Hat die Vorarlberger Hypo allzu leichtfertig Geld an die Signa verliehen und steht nun vor großen Verlusten? Unterlagen der FMA und der Österreichischen Nationalbank legen das nahe, wie Recherchen des STANDARD, ORF und der "Vorarlberger Nachrichten" zeigen. Die SPÖ hat die Causa deswegen zum Thema der Aktuellen Stunde im Landtag gemacht, immerhin ist die Bank zu drei Vierteln im Besitz des Landes.

Im Vorarlberger Landtag wurde am Mittwoch über die Kreditvergabe der Landesbank Hypo an die Signa diskutiert.
APA/Stiplovsek

Der Vorstandsvorsitzende der Bank, Michael Haller, beschwichtigte am Dienstag. Die Abgeordneten überzeugte das allerdings nicht vollends. SPÖ, Neos, Grüne und FPÖ fordern bessere Kontrollmechanismen und Frühwarnsysteme, eine Prüfung durch den Landesrechnungshof obendrein. Diese begrüßt auch die ÖVP. Breite Kritik gab es vor allem von SPÖ, FPÖ und Neos an der zögerlichen Reaktion von Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP).

Wallner verärgert

Dieser nahm am Vorabend der Sitzung erstmals ausführlich Stellung. Nach Aufkommen der Causa hatte er zunächst nur knapp darauf verwiesen, dass er nicht in das operative Geschäft eingebunden sei. Das öffentliche Bild, das die Hypo abgebe, erzeuge natürlich Ärger in der Bevölkerung und auch bei ihm, sagte Wallner nun den "Vorarlberger Nachrichten". Der Ärger sei verständlich, "weil ganz viele einen Antrag auf Wohnbaufinanzierung stellen, und nicht jeder bekommt das Geld aufgrund einer schrägen Kreditverordnung. Auf der anderen Seite wird der Eindruck erweckt, dass es für andere leichter ist. Das ist natürlich etwas, was ich absolut nicht will." Das wiederholte Wallner auch im Landtag. Falls tatsächlich ein Schaden bleibe, werde für die Behebung kein Cent aus dem Steuertopf kommen, dafür werde er persönlich sorgen.

SPÖ sieht "Vogel-Strauß-Politik" Wallners

Manuela Auer, Klubobfrau der SPÖ, läutete die Aktuelle Stunde ein. Das Thema sei "brisant und höchst unerfreulich". Die "Benko-Kredite" würden alle betreffen, weil es sei "unsere Bank, die Bank der Vorarlbergerinnen". Sie wolle nicht darauf eingehen, wie viele Millionen besichert und nicht besichert seien. Vielmehr ging Auer auf die Auswirkungen der Signa-Pleiten an sich ein. Auch auf die Menschen, die sich an seiner Seite gesonnt hätten. Die SPÖ-Politikerin nennt dabei auch ihren Parteikollegen Alfred Gusenbauer. Diese Personen hätten alle dazu beigetragen, dass Benkos Reich so groß habe werden können. Auf der anderen Seite würden normale Häuslbauer stehen, die nicht so leicht an Geld kommen würden.

Auer übte außerdem Kritik an einer Anfragebeantwortung des Landeshauptmanns, in der er darauf verwies, dass der Vorstand das operative Geschäft der Bank bestelle. Dass Wallner am Dienstag erstmals ausführlicher Stellung genommen habe, liege laut Auer daran, dass die SPÖ die Signa zum Thema im Landtag gemacht habe. Wallner treibe die "Vogel-Strauß-Politik" zur Perfektion, das habe man schon bei der Wirtschaftsbund-Affäre gesehen. Wenn es gute Nachrichten gebe, dann würden Pressekonferenzen mit dem Vorstand stattfinden. Wenn nicht, dann werde Wert auf Trennung gelegt. "Sauerei" durfte Auer zu den Signa-Auswirkungen nicht sagen, wie sie der Landtagspräsident ermahnte, Auer wählte deswegen den Begriff "Unordnung". Auch wenn der Verlust statt 131 Millionen Euro "nur" 50 betrage, sei das schlimm. Das sei beispielsweise das Budget für die Wohnbauförderung, so Auer.

"Verheerendes Krisenmanagement"

Auch Neos-Klubobmann Johannes Gasser betonte, dass es natürlich von großem öffentlichen Interesse sei, dass die Landesbank sauber arbeite. Die ganze Causa stoße der Bevölkerung sehr sauer auf. Es gelte bessere Kontrollsysteme zu installieren und mehr Transparenz zu ermöglichen. Deswegen sei eine Prüfung durch den Landesrechnungshof auch sinnvoll. Dass es bei der Signa Unregelmäßigkeiten gibt, sei schon lange bekannt gewesen. "Man hätte die Warnzeichen in den letzten zwei Jahren sehen müssen", sagt Gasser. Im Dezember wurde etwa der Ratingausblick der Hypo auf "negativ" gesetzt. Es sei daher die Frage, ob Wallner als Eigentümervertreter und Finanzreferent nicht schon früher hätte aktiv werden müssen, stellte Gasser in den Raum. Und es gelte auch zu fragen, ob man "die Landesbank angesichts der potenziellen Risiken in Landesbesitz" halten wolle. Sein Parteikollege Gerry Thür kritisierte das Krisenmanagement der Bank, dieses sei "verheerend".

