Eingang zur MA 35
Bei der MA 35 trudelten zuletzt rund 1.200 Neuanträge in einem Monat für ein Staatsbürgerschaftsverfahren ein. Die Wartezeit auf einen ersten persönlichen Termin beträgt knapp ein Jahr. Die durchschnittliche Verfahrensdauer nach diesem Termin beträgt dann weitere 180 Tage.
Stadt Wien / Fürthner

Wien – Wer als ausländischer Staatsbürger über das Touristenvisum hinaus länger in Wien bleiben will, braucht sie. Und wer einen österreichischen Pass erhalten will, ebenso: Es geht um die Wiener Einwanderungs- und Staatsbürgerschaftsabteilung (MA 35). In den letzten Jahren galt sie aber aufgrund von mitunter extrem langen Verfahrensdauern und wenig bis kaum vorhandenem Servicecharakter für die Antragsteller als verrufene Problembehörde und stand massiv unter Kritik.

Geht es nach dem zuständigen Integrationsstadtrat Christoph Wiederkehr (Neos), hat sich die Situation in Teilbereichen aber bereits verbessert. Er präsentierte am Montag mit MA-35-Leiter Georg Hufgard-Leitner Zwischenergebnisse des vor drei Jahren eingeleiteten Reformprozesses – mit Fokus auf mehr Service, Digitalisierung, Online-Terminvergaben und mehr Personal. So konnte die durchschnittliche Verfahrensdauer im Bereich Einwanderung um ein Drittel reduziert werden. Diese Verfahren nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz stellen auch den Großteil der rund 150.000 Verfahren pro Jahr, die von der MA 35 geführt werden: Knapp 100.000 Verfahren betrafen Aufenthaltstitel für Drittstaatsangehörige, rund 37.000 Verfahren wurden für Personen aus dem Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) geführt.

Vervierfachung der Anträge

Eine Herausforderung bleibt aber der komplexe Bereich Staatsbürgerschaft: Hier beträgt die durchschnittliche Wartezeit auf einen ersten persönlichen Termin knapp ein Jahr. Das sei "nach wie vor zu hoch", sagte Vizebürgermeister Wiederkehr. Der Neos-Wien-Chef führt die Situation auf einen starken Anstieg bei den Neuanträgen zurück. So wurden zwischen 2019 und 2021 durchschnittlich 300 Neuanträge pro Monat eingereicht. Mit Anfang 2022 setzte aber eine signifikante Steigerung ein: Zuletzt wurden im Jänner 2024 rund 1.200 Anträge verzeichnet, das ist eine Vervierfachung innerhalb kurzer Zeit.

Wiederkehr führt den aktuellen Anstieg auch auf die massiven Flüchtlingsbewegungen in den Jahren 2015 und 2016 zurück: Einige jener Personen, die damals ankamen und sich integrierten, würden sich mittlerweile um den Erwerb einer Staatsbürgerschaft bemühen. Unter den aktuellen Antragstellern seien demnach "viele aus Syrien und Afghanistan", sagte Wiederkehr dem STANDARD. Dazu kämen laut Hufgard-Leitner auch Anträge von Personen, die bereits seit Jahrzehnten in Österreich leben und sich nun für den österreichischen Pass entscheiden würden. Die MA 35 wickelte im Vorjahr insgesamt 7.356 Staatsbürgerschaftsverfahren für Personen im Inland ab, mehr als 2.900 davon wurden negativ beschieden. Damit erhielten rund 4.400 einen österreichischen Pass. Wiederkehr: "Die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft ist eine bedeutende und schwer umkehrbare Entscheidung und muss trotz aller Effizienz und Serviceorientierung sorgfältig geprüft werden."

Sessel vor einem Tisch in einem leeren Raum, an dessen Wand die Fahnen von Österreich, Wien und der EU hängen.
In neu eingerichteten Gelöbnisraum im sechsten Stock der MA 35 in der Dresdner Straße im Bezirk Brigittenau erhalten die neuen Staatsbürgerinnen und Staatsbürger feierlich ihre Urkunde.
Credits: Regine Hendrich

Wartezeit auf Termin bleibt vorerst rund ein Jahr

Zwar konnte die MA 35 auch durch mehr Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zuletzt eine erhebliche Steigerung bei den abgeschlossenen Staatsbürgerschaftsanträgen erreichen: 2023 wurden um knapp 700 Anträge mehr abgeschlossen als im Jahr davor. Der deutliche Anstieg bei den Neuanträgen führt aber weiterhin dazu, dass die Wartezeit auf einen ersten persönlichen Termin knapp ein Jahr beträgt. Um den Andrang zu bewältigen, wird die Behörde laut Wiederkehr in den kommenden Monaten 105 weitere Mitarbeiter einstellen. Damit sollen in einem Jahr etwa 1.000 Termine für Antragsteller angeboten werden können. Bei der Wartezeit zeichnet sich mittelfristig vorerst aber keine Entspannung ab.

Aktuell hat die Behörde rund 660 Mitarbeiter, beim Start des Reformprozesses vor drei Jahren waren es noch mehr als 200 Personen weniger. Spätestens im kommenden Jahr soll die Behörde 769 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter umfassen.

Die komplexen und aufwendigen Prüfverfahren seien laut Wiederkehr auch auf eine "bürokratische und schikanöse Gesetzeslage" mit teils absurden Bestimmungen im Staatsbürgerschaftsgesetz zurückzuführen, kritisierte der Vizebürgermeister. Er regte erneut Änderungen beim Bund an. (David Krutzler, 4.3.2024)