Claire Lefèvre auf den Spuren der Tanz-Ikone Loïe Fuller.
Claire Lefèvre auf den Spuren der Tanz-Ikone Loïe Fuller.
Hanna Fasching

Gut gemacht! Eine junge Choreografin von heute nimmt sich eine Ikone des modernen Tanzes zur Brust und führt Aspekte aus deren Leben vor, die meist im Hintergrund bleiben. Für ihr neues Solo Loie (is a fire that cannot be extinguished) hat sich die Französin Claire Lefèvre in die bis heute für ihren "Schlangentanz" und effektvollen Einsatz von Stoff, Licht und Körpererweiterungen legendäre US-Amerikanerin Loïe Fuller versenkt.

Zum Auftakt des diesjährigen Imagetanz-Festivals im Wiener Brut-Theater müht sich Lefèvre nicht mit Rekonstruktionen ab, sondern gibt lässig die selbstdarstellerische Erzählerin ihrer eigenen Studien. Geboren wurde Loïe Fuller 1862 in eine Siedlerfamilie als Nichte des zu Wohlstand gekommenen Farmers Benjamin Fuller. Der Onkel war sogar Namensgeber ihres Geburtsorts Fullersburg im heutigen Chicago. Als Kind erwies sich Loïe als Naturtalent im Rezitieren von Gedichten und war stolz auf ihr phänomenales Gedächtnis. Über die schillernde Künstlerin gibt es viel Material, Lefèvre konzentriert sich auf den Queer-Aspekt. Aber natürlich ist längst bekannt, dass die Tanzpionierin lesbisch lebte. Ihre Partnerin Gab Solère hat nach Fullers Tod 1928 deren Tanzkompanie noch bis in die 1950er weitergeführt.

Mit coolen Kostümen, Projektionen, Theaterdampf, Ansätzen von Tanz und vielen Worten surft Lefèvre vor allem durch die Ästhetik und den Jargon der Queerszene. Da bleiben Spekulation nicht aus: Hat sich Fuller auch als "Sexarbeiterin" betätigt? Lefèvre blickt durch eine postkoloniale Brille, versucht einen Perspektivwechsel und genießt die poetischen Freiheiten der künstlerischen Recherche. Wohin diese sie führen, steht in einer schmalen Broschüre, die zur Aufführung mitgeliefert wird. (ploe, 6.3.2024)