Ambivalenter Eigentümervertreter

Wallner habe sich zu lange Zeit gelassen, befindet auch FPÖ-Klubobmann Christof Bitschi. Wie Auer sprach auch der Freiheitliche die politischen Verbindungen an, die sich Benko zunutze gemacht habe. Die Rolle als Eigentümervertreter lege Wallner ambivalent an, stimmte er in den Chor seiner Vorredner ein. Wenn es schlecht laufe, dann tue man so, als habe man damit nichts zu tun. Wenn es um einen niedrigeren Strompreis gehe – auch die Illwerke/vkw sind ein Landesunternehmen – verbuche man das gerne als Erfolg.

Andere Banken hätten 2018 in weiser Voraussicht dankend abgewinkt, als es darum gegangen sei, mit der Signa Geschäfte zu machen, aber: "Wer macht mit? Unsere Landesbank", sagt die Grüne Klubobfrau Eva Hammerer, "während die Häuslbauer jeden Kieselstein verpfänden müssen, um einen Kredit zu bekommen." Sie wolle keine Ausreden hören, und Lob sei überhaupt Fehl am Platz. Die Teilaufhebung des Bankgeheimnisses und die dadurch öffentlich gemachten Infos durch den Bankvorstand seien wahrscheinlich "ein Bluffchen", meint Hammerer. Es brauche jetzt volle Aufklärung – etwa durch den Landesrechnungshof. Und es gehe auch um die Frage, ob die Landesbank Risikogeschäfte am Kapitalmarkt tätigen soll. Oder ob sie "eine solide und verlässliche Partnerin für die Bevölkerung" sein soll. Immerhin sei die Bank dafür gegründet worden und werbe mit dem bodenständigen Geschäftsmodell. Das betonte auch ihr Parteikollege Daniel Zadra, Landesrat für Umwelt und Energie. Eine Privatisierung der Hypo stehe mit den Grünen jedenfalls nicht zur Debatte.

Hoffen auf ein blaues Auge

ÖVP-Klubobmann Roland Frühstück rückte naturgemäß zur Verteidigung Wallners aus. Das Bankgeheimnis habe es verunmöglicht, über gewisse Dinge zu sprechen. Nach einer Teilaufhebung habe der Vorstand der Bank und der Landeshauptmann schnell Stellung genommen. Sämtliche Experten seien der Meinung, dass die Bank stabil dastehe. "Der Landeshauptmann ist kein Organ der Bank und hat deshalb mit Kreditvergaben überhaupt nichts zu tun. Kein Kredit geht über seinen Schreibtisch", sagte Frühstück.

Er unterstütze selbstverständlich eine Prüfung des Landesrechnungshofs, aber ob das sinnvoll sei, frage er sich, immerhin prüfe auch die Finanzmarktaufsicht (FMA) als dafür zuständiges Organ. Es sei nicht gut, aus dem Thema ein Politikum zu machen. Nun seien die Gremien der Bank gefragt. "Ich hoffe, alle werden mit einem blauen Auge davonkommen." Kritik übte er daran, dass Informationen aus dem U-Ausschuss überhaupt an die Öffentlichkeit gekommen sind.

Was Wallner will 

Wallner bezeichnete die Hypo in seinem Statement als "echte Perle". Kritik zur Art und Weise, wie und wann er zu der Causa Stellung genommen hat, lasse er sich nicht gefallen. "Als Eigentümervertreter nehme ich mir heraus, wann wie und was ich in der Öffentlichkeit dazu sage." Das könne weder die Opposition noch die Medien entscheiden. Und wenn es ein paar Tage dauere, "dann wird das so sein. Was nicht meine Aufgabe ist, ist es, in der Öffentlichkeit Krawall zu veranstalten."

Er habe keine persönlichen oder politischen Beziehungen zu Benko gehabt. "Es gibt andere in der Republik, die beim Herrn Benko ein und aus gegangen sind. Ich nicht." Den Ärger in der Bevölkerung verstehe er selbstverständlich. "Eine Sonderbehandlung für irgendwen ist natürlich nicht zu dulden", sagt Wallner. Wenn ein Schaden eintreten sollte, dann gebe es dazu keinen Cent aus Steuergeld, dafür werde er persönlich sorgen. Auch die Gewinnausschüttung werde dafür nicht gekürzt, "im Gegenteil, wir werden darüber reden müssen den Anteil anzuheben". Die Landesbank müsse einen potenziellen Verlust stemmen und trotzdem nicht in Schieflage geraten. Natürlich müssen der Vorstand, aber auch jene Aufsichtsräte, die im Kreditausschuss sitzen, Verantwortung übernehmen.

Info über Rückstellungen im Jänner

Im Laufe des Jänners habe Wallner von "der unerfreulich hohen Rückstellung von 75 Millionen für das gesamte Kreditgeschäft" erfahren. Zu dem Zeitpunkt komme der Aufsichtsratsvorsitzende der Bank jedes Jahr zu ihm, um die Bilanz zu besprechen. Natürlich habe er "nachgefragt". Dass eine Prüfung der FMA laufe, sei damals schon klar gewesen. "Eine intensivere Prüfung der Bank kann ich mir nicht vorstellen." Das sei zu dem Zeitpunkt für ihn eine wichtige Information gewesen. Im Jahr 2021 hat die Hypo laut Geschäftsbericht 72 Millionen Euro als Rückstellung auf die Seite gelegt, im Jahr 2022 waren es 61 Millionen Euro. (Lara Hagen, 6.3.2024)