die Anfahrtszeiten von Rettungsautos zu Spitälern mache das geschlossene Spital keinen Unterschied.

Vorgeschobene Begründung?

Ein geradezu vernichtendes Urteil über die Vorgangsweise fällt Heinz Brenner, Fachgruppenobmann für Unfallchirurgie in der Wiener Ärztekammer. Der Oberarzt wittert nichts anders als Kalkül. Die Brandschutzprobleme seien eine vorgeschobene Begründung für die Absiedelung, sagt er im Gespräch mit dem STANDARD, denn von der Notwendigkeit der Sanierung hätten die Verantwortlichen in der AUVA lange gewusst. Wie in anderen Spitälern auch hätten Umbauten bei laufendem Betrieb stattfinden können – doch wenn man keine Lösung anstrebe, finde man auch keine.

Welchen Grund die AUVA haben sollte, die Situation eskalieren zu lassen? Brenner, der im Böhler-Spital auch stellvertretender Betriebsratsvorsitzender ist, vermutet Sparpläne als verstecktes Motiv. Schließlich dränge die in der AUVA dominante Wirtschaftskammer stets auf eine Senkung der Lohnnebenkosten – und da biete sich an, den ausschließlich von der Arbeitgebern bezahlten Unfallversicherungsbeitrag von 1,1 Prozent der Beitragsrundlage weiter zu drücken. Das lasse sich auch für die mit der Kammer verbandelte ÖVP im Nationalratswahlkampf gut verkaufen.

Die Schließung des Spitals könnte die dafür nötige Kosteneinsparung bringen, mutmaßt Brenner. Denn es sei nicht zu erwarten, dass sich das Personal "wie Schachfiguren" an andere, "aus allem Nähten platzenden" Standorte wie das AKH verschieben lasse: "Da wird es viele Abgänge geben."

Für die Qualität der Arbeit schwant Brenner Übles. Unfallchirurgie sei Teamwork "bis hinunter zur Putzfrau", das Zerreißen von eingespielten Einheiten fatal: "Das haben sich Leute am Schreibtisch ausgedacht, die nie ein Spital von Innen gesehen haben." (APA, Gerald John, 2.3.2024)